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Glaube und Geld

Fowid-Rezension: „Über Geld spricht man nicht“ ist der Haupttitel einer „Herder-Korrespondenz Spezial“-Ausgabe mit dem Untertitel: „Die Kirche und ihre Finanzen“. Im April 2023 erschienen, ist sie eine Fundgrube für verschiedenste Themen, die in der katholischen Kirche seit einigen Jahren diskutiert werden. Wenn sie zum Teil auch kritisch mit den Auffassungen der katholischen Kirche sind, so ist doch deutlich, welche Positionen ‚kirchenaffin‘ sind und so auch in die politische Diskussion eingebracht werden.

Die Publikation ist Teil einer lobbyistischen Verständigung katholischer Akteure aus Kirche, Politik und Wissenschaft auf einer Fachtagung zum Thema „Glaube und Geld - Perspektiven der Kirchenfinanzierung“, die von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit der Katholischen Akademie Berlin, der Forschungsstelle für katholisches Kirchenrecht (Berlin) und der Herder Korrespondenz am 17. April 2023 von 10.30-18.00 Uhr in Berlin veranstaltet worden war. Domradio berichtete unter „Glaube und Geld“ mit dem Resümee: „Diskussion zur Ablösung von Staatsleistungen endet offen“. Katholisch.de titelte: „Von Verhetzungspotenzial bis Caritaslegende: Die Kirchen und das Geld“.

„Die Kirche und das Geld: Kaum ein Thema sorgt so regelmäßig für hitzige Kontroversen. Ob es um die Kirchensteuer und ihre Verwendung, die Staatsleistungen und ihre geplante Ablösung oder die Bezahlung von Bischöfen geht – die Finanzen der beiden großen Kirchen in Deutschland werden von Kirchenmitgliedern und Kirchengegnern gleichermaßen emotional diskutiert. Die Begrifflichkeiten gehen dabei allerdings oft wild durcheinander, vielfach sind die Diskussionen von erheblicher Unkenntnis geprägt. Was genau die Staatsleistungen sind, wer wieviel Kirchensteuer bezahlen muss und wie Bischöfe tatsächlich bezahlt werden – darüber wird in öffentlichen Debatten meist eher wild spekuliert statt sachlich diskutiert.“

Bereits die teilnehmenden „Expertinnen und Experten aus Kirchen, Politik und Wissenschaft“ zeigten die organisatorische Vernetzung der katholischen Kirche mit ebendiesen Expertinnen und Experten, die ihren wissenschaftlichen Sachverstand für die Arbeit von CDU/CSU und katholischem Büro einbringen und u. a. damit die Sichtweise einer „Kirchenrepublik Deutschland“ bestätigen.

Das Programm der Fachtagung beinhaltete verschiedene Facetten des Themas, die in der Herder-Korrespondenz noch erweitert und ergänzt werden (Komplettes Inhaltsverzeichnis hier).

Begrüßung: Dr. Maria-Luise Schneider, Stellv. Direktorin, Katholische Akademie in Berlin
Einführung: Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg, Präsident der Kunststiftung NRW

11:00 Uhr I. Vielfalt von Kirchenfinanzierungsarten
Vortrag: Kirchenfinanzierung im europäischen Vergleich
Prof. Dr. Arnd Uhle, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Universität Leipzig
Moderation: Dr. Stefan Orth, Chefredakteur Herder-Korrespondenz, Freiburg

11:45 Uhr II. Bedeutung und Zukunft des Systems Kirchensteuer
Vortrag: Projektion 2060 - Wohin entwickeln sich die Kirchensteuern?
Dr. David Gutmann, Kompetenzzentrum Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer, Katholische Hochschule Freiburg / Dr. Fabian Peters, Referatsleiter Haushalt und Steuern, Evangelische Landeskirche in Württemberg
Response:  Markus Reif, Finanzdirektor, Erzdiözese München und Freising / Carsten Simmer, Leiter der Finanzabteilung der EKD.
Diskussion, Moderation: Dr. Stefan Orth, Chefredakteur Herder-Korrespondenz, Freiburg.

14:00 Uhr III. Gesellschaftliche und Sozialpolitische Relevanz von Kirchenfinanzen
Vortrag: Die Caritaslegende? Zur gesellschaftlichen Debatte um die sozialpolitische Relevanz von Kirchenfinanzen. Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer, Theologische Fakultät, Universität Freiburg
Response: Matthias Mitzscherlich, Diözesan-Caritasdirektor, Caritasverband Dresden-Meißen / Dr. Ursula Schoen, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.
Diskussion, Moderation: Patricia Ehret, Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin

16:00 Uhr IV. Staatsleistungen: Wie kann eine Ablösung aussehen?
Gesprächsrunde: Dr. Jörg Antoine, Dezernat Finanzmanagement – Informationstechnologie, Evangelische Landeskirche in Württemberg / Prof. Dr. Hans Hofmann, Juristische Fakultät, Humboldt-Universität zu Berlin / Kirsten Straus, Direktorin des Zentralbereichs „Ressourcen“, Bistum Trier
Moderation: Prof. Dr. Ansgar Hense, Institut für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands.

Für die Vielzahl der Beiträge sei auf den sachbezogenen Artikel des domradio verwiesen.

Hier sei nur auf zwei Aufsätze aus der Herder-Korrespondenz zum Thema Staatsleistungen näher eingegangen, da diese Thematik zwar derzeit ‚ruht‘, aber in den kommenden Monaten wahrscheinlich wieder aktuell werden wird.

Ablösung der Staatsleistungen: Prof. Dr. Ansgar Hense (Direktor des Instituts für Staatskirchenrecht der Diözesen Deutschlands und apl. Professor an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn) schreibt unter der Überschrift: „Dicke Bretter bohren“, eben wie ein Jurist und fragt:

„Woran liegt es, dass der Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen bis zum heutigen Tage unerfüllt blieb? Wie sähen die Anforderungen an eine rechtskonforme Ablösung aus? Während über die erste Frage letztlich nur spekuliert werden kann, bewegt sich die Antwort auf die zweite Frage im üblichen Korridor juristischer Debatten, die geprägt sind von kleineren und größeren Kontroversen, ohne dass von vornherein nur ein Ergebnis juristisch vertretbar wäre. Es bedarf demnach letzten Endes der parlamentarisch-demokratisch legitimierten Mehrheitsentscheidung, die sich zu einem Bundesgrundsätzegesetz durchringen müsste, um den sprichwörtlichen Gordischen Knoten durchzuschlagen.“

Dann folgen die üblichen, vielfältigen juristischen Bedenken vieler Probleme – nach dem Motto: Keine Probleme? Dann frage einen Juristen, der kennt viele! – aber zur Frage der juristischen Novation von altrechtlichen Staatsleistungen formuliert er eine bemerkenswerte Auffassung – er spricht davon, dass dadurch eine „Verflüssigung“ eintrete.

„Der historische Kontext wird meistens in neuzeitlichen Säkularisationsereignissen verortet. Diese liegen entweder im Zeitalter der Reformation oder werden mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 verbunden. Der Entzug kirchlicher Eigenmittel zur Finanzierung seitens des Staates wurde kompensiert durch Leistungsverpflichtungen aus dem Staatshaushalt. So sehr sich nicht wenige finanzielle Ausstattungspflichten beispielsweise von Bistümern auf die Vermögenssäkularisation aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses zurückführen lassen, so sehr waren doch diese Regelungen von Beginn an problematisch.
Dies erforderte schon im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts weitere förmliche Abmachungen zwischen Staat und (insbesondere katholischer) Kirche, die diese Finanzbeziehungen neu regelten: das Bayerische Konkordat 1817 sowie die verschiedenen staatskirchenvertragsähnlichen Abmachungen zur Errichtung neuer Diözesen (sogenannte Zirkumskriptionsbullen). Schon früh zeigte sich demnach eine Facette des Phänomens der Novation - sprich der vertraglichen Ersetzung eines bestehenden Schuldverhältnisses durch Schaffung eines neuen -, die den Bezug zum historischen Entstehungszusammenhang „Säkularisation“ verflüssigte, ohne ihn aber vollends abzuschneiden. Vielmehr wurde wohl überwiegend von einer normativen Konkurrenz von unterschiedlichen rechtsbegründenden, den Staat verpflichtenden Rechtstiteln ausgegangen.“

Bevor man zu grübeln beginnt, was denn „Verflüssigung“ bedeuten mag, mag es von Interesse sein, was damit gemeint ist, wenn an anderer kirchennaher Stelle von ebendem gesprochen wird, wie über die Thesen einer Säkularisierung, zu der sich Prof. Detlef Pollack u. a. bereits mit seinem Kollegen Dr. Gergely Rosta bei der Buchvorstellung der Neuauflage von „Religion der Moderne“ geäußert hat.

„In den meisten westeuropäischen Ländern hat sich die Mehrheit der Gläubigen vom Glauben an einen persönlichen Gott, wie ihn die Bibel verkündigt, abgewandt und glaubt heute nur noch an eine höhere Macht, deren Wirken nicht direkt erfahrbar sei. Diese Form des Glaubens ist den Forschungen zufolge den Menschen weniger wichtig. Deshalb interpretieren die Wissenschaftler diese ‚Verflüssigung der Transzendenz‘ nicht nur als einen Wandel des Inhalts von Religiosität, sondern auch als einen Ausdruck der fortschreitenden Säkularisierung. Hinter diesen Verflüssigungstendenzen stehende Gründe sehen sie unter anderem in der zunehmenden allgemeinen Skepsis gegenüber allumfassenden Weltdeutungen und Ideologien. Ein vielfältiges spirituelles Angebot trägt laut den Erhebungen nicht zu einer Stärkung des Glaubens bei.“

Um nach dem Ersten Weltkrieg und der Einführung der Demokratie ihren Zielkonflikt zu lösen – Wie kann man Ansprüche aus früheren Jahrzehnten/Jahrhunderten in die demokratische Weimarer Republik hinübertragen, ohne den altrechtlichen Anspruch und Schutz zu verlieren? – entwickelte die katholische Kirche/Jurisprudenz eine neue, ergänzende Interpretation der „Novation“ (bei der eigentlich alle alten Ansprüche hinfällig werden), dass diese aber weiterhin bestehen würden, da sie nur alte Forderungen bündeln würden: „Novationen modifizieren altrechtlich begründete staatliche Leistungspflichten, ohne deren (alte) Rechtsgrundlage zu verändern“. (Quelle: Bischofskonferenz) „Verflüssigung“ ist nun zwischen den Positionen „Ansprüche erloschen“ sowie „Ansprüche gelten weiterhin“ eine Art Mittelposition. Wenn man Äpfel zu Apfelsaft verflüssigt, haben die zwar noch etwas mit Äpfeln zu tun, aber richtige Äpfel sind es dann doch nicht mehr?

Refinanzierung kirchlich-sozialer Dienstleistungen und Staatsleistungen: Unter dem Titel „Bezahlte Nächstenliebe“ beschäftigt sich Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer (seit 2003 Professorin für Christliche Gesellschaftslehre an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Freiburg) mit der „Caritaslegende“. Es geht um die Einbindung von Fragen der Refinanzierung kirchlicher Dienstleistungen (Caritas und Diakonie). Ihre Verbindung mit den Staatsleistungen ist bereits recht eigenartig:

„Im Fokus steht dabei speziell die Frage nach den Staatsleistungen im weiteren Sinn, gerade auch unter den aktuellen Bedingungen der hohen Lebenshaltungskosten, der Inflation und der Herausforderungen des Staatshaushaltes durch die Unterstützung der Ukraine. Eine selbstverständliche Berufung auf die Tradition und die christliche Prägung Deutschlands ist nicht mehr möglich. Vielmehr bedarf es heute plausibler und sozialethischer, das heißt gerechtigkeitsbezogener Gründe.“

Nun ja, stimmt, irgendwie hat ja alles mit allem zu tun. Abgesehen davon, dass Buchtitel falsch zitiert werden und die Formulierung der „Caritas-Legende“ (Vollständiger Titel: „Die Caritas-Legende. Wie die Kirchen die Nächstenliebe vermarkten“, 1993) nicht korrekt Prof. Dr. Horst Herrmann zugeordnet wird (1970 - 1981 ord. Professor für katholisches Kirchenrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster) ließe sich auf Grund der Größe der Caritas, so die Ausführung, „keine Gesamtsumme für die Frage nach den sogenannten Staatsleistungen im weiteren Sinne angeben.“ Dann ist aber dennoch bekannt, dass es Dienste gibt, die „bis nahezu 100 Prozent“ von der Caritas selber finanziert werden.

„Das, was nicht refinanziert wird, wird aus caritaseigenen Mitteln gezahlt. Dies ist auch dort vonnöten, wo besondere Ansprüche der Dienste und Einrichtungen bestehen, die über den sozialpolitisch vorgegebenen Rahmen hinausgehen. Mit bis zu nahezu 100 Prozent werden aus caritaseigenen Mitteln vor allem zusätzliche Beratungsdienste finanziert, die sich am Bedarf vor Ort orientieren, wie etwa Kurberatung, Beratung von alten Menschen und ihren Angehörigen, Migrations- und Flüchtlingsberatung, allgemeine Sozialberatung, aber auch die Alleinerziehendenarbeit.“

Allerdings wird dann nicht erwähnt, dass diese Beratungsdienste der Caritas vor allem die Aufgabe haben, die Ratsuchenden in die öffentlich finanzierten katholischen Einrichtungen und Kliniken zu schleusen. Nicht dass z. B. ein katholischer Drogenabhängiger in einer DRK-Klinik zur Entziehungskur geht.

Aber auch Ursula Nothelle-Wildfeuer kann sich der Realität nicht ganz entziehen, dass es nur um „einen prozentualen Anteil im kleinen einstelligen Bereich handelt“ – Im Klartext von „Caritas und Diakonie in Deutschland“: weniger als zwei Prozent –– und verschiebt das Thema der Refinanzierung in behauptete, moralische Qualitäten der kirchlichen Dienstleistungen.

„Auch wenn es sich teilweise bei dem, was Kirche und Caritas aus eigenen Mitteln zur Finanzierung bestimmter Einrichtungen beitragen, nur um einen prozentualen Anteil im kleinen einstelligen Bereich handelt, was zunächst einmal nach einem minimalen Posten in der Gesamtrechnung dieser Einrichtungen aussieht, stellt dies doch in der Summe aller Einrichtungen einen nicht unerheblichen Betrag dar, den die kirchliche Wohlfahrtsorganisation hier einbringt.
Damit kommen die Kirchen dem nach, was sie aus ihrem theologischen Selbstverständnis heraus als Verpflichtung zum Gemeinwohlbeitrag verstehen. Einer der kirchlichen Grundvollzüge ist die Diakonia, was nicht nur Face-to-Face-Beziehungen, sondern auch die Sorge um die sozial gerechte Gestaltung der gesellschaftlichen Ordnung sowie um die am Rande der Gesellschaft Stehenden impliziert.“

Am Schluss des vergleichsweisen langen Artikels fragt man sich, ob die Autorin sich darüber im Klaren ist, auf welchem gefährlichen Gelände sie sich bewegt: sie stellt die wohlfeile Forderung nach Transparenz.

„Eine Kirche, die ihre Gemeinwohlverpflichtungen auch und gerade in einer pluralisierten Gesellschaff ernst nimmt, die Hilfe und Unterstützung für alle Menschen anbietet und die damit dem Sozialstaatsgebot zur Realisierung verhilft, erzählt keine Caritaslegende, insofern sie transparent darstellt, wie sie ihre Projekte, Einrichtungen und Dienstleistungen finanziert. Wohl aber präsentiert sie damit das (menschen-)freundliche Gesicht der Kirche in unserer Gesellschafft - einer Kirche, die selbst in ihren sonstigen Vollzügen an vielen Stellen mit der modernen komplexen und hochdifferenzierten Gesellschaft fremdelt, und in einer Gesellschaff, die auf verlässliche Partner in der Realisierung des Gemeinwohls angewiesen ist. Genau das ist es, was gegenwärtig der Kirche insgesamt zumindest zu etwas mehr Glaubwürdigkeit verhilft.“

In der Entwicklung seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland - von der Heilskirche zur Sozialkirche - halten viele Menschen nur noch wenig oder gar nichts von den Heilsgeschichten - wie Jungfrauengeburten oder sprechenden Schlangen - aber bleiben den Kirchen verbunden und zahlen gerne Kirchensteuern, mit der Begründung: „Die Kirche tut doch damit so viel Gutes!“

Fowid hat 2005 durch forsa repräsentativ 1.002 Kirchenmitglieder befragen lassen: „Einmal angenommen, die Kirche würde von den Einnahmen aus der Kirchensteuer nur einen sehr geringen Teil oder gar nichts für soziale Zwecke ausgeben. Wäre das für Sie persönlich ein Grund aus der Kirche auszutreten oder wäre das für Sie kein Grund?“ Die Antworten sind deutlich: Die Hälfte der Kirchenmitglieder (47 Prozent) würden aus der Kirche austreten, wenn sie wissen würden, dass die Kirchen nur rund 2 Prozent von Caritas und Diakonie finanzieren. (Daten bei: „Kirchenaustritt falls keine Sozialkirche“). Die wohlfeile Forderung nach Transparenz ist also wie ein Spiel mit dem Feuer.

Was diese gesamte Caritas-Thematik allerdings mit (altrechtlichen) Staatsleistungen zu tun hat, erschließt sich auch einem wohlmeinenden Leser nicht.

Diese Redefigur einer Verbindung von Ablösung der Staatsleistungen mit der Arbeit von Caritas und Diakonie ist im kirchlichen Lobbyismus jedoch wohlfeil und häufiger anzutreffen. So, als prominentestes Beispiel, die Forderung der Evangelischen Bevollmächtigten bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Prälatin Dr. Anne Gidion (wie evangelisch.de berichtet) die Staatsleistungen nur langsam abzuschmelzen, da sie die Basis für wichtige gesellschaftliche Leistungen kirchlicher Arbeit sei.

„Wenn wir das leisten sollen, was der Staat und auch ausgetretene Menschen von den Kirchen erwarten - gute Jugendarbeit, soziale Fürsorge und gute Angebote für ältere Menschen, lebendige Kirchenmusik, Präsenz auf Dörfern, noch mehr Hilfen für Geflüchtete -, brauchen wir eben auch eine finanzielle Ausstattung, die das ermöglicht.“

Eine Sichtweise, die sachlich schlicht falsch ist, auch wenn sie offiziell von der EKD wiederholt wird:

„Die EKD-Vertreterin wies darauf hin, dass mit den Staatsleistungen, die in die Eigenhaushalte der Kirchen fließen, ein Teil der kirchlichen Arbeit finanziert werde. Dazu gehörten etwa Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Flüchtlingen, Seelsorge und Begegnungsstätten. ‚Es geht um die Grundfinanzierung eines Dienstes an der Gesellschaft‘, sagte sie. Bei einer Ablösung der Staatsleistungen werde es zu Reduktionen kommen müssen: ‚Wenn die Haushalte kleiner sind, wird auch die Arbeit kleiner.‘ Dies sei ‚keine Drohung, sondern Rechnung‘.“

Das ist wahrlich keine Drohung, sondern nur – im besten Falle – Reden ohne Sachverstand.

Carsten Frerk

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Literatur: „Über Geld spricht man nicht - Die Kirche und ihre Finanzen“, Hrsg. von Redaktion Herder Korrespondenz. (Autoren/innen) Bettina Eltrop, Martin M. Lintner, Stephan Wahle, Philipp Öhlmann, Elisa Klapheck, Abdelaali El Maghraoui, Dana Kim Hansen-Strosche, Clemens Stroppel, Franz Segbers, Benjamin Leven, Arnd Uhle, Johannes Schidelko, Ulrich Hemel, David Gutmann, Fabian Peters, Thomas Sternberg, Joachim Wiemeyer, Thomas Schüller, Ralph Rotte, Ansgar Gmür, Gordon Sobbeck, Claudia Döpfner, Thomas de Nocker, Kirsten Straus, Sandra Bubendorfer-Licht, Ansgar Hense, Thomas Rachel, Ursula Nothelle-Wildfeuer, Konstantin von Notz. Freiburg, Herder-Verlag, Herder-Korrespondenz Spezial, April 2023, 64 Seiten, 16 Euro.