Berlin: Religions- und Weltanschauungsunterricht 2018/19
Von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in Berlin werden jeweils zum Schuljahresbeginn die statistischen Zahlen u. a. zum Religions- und Weltanschauungsunterricht in Berlin veröffentlicht. Einzig die Humanistische Lebenskunde konnte absolut und prozentual in diesem Schuljahr ein weiteres Plus erzielen.
Insgesamt ist der prozentuale Anteil der am Religions- oder Weltanschauungsunterricht teilnehmenden SchülerInnen (49,8 Prozent) in diesem Schuljahr gegenüber 2017 noch etwas weiter zurück gegangen (50,4 Prozent in 2017 und 50,8 Prozent in 2016). Nach wie vor besucht etwa jede(r) zweite Schüler(in) einen Religionsunterricht oder den Humanistischen Lebenskundeunterricht.
Mit 93,5 Prozent aller teilnehmenden SchülerInnen sind evangelischer, katholischer Religionsunterricht und Humanistische Lebenskunde die meistbesuchten weltanschaulichen Unterrichtsfächer. Die verbleibenden reichlich 6 Prozent teilen sich die Angebote von acht weiteren Unterrichtsanbietern.
Die Humanistische Lebenskunde ist weiterhin das Fach mit der zweithöchsten Teilnehmerzahl hinter dem evangelischen Religionsunterricht. Die Teilnahmequote konnte bei steigender Schülerzahl von 18,0 auf 18,3 Prozent ansteigen. In den öffentlichen Grundschulen ist die Quote mit 36,8 Prozent mehr als doppelt so hoch. Kein anderer Religions- und Weltanschauungsunterricht wird in den öffentlichen Grundschulen so stark besucht wie Humanistische Lebenskunde.
Fast jede(r) fünfte Schüler(in) in Berlin besucht den Weltanschauungsunterricht des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg, das sind knapp 37 Prozent der Gesamtteilnehmer am Religions- oder Weltanschauungsunterricht der Berliner Schulen. Die Humanistische Lebenskunde verzeichnet eine erneute Zunahme von 1.689 SchülerInnen gegenüber dem Vorjahr (2017: 63.493).
Die Veränderungen bei den drei größten Anbietern (katholische und evangelische Kirche und Humanistischer Verband) sind jährlich unterschiedlich, gehen jedoch gleichbleibend in eine Richtung. Der Religionsunterricht beider Konfessionen verringert allmählich seine Anteile, während der Anteil der Humanistischen Lebenskunde ebenso allmählich und stetig größer wird.
Die Teilnehmerzahlen am Lebenskundeunterricht liegen bereits seit 2011 bei über 50.000 SchülerInnen, hat 2015 die 60-Tausend-Marke erreicht und ist in diesem Jahr auf über 65.000 gestiegen. Bei den sonstigen Anbietern von Religionsunterrichten sind in diesem Jahr überall sinkende Teilnehmerzahlen sowohl absolut als auch prozentual festzustellen. Der evangelische Religionsunterricht verzeichnet einen Rückgang von 363 Teilnehmern, der katholische von 284 Teilnehmern. Auch der Unterricht der Islamischen Föderation, der in den vergangenen Jahren gewachsen war, verzeichnet im laufenden Schuljahr einen Rückgang der Teilnehmerzahlen, ebenso wie der Jüdische Religionsunterricht.
Die jährlichen prozentualen Veränderungsraten der (TeilnehmerInnen)zahlen(1) zeigen mehrere Aspekte:
- Die absoluten Teilnehmerzahlen am Religions- und Weltanschauungsunterricht sind im betrachteten Zeitraum von 20 Jahre mit einigen zwischenzeitlichen Schwankungen angestiegen. Dieser Anstieg liegt im Wesentlichen in den sich erhöhenden Teilnehmerzahlen der Humanistischen Lebenskunde begründet.
- Da sich die Schülerzahlen jährlich ändern, ist es wichtig auch diese Bezugsgröße zu betrachten. Nachdem sich über Jahre die Schülerzahl immer weiter verringerte (1996 bis 2012 um fast ein Viertel), steigt sie seit 2012 wieder kontinuierlich an und ist damit wieder auf dem Niveau von 2002 angelangt (Zuwachs von 11,9 Prozent).
Verteilung nach Berliner Stadtbezirken
Die Verteilung der TeilnehmerInnen am Religions- und Weltanschauungsunterricht ergibt in Berlin eine eindeutige Trennungslinie zwischen hohem Anteil der Teilnehmer am evangelischen/katholischen Religionsunterricht und TeilnehmerInnen am Humanistischen Lebenskundeunterricht. Im ursprünglich westlichen Teil Berlins nehmen wesentlich mehr SchülerInnen am Evangelischen Religionsunterricht teil, als an der Humanistischen Lebenskunde. Der katholische Unterricht wird in allen Stadtbezirken eher wenig nachgefragt – West ca. 10 Prozent, Ost meist unter 1 Prozent, nur Pankow etwa 4 Prozent. In Berlin Mitte sind alle drei Unterrichtsangebote gut besucht – evangelischer Reliunterricht von 19 Prozent, Humanistische Lebenskunde von 14 Prozent und katholischer Reli-Unterricht von 8 Prozent der SchülerInnen.
Künftige Gestaltung des Religionsunterrichtes
Da das Land Berlin 90 Prozent der Personalkosten finanziert, gibt es auch Anforderungen an die jeweiligen Lerngruppengrößen. So muss sie mindestens 15 Schüler in der Grundschule und mindestens zwölf Schüler in allen anderen Schulformen betragen.
Wegen insgesamt sinkender Mitgliederzahlen wollen die Kirchen in Berlin einen neuen Weg einschlagen, um in allen Schulen das Angebot „Religionsunterricht“ sicherzustellen. Ab dem Schuljahr 2018/2019 sollte es „konfessionell-kooperativen“ Religionsunterricht geben. Bereits 2016 hatte die Evangelische Kirche Grundlagen und Standards veröffentlicht. Im November 2016 hatte sich dann auch das Erzbistum Berlin mit einer Empfehlung zur Kooperation dazu geäußert. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte im November 2017 für eine stärkere Kooperation mit der evangelischen Kirche beim Religionsunterricht plädiert und „gemischt-konfessionelle Lerngruppen“ angeregt. Mit der Vereinbarung, die am 6.12.2017 vom evangelischen Bischof Dr. Markus Dröge und dem katholischen Erzbischof Dr. Heiner Koch in Berlin unterzeichnet wurde, wollten die Kirchen in Berlin und Brandenburg ein flächendeckendes Angebot für alle Schultypen mit einem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht schaffen.
An allen Grund- und Oberschulen, an denen es nicht mehr genügend Schüler gibt, um parallel evangelischen und katholischen Unterricht zu erteilen, sollen künftig evangelische und katholische Schüler gemeinsam von einem evangelischen oder katholischen Lehrer unterrichtet werden. Ein Curriculum ist bereits erstellt worden.
Der Religionsunterricht in Berlin ist Wahlfach und wird als zusätzliches Angebot in Verantwortung der Religionsgemeinschaften erteilt. Der Berliner Bischof Markus Dröge sagte in einem Interview, dass weiterhin entweder evangelische oder katholische Lehrkräfte unterrichten sollen und jeweils die besondere Prägung der anderen Konfession vermitteln. Doch bisher ist in Berlin noch nichts von einer diesbezüglichen Umsetzung zu hören, Schulen, die dieses Modell anbieten sind bisher in Berlin nicht zu finden. Im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen, wo sich diese Unterrichtsform schon etabliert hat, ist es in Berlin bisher nur bei einer Willenserklärung geblieben.
(SFE)