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Kompetenz der Kirche in moralischen Fragen, 1980

Auf die Frage: „Glauben Sie ganz allgemein, dass die Kirche in unserem Land Antwort auf moralische Probleme und Nöte des einzelnen geben kann?“ - es geht also um die Kompetenz der Kirche für die persönliche Moral der Befragten im Alltag - entspricht die Grundverteilung in der Abfolge der Länder hinlänglichen Erwartungen:

Je katholischer der Alltag, desto größere Bedeutung wird der Kirche zugesprochen, je mehr evangelisch, desto geringer. Das Maß der Kompetenzzuweisung ist insgesamt gering. Nur in der katholischen Republik Irland ist die Mehrheit der Befragten der Meinung, dass die Kirchen dem Einzelnen eine kompetente Antwort hinsichtlich der Moral geben können.

Für alle Staaten des damaligen „Europa“ gilt zudem, dass die jüngeren Altersgruppen der Kirche diese moralische Kompetenz in geringerem Maße zusprechen als die älteren Jahrgänge.

Geht man nicht davon aus, dass der Mensch mit dem Älterwerden die moralische Kompetenz der Kirchen mehr anerkennt, sondern dass Weltsichten in den jüngeren Lebensjahren geformt werden, und dann ziemlich stabil bleiben, zeigt sich in der kontinuierlichen Veränderung über die Altersgruppen hinweg der historische Verlauf einer „Entkirchlichung“ großen Ausmaßes.

Am umfangreichsten ist dieser Kompetenzverlust in der Republik Irland (48 Prozentpunkte Differenz), in der Bundesrepublik Deutschland (41) und in Spanien (40). In Schweden, Frankreich, Belgien und Dänemark ist der Rückgang (29) durchschnittlich, während Großbritannien (25). Italien (23) und die Niederlande (21) geringere Kompetenzverluste zeigen.

Dieser Generationswandel zeigt sich zwar auch in den USA (folgende Tabelle), ist dort aber - auf einem für Europa nicht feststellbaren hohem Niveau - weniger stark ausgeprägt.

Anmerkung: Sowohl die Kontinuität der Veränderung in den Altersgruppen, wie auch die Tatsache, dass die Menschen in allen (damals befragten) europäischen Staaten diesen Kompetenzverlust der Kirchen äußern, verweist darauf, dass die in Deutschland häufig beschworenen „68er“ mit dieser Entwicklung herzlich wenig zu tun hatten. Vor und auch nach dieser „Studentenbewegung“ fand und findet dieser Vorgang des Kompetenzverlustes der Kirche(n) in der gesamten Gesellschaft statt., und das seit Längerem, nicht erst seit den 1960er Jahren.

Die besonders hohen Unterschiede zwischen Alt und Jung - in Irland, der damaligen Bundesrepublik Deutschland und Spanien -, könnten Indikatoren für einen Wechsel konservativer Paradigmen sein, mit denen - in diesen Ländern - die Kirchen eng verbunden waren / sind.