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Kirchensteuern?

Fowid-Notiz: Das bisher sichere Fundament der Kirchenfinanzierung in Deutschland – die staatlich beigetriebene Kirchensteuer – wird nicht mehr als selbstverständlich akzeptiert, wie es mehrere Umfragen nahelegen. Auch Kirchenmitglieder äußern sich ablehnend. Und das nicht nur in Deutschland insgesamt, sondern auch in Bayern.

In einer „großen Bayern-Studie“, die im Auftrag von Radio Antenne Bayern durch das Marktforschungsinstitut KANTAR (vom 24.8. – 3.9.2021) in Bayern durchgeführt wurde, antworteten 74,6 Prozent der Befragten auf die Frage: „Sollte die Kirchensteuer abgeschafft werden?“ mit „Ja.“ Das Ergebnis sei dabei „geschlechts- und altersunabhängig“. In Bayern sind (zum 31.12.2020) 64 Prozent der Bürger katholische oder evangelische Kirchenmitglieder, d. h. auch mindestens rund die Hälfte der Kirchenmitglieder hat dafür gestimmt.

Insofern ist die Darstellung des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, dass es die Laizisten seien, die das fordern würden, nicht ganz zutreffend:

„Eine Abschaffung der Kirchensteuer ist nach Angaben des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann kein Thema für die geplante Ampelkoalition.
‚Natürlich gibt es Laizisten, die sich über die Kirchensteuer aufregen, die sie selbst gar nicht bezahlen müssen‘, sagte der Grünen-Politiker der ‚Herder Korrespondenz‘ (Novemberausgabe). ‚Wir haben aber wirklich andere Probleme, als uns an solchen Fragen abzuarbeiten.‘“

Die Frage nach der Abschaffung der Kirchensteuer wurde auch bereits deutschlandweit gestellt, mit eindeutigen Ergebnissen. In der Civey-Umfrage „Sollte die Kirchensteuer abgeschafft werden?“ (Befragungszeitraum 6.8. – 4.11.2021) sprechen sich zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) für eine Abschaffung der Kirchensteuer aus.

Diese Verteilung ist (mit 62 Prozent Zustimmung) ebenso in der Altersgruppe der Über-65-Jährigen vorhanden, bei denen der Anteil der Kirchenmitglieder höher ist als im Durchschnitt.

Bereits 2015 hatte diesseits.de unter „Kirchensteuer: Große Mehrheit gegen staatlichen Einzug“ von einer YouGov-Umfrage berichtet, dass nur 16 Prozent meinten, es sei richtig, dass der Staat die Mitgliedsbeiträge der Kirchen einziehen würde. Dieser Befund wurde vom domradio 2016 bestätigt, dass über eine INSA-Studie berichtet: „Mehrheit gegen Kirchensteuer-Einzug durch den Staat“, nach der 65 Prozent gegen dieses staatliche Inkasso sei: 62 Prozent der Kirchenmitglieder und 72 Prozent der Konfessionsfreien.

Die Kirchensteuer wird auch als der häufigste Grund für einen Kirchenaustritt genannt.

Dahinter liegen jedoch, wie es zwei kircheninterne Studien belegen, Entfremdung und Glaubensdistanz, so dass dann auch keine Bereitschaft mehr besteht, in der Kirche zu bleiben und zwangsweise Kirchensteuern zu bezahlen. Das zeigte sich sowohl in den evangelischen Landeskirchen Württemberg und Westfalen („Kirchenaustritte wegen Kirchendistanz und Kirchensteuer“) wie im katholischen Bistum Essen („Menschen verlassen Kirchen nach langer Entfremdung“).

(CF)