Sie sind hier

Ökosysteme und Weltanschauung

Fowid-Notiz: Eine Forschungsgruppe des Senckenberg Forschungszentrum Frankfurt hat untersucht, ob unterschiedliche Weltanschauungen sich auf die Präferenzen für Ökosystemleistungen auswirken. Ihre Befunde kommen zu dem Ergebnis, dass derartige Zusammenhänge bestehen und eher konservative bzw. eher linke Interessengruppen sich in ihren Präferenzen voneinander unterscheiden lassen.

Sophie Peter, Gaëtane Le Provost, Marion Mehring, Thomas Müller und Peter Manning, die am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungsinstitut in Frankfurt arbeiten, haben die Ergebnisse ihrer Untersuchung in drei ländlichen Gebieten zum Zusammenhang von Weltanschauungen und Ökosystemleistungen im Fachjournal „People and Nature“ publiziert: „Cultural worldviews consistently explain bundles of ecosystem service prioritisation across rural Germany” („Kulturelle Weltanschauungen erklären konsistent die Priorisierung von Ökosystemleistungen im ländlichen Deutschland“).

Als Kernbefund der Studie wird genannt: „Interessensgruppen, in denen eine individualistische, eher konservative Weltanschauung dominiert, schätzen besonders Leistungen der Natur, welche der Versorgung dienen. Eher linke Interessensgruppen mit einem starken Gerechtigkeits- und Gemeinschaftssinn bevorzugen dagegen hauptsächlich kulturelle Ökosystemleistungen.“

Und in der Zusammenfassung heißt es: „Ökosysteme unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit, den Menschen verschiedene Vorteile zu bieten, die als Ökosystemleistungen bekannt sind, und die Menschen unterscheiden sich darin, welchen Leistungen sie Vorrang einräumen. Da Gruppen Ökosysteme so bewirtschaften, dass sie den von ihnen bevorzugten Nutzen erbringen, führt dies zu Konflikten: Förster möchten beispielsweise Bäume pflanzen, während Landwirte das gleiche Land für den Anbau nutzen möchten.

Während die biologischen und physikalischen Ursachen für diese Zielkonflikte und deren Bewältigung Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten sind, sind die Ursachen für die unterschiedlichen Prioritäten der Menschen weit weniger bekannt. In dieser Studie haben wir die Idee getestet, dass diese Unterschiede in Form von kulturellen Weltanschauungen verstanden werden können, indem wir uns auf eine soziologische Theorie stützten, die Menschen nach ihren Ansichten über Gesellschaft und Natur klassifiziert.“

Und: „Landwirte gaben der Pflanzen- und Tierproduktion den Vorrang, was mit einer individualistischen Weltanschauung, der Wahrnehmung der Natur als dauerhaft, aber unberechenbar und der Unterstützung wirtschaftsliberaler, konservativer politischer Parteien zusammenhing. Im Gegensatz dazu vertraten diejenigen, die dem Umweltschutz Priorität einräumten, häufig eine egalitäre Weltanschauung und sahen die Natur als tolerant und sensibel an. Diese Personen waren häufig in der wissenschaftlichen Forschung und im Naturschutz tätig und hatten meist linksgerichtete politische Präferenzen.“


Die Farben in (a) differenzieren die quantitativen Variablen: Prioritäten der Ökosystemleistungen (gelb), kulturelle Weltanschauungen (blau-grün), Naturmythen (hellblau), Bewusstsein für den Verlust der biologischen Vielfalt (rot), Risiken im Zusammenhang mit dem Verlust der biologischen Vielfalt (grau) und das Gefühl, vom Verlust der biologischen Vielfalt bedroht zu sein (grün). Die Farben in (b) unterscheiden die soziokulturellen Variablen: Region (dunkelgrün), Interessengruppe (rot) und unterstützte politische Partei (blau).

(CF)