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Humanitäre Hilfe und Missionierung

Brot für die Welt und MISEREOR legen allergrößten Wert darauf, dass sie nicht missionieren, sondern ausschließlich „Hilfe zur Selbsthilfe leisten, um eine dauerhafte Verbesserung der Lebensverhältnisse zu ermöglichen. Die Hilfe erfolgt ungeachtet von Rasse, Geschlecht, Religion und Nation.“ Das lässt sich klären. Anhand der Grundausrichtung und einer Anzahl von Beispielen wird das Gegenteil deutlich.

Von Carsten Frerk.

Das Thema, ob Humanitäre Hilfe bzw. Entwicklungshilfe christlicher Organisationen ohne Mission möglich sei, ist umstritten. In den „Welt-Sichten“ wird in einem Artikel „Helfen ohne zu missionieren“ grundsätzlich betont, dass es keine an Hilfe gebundene Missionierung geben dürfe. Das haben (nach fünfjähriger Arbeit) 2011 der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog, der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) in gemeinsamen Empfehlungen für einen Verhaltenskodex vorgelegt, wie weit Mission gehen dürfe. „Dort heißt es: ‚Die Ausnutzung von Armut und Not hat im christlichen Dienst keinen Platz.‘ Christen und Christinnen ‚sollten es in ihrem Dienst ablehnen und darauf verzichten, Menschen durch materielle Anreize und Belohnungen gewinnen zu wollen‘. Christliche Hilfsorganisationen, wie sie beispielsweise im Bündnis Entwicklung Hilft zusammengeschlossen sind, handeln nach diesem Prinzip.“ Das schreibt der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe. Die „welt-sichten werden herausgegeben vom Verein zur Förderung der entwicklungspolitischen Publizistik e.V. (VFEP), dem die Organisationen Brot für alle (Bern), Brot für die Welt im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung e.V. (Berlin), die Christoffel-Blindenmission e.V. (Bensheim), das Fastenopfer (Luzern), die Kindernothilfe e.V. (Duisburg) und das Bischöfliche Hilfswerk Misereor e.V. (Aachen) angehören. Kurz gesagt, die gemeinsame PR-Abteilung dieser Organisationen.

Im Original des zitierten Dokuments „Das christliche Zeugnis in einer multireligiösen Welt“ heißt es allerdings gleich in der „Präambel: Mission gehört zutiefst zum Wesen der Kirche. Darum ist es für jeden Christen und jede Christin unverzichtbar, Gottes Wort zu verkünden und seinen/ihren Glauben in der Welt zu bezeugen. Es ist jedoch wichtig, dass dies im Einklang mit den Prinzipien des Evangeliums geschieht, in uneingeschränktem Respekt vor und Liebe zu allen Menschen.“

Das von den Organisationen die Missionierung im Hintergrund gehalten wird, hat einen finanziellen/rechtlichen Hintergrund. Im Titel 89604-23 des Einzelplan 23 des Bundeshaushalts 2016 (Seite 2.748) – mit dem Brot für die Welt und MISEREOR (2016) zusammen 255 Millionen Euro erhalten – heißt es: „Die Ausgaben dienen der Förderung entwicklungswichtiger Vorhaben der Kirchen in Kooperationsländern einschließlich der regionalen Zusammenschlüsse der Kooperationsländer und personeller Maßnahmen zur Einleitung und Sicherung solcher Vorhaben. Seelsorgerische Maßnahmen werden aus den Ausgaben nicht finanziert.“ Und es hat einen emotionalen Hintergrund. Spenden werden für humanitäre Hilfe lieber gegeben, als für den Ausbau kirchlicher Strukturen und Missionierung.

Grundsätzliches zu Hilfswerken und Mission

Es stellt sich allerdings die grundsätzliche Frage, ob denn ein kirchliches Werk überhaupt ohne ein religiöses ‚Sendungsbewusstsein’ und ohne Missionsabsicht bestehen kann?

Im Unterschied zur EKD und der katholischen Kirche sind die Evangelikalen in dieser Frage eindeutig:. Hilfe gibt es nur mit Missionierung, das ist „ganzheitlich“. Und das war schon immer so.

„Für die Evangelikalen gibt es keine Hilfe (‚Diakonie’), die nicht zugleich auch Mission ist. Grob übersetzt: Brot gegen Bekehrung. Es sei ‚verhängnisvoll’, heißt es Oktober 1985 in einer Stellungnahme der ‚Evangelischen Sammlung in Württemberg’, daß auch ‚nichtkirchliche Partner und Empfänger’ unterstützt würden. Man wendet sich ‚gegen jene ideologische und also außerbiblische Propaganda’, wonach es gelingen könnte, ‚eine entscheidend bessere, mehr noch: eine gute Welt zu machen’. – Satte Theologen aus einem der reichsten Länder der Erde halten den Hungernden entgegen, die Welt sei nicht zu ändern. Im Klartext heißt das wohl: Wir bleiben satt, und ihr bleibt hungrig.

Die Evangelikalen haben auch zu ‚Brot für die Welt’ ein Konkurrenzunternehmen geschaffen. Es nennt sich – typisch für einen ausschließlich von Männern beherrschten ‚Brüderbund’ – ‚Hilfe für Brüder’. Im Informationsbrief der Bekenntnisbewegung ‚Kein anderes Evangelium’ wurden 1983 neue Projekte vorgestellt: ‚Darunter befindet sich ein Freizeitcamp des Bibellesebundes in Indonesien, Ausbildung bibeltreuer Pfarrer in Chile, Studentenmission in Japan, missionarische Jugendarbeit in So Soweto/Afrika…’ Der Hunger wird sozusagen geistlich gestillt.

1985 verhalf Entwicklungsminister Warnke den Evangelikalen zu einem weiteren Konkurrenzbetrieb. Neben der Hilfsorganisation „Dienste in Übersee“ gibt es nun die staatlich anerkannte und geförderte „Christliche Fachkräfte international“ (CFI). Der Evangelikale Laubach lobte Warnke deshalb November 1985: ‚Die von der Bundesregierung erfolgte Anerkennung des evangelikalen Entwicklungsdienstes … kann neue Akzente in der Entwicklungspolitik bedeuten, um die wir uns angesichts notvoller politischer Einseitigkeit bemühen wollen.’ Der geschäftsführende Vorsitzende von CFI, der Stuttgarter Pfarrer Winrich Scheffbuch: ‚Mission und Entwicklungshilfe gehören für uns ganzheitlich zusammen.’ Hilfe gegen Bekehrung? Das weckt Erinnerungen an die Kolonialzeit.“[1]

Und diese Auffassung hat auch ihre Aktualität. Im Bundestagsauschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sind als Evangelikale bekannte MdBs Mitglieder.

Aber auch die EKD hat sich (im Herbst 2014) dazu bekannt. So sagte der Finanzdezernent der EKD, Oberkirchenrat Thomas Begrich, die gesamte Arbeit der EKD sei letztendlich Missionierung.

„Alle evangelischen Kirchensteuermittel fließen letztlich in die Mission. Das hat der Finanzdezernent der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thomas Begrich (Hannover), gegenüber idea Fernsehen betont. Alle kirchliche Arbeit sei damit befasst, das Leben der Menschen zu begleiten und das Evangelium zu verkündigen; das sei Mission. Daher dienten die gesamten knapp fünf Milliarden Euro Kirchensteuern pro Jahr missionarischen Zwecken. Begrich nannte auch Beispiele dafür, wie die EKD missionarische Aktivitäten fördert. Das betreffe beispielsweise die Bildungsarbeit. Dazu zähle etwa das evangelische Literaturportal. Es unterstütze Gemeinden, die Bibliotheken unterhalten. Ferner würden durch die Aktionen „Lesen in Gottes Welt“ und „Willkommen in Gottes Welt“ Eltern von Neugeborenen und Schulkindern Material zur Verfügung gestellt, das ihnen helfe, ihre Kinder christlich zu erziehen.“[2]

Die Tatsache, dass diese Darstellung vom evangelikalen Informationsdienst idea verbreitet wird, tut der sachlichen Aussage aber keinen Abbruch. Natürlich freuen sich die Evangelikalen, wenn die EKD immer mehr auf ihre Linie einschwenkt.

Den generellen Schulterschluss aller christlichen Denominationen verdeutlichte der ökumenische Kongress „MissionRespekt. Christliches Zeugnis in einer multireligiösen Welt“, der vom 27. bis 28. August 2014 in Berlin stattfand. „Bundestagspräsident Norbert Lammert bezeichnete es als ein grundlegendes Missverständnis in der westlichen Welt, dass Religion im 21. Jahrhundert keine Rolle mehr spiele. Es werde oft verdrängt, welche offensive und teilweise aggressive Geltung religiöse Bezüge im Rest der Welt spielten, sagte der katholische CDU-Politiker. Die Frage, wie man mit einer ‚Instrumentalisierung von Religion für politische Zwecke’ umgehe, sei ein ‚gigantisches Thema’. Die Kirchen könnten zur Sensibilisierung für diese Fragestellung beitragen. […]

An einem ökumenischen Gottesdienst des Kongresses nahmen unter anderen auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Prälat Martin Dutzmann, und der Vorsitzende der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF), Präses Ansgar Hörsting (Witten), teil. Die Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche, Rosemarie Wenner (Frankfurt am Main), ging in ihrer Predigt auf die gewaltsamen Konflikte im Irak, in Syrien und im Heiligen Land ein. Sie gebe die Hoffnung nicht auf, ‚Frieden mit Mitteln des Friedens zu schaffen’, sagte sie.

Der Kongress mit 250 Teilnehmern beschäftigt sich mit der Umsetzung eines Papiers unter dem Titel „Christliches Zeugnis in einer multireligiösen Welt“, das der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), der Päpstliche Rat für Interreligiöse Angelegenheiten (PCID) und die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) im Jahr 2011 verabschiedet haben. Getragen wird der Kongress von Kirchen und Missionswerken aus landeskirchlicher, evangelikaler und römisch-katholischer Tradition. Dazu zählen die EKD, die katholische Deutsche Bischofskonferenz, die Deutsche Evangelische Allianz und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) sowie die Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste (AMD).“[3]

Theologisches zur Mission

Das Zweite Vatikanische Konzil hat ein Dekret über die Missionstätigkeit der Kirche formuliert (AD GENTES), das am 7. Dezember 1965 von Papst Paul VI. öffentlich verkündet wurde. Darin heißt es in der Einleitung:

„In der gegenwärtigen Weltlage, aus der für die Menschheit eine neue Situation entsteht, ist die Kirche, die da ist Salz der Erde und Licht der Welt, mit verstärkter Dringlichkeit gerufen, dem Heil und der Erneuerung aller Kreatur zu dienen, damit alles in Christus zusammengefaßt werde und in ihm die Menschen eine einzige Familie und ein einziges Gottesvolk bilden. Im Dank gegen Gott ob der trefflichen Arbeit, die durch den hochherzigen Einsatz der ganzen Kirche bislang vollbracht wurde, will diese Heilige Synode deshalb die Grundsätze der missionarischen Tätigkeit umreißen und die Kräfte aller Gläubigen sammeln, damit das Volk Gottes, auf dem schmalen Weg des Kreuzes voranschreitend, die Herrschaft Christi des Herrn, vor dessen Augen die Jahrhunderte stehen, ausbreite und seiner Ankunft die Wege bahne.“

In Artikel 3 (Der Aufbau der christlichen Gemeinschaft), Abschnitt 15 wird dann ausgeführt, dass alle Menschen zum christlichen Gottesvolk gehören, auch wenn sie das bisher noch gar nicht wissen oder sogar anderer Meinung sind:

„Die aus allen Völkern in der Kirche versammelten Christgläubigen unterscheiden sich nicht von den übrigen Menschen durch Staatsform, Sprache oder Gesellschaftsordnung (33). Darum sollen sie in den ehrbaren Lebensgewohnheiten ihres Volkes für Gott und Christus leben. Als gute Bürger sollen sie die Vaterlandsliebe wahrhaft und tatkräftig üben. Mißachtung fremder Rassen und übersteigerten Nationalismus aber sollen sie gänzlich meiden und die alle Menschen umfassende Liebe pflegen.

Um all das zu verwirklichen, sind die Laien, also die Christgläubigen, die Christus durch die Taufe eingegliedert sind und in der Welt leben, von größter Bedeutung und verdienen besondere Sorge. Denn es ist ihre eigentliche Aufgabe, vom Geist Christi erfüllt, gleichsam als Sauerteig die zeitlichen Dinge so von innen her zu beseelen und zu ordnen, daß sie immer mehr Christus gemäß werden.

Aber es ist nicht genug, daß das christliche Volk anwesend ist und in einem Volk Fuß gefaßt hat; es ist auch nicht genug, daß es das Apostolat des Beispiels ausübt. Dazu ist es gegründet und dazu ist es da, um den nichtchristlichen Mitbürgern in Wort und Werk Christus zu verkünden und ihnen zur vollen Annahme Christi zu helfen.

Zur Einpflanzung der Kirche und zum Wachstum der christlichen Gemeinschaft aber sind verschiedene Dienste notwendig; durch göttliche Berufung werden sie in der Gemeinde der Gläubigen selbst geweckt, und sie müssen von allen sorgfältig gefördert und gepflegt werden. Dazu gehören das Amt des Priesters, des Diakons, des Katechisten und die Katholische Aktion. Ebenso leisten Ordensmänner und Ordensfrauen zur Verwurzelung und Festigung der Herrschaft Christi in den Seelen und zu ihrer Ausbreitung durch ihr Gebet und ihr Wirken einen unentbehrlichen Dienst.“[4]

Die fortschreitende ‚Verweltlichung’ kirchlicher Organisationen forderte 25 Jahre in Deutschland auch die katholischen Bischöfe in Deutschland heraus und (im April 2000) haben sie es mit einer Stellungnahme beantwortet: „Die eine Sendung und die vielen Dienste. Zum Selbstverständnis weltkirchlich orientierter Einrichtungen und Initiativen heute.“[5] Diese Stellungnahme „beschreibt die Weltverantwortung der Kirche aus einem umfassenden Verständnis von Evangelisierung. Es geht um die allen Initiativen gemeinsame theologische Grundlegung und Motivation und um die bei aller pragmatischen „Arbeitsteilung“ anzustrebende Zusammenarbeit, nicht zuletzt auch um die Verbindung der Hilfswerke mit den einzelnen Bistümern und mit der Deutschen Bischofskonferenz.“

Dazu schreibt der Privatdozent Dr. Hans-Gerd Angel (der im Bereich Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz tätig ist): „In dem Dokument ,Die eine Sendung und die vielen Dienste’ werden alle weltkirchlich tätigen Einrichtungen und Initiativen damit unverkennbar dem missionarischen Auftrag der Kirche zugeordnet. Es legitimiert gewissermaßen ex post die Vielfalt der weltkirchlichen Aktivitäten und ordnet sie in eine ,Sendung der Kirche in der Welt von heute’ ein, verortet sie universal- und ortskirchlich. Dabei wird von einem integralen, sehr weit gefassten Verständnis von Evangelisierung ausgegangen, das seinerseits auf einem ebenso umfassenden Heilsverständnis beruht, das ‚den ganzen Menschen, die menschliche Gesellschaft und die Welt’, also alle individuellen wie sozialen, diesseitigen und jenseitigen Bezüge des Menschen berücksichtigt. Nur ein solches Verständnis von Mission und Evangelisierung – Begriffe, die in dem Dokument offenbar synonyme Verwendung finden – das die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Tat umfasst, die Dienste der Martyria und der Diakonia integriert, und im Sinne einer Arbeitsteilung auf eine ausdrückliche Wortverkündigung verzichten kann, erlaubt es, auch das Handeln von Misereor, bei dem es seit dem Gründungsauftrag ‚nicht um ein Mittel der Mission [geht]’ unter dem Begriff der Evangelisierung zu subsumieren. Damit wird die Solidaritätsarbeit von Misereor, mit der sich das Werk explizit von einem missionarischen Auftrag absetzt, in dieses integrale Verständnis von Evangelisierung hineingestellt, das sein übergreifendes Spezifikum in christlicher Motivation findet. Somit ist auch „der Einsatz für die Gerechtigkeit und die Beteiligung an der Umgestaltung der Welt’ Teil der Heilssendung der Kirche.“[6]

Wie bekommt man es nun aber hin, dass eine Missionstätigkeit nicht so heißt, obwohl sie es tatsächlich ist? Der Theologe kennt die Lösung:

„Aufgrund des in diesem Dokument sehr weit gefassten Verständnisses von Mission und Evangelisierung, erscheint es sinnvoll, im Folgenden von einem engen und einem weiten Verständnis von Mission zu sprechen. Im engeren Sinn meint Mission dann die Wortverkündigung, die Botschaft vom Leben und Sterben Jesu Christi, die Weitergabe seiner Frohen Botschaft vom Reich Gottes und dem in ihm angebrochenen Heil. In einem weiteren Sinn kann darunter dann die Tatverkündigung verstanden werden, das beispielhafte Leben in der Nachfolge des Lebens Jesu, womit sich dann eine Kompatibilität zu dem Handeln von Misereor herstellen lässt. Für dieses weitergehende Verständnis von Mission ist am ehesten der Begriff Evangelisierung passend. Der trennende Unterschied liegt in der Intention. Während die Wortverkündigung auf eine Christianisierung hofft, ist dies bei der Tatverkündigung, so wie sie bei Misereor geschieht, nicht in einer direkten Weise der Fall; die Christianisierung liegt nicht in der unmittelbaren Intention dieses Handelns. Identisch ist hingegen die Motivation, die sowohl im engeren als auch im weiteren Verständnis von Mission in dem Auftrag und dem beispielhaften Leben Jesu Christi und dem damit verbundenen Ruf zur Nachfolge begründet ist.“

Wortverkündigung? Tatverkündigung? Bei identischer Motivation unterscheiden sich Missionierung und Evangelisierung aber in der Intention.

Diese Widersprüchlichkeiten zeigten sich bereits der Gründung von Misereor, denn einerseits soll es die reine „christliche Nächstenliebe“ sein, die jedem Menschen gelte, andererseits soll es in der Folgewirkung missionarisch sein.

„’Was wir bisher gewußt haben, das ‚sehen’ wir jetzt.’ Mit diesen Worten umschrieb Kardinal Frings das sich in den fünfziger Jahren beträchtlich ausbreitende Wissen um die von Not geprägten Zustände in vielen Ländern außerhalb Europas. In der schon nahezu als prophetisch zu bezeichnenden Rede breitete der Kardinal vor der Vollversammlung der deutschen Bischöfe im August 1958 die damals bekannten Fakten über Ausmaß und Qualität der Not in der Dritten Welt aus. Die zunehmende Kenntnis dieser Situationen, so der Kardinal, ließ nun nicht länger zu untätig zu sein. […]

Seine Begründung bekam das Werk vom Evangelium her. Es wurde als Teilnahme an der Leibsorge des Herrn verstanden und auf diese Weise zuvörderst christologisch gedeutet. In der Nachfolge seines Tuns habe die Kirche die Aufgabe, nicht nur Heilsorge, sondern angesichts des Elends in der Welt auch Leibsorge zu leisten. Es sollte kein missionarisches Unterfangen sein und daher müsse die Hilfe den Bedürftigen ohne Beachtung ihrer Glaubenszugehörigkeit zukommen, sogar ohne die Frage nach dem Erfolg der Hilfe zu stellen. Es ginge schlichtweg um christliche Barmherzigkeit. Dennoch sollte das Hilfswerk nach den Vorstellungen des Kardinals alles andere als eine rein säkulare Angelegenheit werden. Er betonte ausdrücklich, dass auch ‚da, wo der Herr Hunger stillte, auch den Hunger derer, die ihn völlig mißverstanden, sich der Vorgang für die Beteiligten als ein religiöser [vollzog] (Joh 6,14)’. Wenn auch nicht als erstes Ziel ein missionarisches Wirken intendiert war, wurde dennoch auf eine solche Folgewirkung gehofft: ‚Wenn es Gott gefällt, das Werk auch dahin zu segnen, daß es missionarisch wirkt, so ist die Freude umso größer.’ Die Missionsstationen sollten primärer Verteiler der Mittel sein und nur dann ersetzt werden, wenn es andere Träger ebensogut oder besser könnten. Da das Werk sich als vom Evangelium her angestoßen sah, war der Wunsch des Kardinals, neben der eigentlichen Hilfeleistung auch auf die dahinterstehende Motivation, die sich als Auftrag Jesu und seiner Kirche begriff, hinzuweisen, durchaus legitim und nachvollziehbar. Schließlich sei es ein Hilfswerk der Kirche und handele als solches auch in kirchlichem Auftrag und mit kirchlicher Legitimation. […]

Die Bischöfe folgten auf ihrer Vollversammlung im Herbst 1958 den Wünschen von Kardinal Frings und beschlossen die Gründung eines neuen Werkes, das allerdings zunächst versuchsweise zeitlich begrenzt sein sollte und erst 1967 zu einer Einrichtung auf Dauer wurde. Man beschloss, in der Fastenzeit 1959 eine von den Bischöfen getragene Aktion gegen Hunger und Aussatz in der Welt unter dem Motto Misereor super Turbam (abgekürzt: Misereor) durchzuführen [und] vor der Fastenzeit alle Gläubigen aufzurufen, nicht nur vom Überfluss mitzuteilen, ‚dem auch sich selbst Abbruch aufzuerlegen, um der Not in der Welt, die eine Not Christi ist, nach Kräften abzuhelfen’.“[7]

Materielle Not als „Not Christi“ zu betrachten, war schon das Kennzeichen der „Inneren Mission“ (dem Vorläufer des Diakonischen Werkes) im 19. Jahrhundert gewesen. Nur hat man damals die Absicht der Evangelisierung auch ehrlich benannt.

Jetzt ist zu fragen, ob bei der Arbeit von Brot für die Welt und misereor, die als die beiden größten Organisationen beispielhaft betrachtet werden, auch tatsächlich keine Missionierung / Evangelisierung stattfindet, wie sie in den Vereinbarungen zwischen BMZ und Zentralstellen ausgeschlossen wurde: Keine Seelsorge, keine Verkündigung.

Brot für die Welt

Brot für die Welt schreibt in der Selbstdarstellung „Über uns“ zum Thema, dass Kirchen „ein ganzheitliches Verständnis von Heil und Heilung haben. […] Sie stiften und bieten Zusammenhalt und Gemeinschaften des Teilens, die Menschen auch in Krisensituationen auffangen können. Sie vermitteln Werte und Orientierung. Durch ihre Seelsorge helfen sie Menschen mit psychischen Problemen und ganzen Dörfern, mit traumatisierenden Situationen umzugehen. Sie stärken das Verantwortungsgefühl für das eigene Leben, die Gesellschaft und die gesamte Menschheit und Schöpfung und vermitteln eine positive Weltsicht, einen nachhaltigen Lebensstil und Zukunftshoffnung. Ähnliches kann wohl von vielen Religionsgemeinschaften gesagt werden.“

Damit ist die Instrumentalisierung der staatlich geförderten Entwicklungshilfe für kircheneigene Zwecke korrekt benannt.

Im Jahresbericht 2016 heißt es einleitend (S. 6): „Die Beschäftigung mit dem Thema ‚Religion und Entwicklung‘ ist Teil der Umsetzung des Strategieplanes von Brot für die Welt. Brot für die Welt beteiligt sich nicht nur an nationalen sondern auch an internationalen Vorhaben im Verbund mit seinem internationalen Netzwerk ACT Alliance sowie dem Ökumenischen Rat der Kirchen und dem Lutherischen Weltbund: Gemeinsam wurden Chancen und Risiken des Ansatzes sowie der internationalen Initiativen diskutiert.“

Auf den Titelseiten der Jahresberichte sind vier Fotos abgebildet, mit vorwiegend lächelnden Menschen. Das ist die eine Seite, die andere Seite wird in den Projektberichten nicht erwähnt, aber das alles entspricht dem Selbstverständnis von BfdW (Jahresbericht 2015, S. 26), das heißt: „Als kirchliches Werk unterstützt Brot für die Welt in besonderer Weise Kirchen und kirchliche Hilfswerke und ökumenische Organisationen weltweit.“

Im Jahresbericht 2017 liest man: „Armut überwinden und Gerechtigkeit fördern ‒ das sind zwei wichtige Ziele, für die sich Brot für die Welt einsetzt. Doch Menschen können ihre Lebensumstände nur dann aus eigener Kraft verbessern, wenn sie Zugang zu Wasser, Essen, Bildung und Gesundheit haben, wenn ihre Rechte gewahrt sind und sie in Frieden leben können. Dafür treten wir weltweit mit Kirchen und Partnerorganisationen ein.“ (S. 8)

Dass man das als Dienst an einer guten Sache betrachtet, liegt in der Natur der kirchlichen Sichtweise. Dabei ist aber deutlich, dass es weniger um die Hilfe für Menschen geht, als um den Ausbau kirchlicher Strukturen, für die die humanitäre Hilfe Instrument ist.

Einige Beispiele mögen das illustrieren.

Brasilien – „Kirche bedeutet Mission oder sie hört auf, Kirche zu sein.“

„Brot für die Welt“ unterstützt in Brasilien u. a. die Arbeit von CAPA, einem Projekt der brasilianischen evangelischen Partnerkirche. Diese Partnerkirche (IECLB Landeskirche = Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien) beschreibt ihre Aufgabestellung folgendermaßen: „Brasilien leidet besonders unter der neoliberalen Globalisierung. Die Wirtschaft arbeitet exportorientiert und vernachlässigt den Aufbau eines Binnenmarktes. Die Lutherische Kirche hat eine wichtige Stimme und Aufgabe in diesem Land. So kommt ihr eine große Bedeutung bei der humanen Gestaltung wirtschaftlicher Globalisierung zu. Im Zeichen der Mission im 21. Jahrhundert wird es eine Herausforderung sein, Gemeindeaufbau in einer multireligiösen Umwelt zu betreiben.“

Es geht also vor allem darum, den Gemeindeaufbau voranzutreiben. Dem entspricht der „Missionsplan PAMI 2008-2012: ‚Mission Gottes in unserer Passion …‘, dieser Partnerkirche, der 4 Dimensionen hat (Evangelisation, Gemeinschaft, Diakonie und Liturgie) sowie 3 Querachsen (Christliche Erziehung, Nachhaltigkeit und Kommunikation). CAPA ist dabei ein Arbeitsschwerpunkt.

Dazu schreibt das Gustav Adolf-Werk: „Seit 2008 haben wir in der IECLB den Missionsaktionsplan (PAMI = Plano de Acâo Missionaria), anfänglich für den Zeitraum von 2008 bis 2012 und verstärkt für einen zweiten Zeitraum von 2012 – 2016. Kirche bedeutet Mission oder sie hört auf, Kirche zu sein. Deshalb ist es immer wieder wichtig, die Überlegungen über was ist Mission und wie ist Mission zu entwickeln, aufzunehmen. Denn Mission spielt sich nicht in einem geschlossenen Raum ab, sondern in einem ganz konkreten Umfeld, in dem sich die Kirche befindet. Gleichsam muss das missionarische Verhaltender Kirche auch die Realität im Auge behalten: wie werden die Gemeindemitglieder ermuntert und aufgebaut für die Verkündigung des Evangeliums. Und auf der anderen Seite ein Auge auf die Realität haben, in der die Gemeinde eingebunden ist: was kann das Evangelium ganz konkret und spezifisch der Welt in der die Christen leben, sagen?“

Bolivien – Verbesserte Wasserversorgung ermöglicht gute Ernte

Projektpartner (2015-2017) ist die Acción Cultural Loyola (ACLO), wobei bei „Loyola“ schon erkenntlich ist, worum es geht. Dazu heißt es auf der „Webseite des Sozialapostolats der Konferenz der Jesuitenprovinzen von Lateinamerika, CPAL“: Die „Kulturelle Aktion Loyola wurde am 25. August 1966 von der Gesellschaft Jesu gegründet. Ihre Philosophie und ihr Engagement waren von der Positionierung der katholischen Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil und von der 1. und 3. Lateinamerikanischen Bischofskonferenz in Rio de Janeiro geprägt.“

Kamerun – Spirituelle Pflege

Im Jahresbericht 2015 wird dargestellt, wie BfdW in Kamerun ein Gesundheitsprojekt unterstützt, dass der Gesundheits- und Schwangerenvorsorge diene. Träger vor Ort ist der Cameroon Baptist Convention Health Services (CBCHS), der in seinem Selbstverständnis  u. a. schreibt: „Spirituelle Pflege. Die CBCHS verfügt über einen gut ausgebauten Pfarrerdienst in all ihren Institutionen, die mit anderen Dienstleistungen des Vorstandes zusammenarbeiten, um die psychosozialen und spirituellen Bedürfnisse von Mitarbeitern und Patienten zu erfüllen. Das Zentrum für klinische pastorale Bildung und soziale Dienste (CECPES) ist spezialisiert auf die Ausbildung von christlichen Kaplänen, professionellen christlichen Beratern und kirchlichen Pastoren für eine wirksame Seelsorge und soziale Dienste der Kirche. Es fungiert als idealer Handson-Praktikumsort für Sozialarbeiter und ist eine Mentoring-Einrichtung für junge Seminaristen, die feste pastorale und dienstliche Identitäten bilden wollen und Seminarkredite für ihre Abschlüsse erhalten.“

Im Jahresbericht 2016 des CBCHS heißt es zu seiner Aufgabe, seinem Zweck: „Die Kamerun-Baptisten-Kongress-Gesundheitsdienste bemühen sich um die Betreuung von allen, die es als Ausdruck christlicher Liebe und als Zeugnis brauchen, damit sie durch Jesus Christus zu Gott gebracht werden können. So hat der Gesundheitsausschuss beispielhafte Gesundheitsversorgung mit echtem Mitgefühl und mit übergeordneten Zweck des evangelischen Zeugnis.“

Das ist ein klassischer Dreierpack von sozialer Dienstleistung, emotionale Zuwendung und Missionierung – wobei die beiden erstgenannten Elemente nur Zwecke im Dienst der Missionierung darstellen.

Myanmar

Im gleichen Tätigkeitsbericht von BfdW geht es weiter mit Frauenarbeit und Qualifizierung von Flüchtlingsfrauen im Myanmar. Träger vor Ort ist die Kachin Baptist Convention (KBC).

Die KBC ist „in Myanmar eine religiöse Körperschaft, dessen Mitglieder den Baptisten-Glauben praktizieren. Es ist eine evangelikale Organisation, die auf ganzheitlichen Missionen basiert. Sein Hauptquartier ist in Myitkyina, Kachin Staat, Myanmar. Es hat 15 Verbände und über 300 Kirchen und wächst immer noch.“

Nigeria – Christlicher Lobbyismus

In Nigeria wird der Christian Council of Nigeria (CCN) mit 350.000 Euro unterstützt, Überschrift: “Kirchen stärken Demokratie im Land“. Tatsächlich ist es die Unterstützung eines kirchlichen Lobbyismus, die Politik Nigerias zum Vorteil der Christen zu beeinflussen. Das Leitbild des CCN heißt: „Erleichterung und Aufbau der Kapazitäten der Mitgliedskirchen, die einen nachhaltigen christlichen Lebensstil, Zeugnis und Transformation der nigerianischen Gesellschaft sicherstellt.“

Indonesien - Missionskirche

Im Jahresbericht 2014 heißt es: „Projektbericht Indonesien. Bessere Ernten dank schwimmender Felder“. Als Projektträger wird Gereja Toraja (GT) und und Ikatan Petani Pengendalian Hama Terpadu Indonesia (IPPHTI) genannt. Beides wird nicht übersetzt, sondern verbleibt Indonesisch.

Gereja Toraja“ heißt übersetzt: Toraja Kirche (abgekürzt GT oder Getor) und ist eine Gruppe von protestantischen Kirchen in Indonesien und ist selbst das Ergebnis der evangelischen Mission vor Ort. „Ikatan Petani Pengendalian Hama Terpadu Indonesia (IPPHTI)” ist eine Organisation von Landwirten.

Angola – christliche Hilfe

Im Jahresbericht 2013 wird für den „Projektbericht Angola: Der Duft nach Brot kündet vom Aufbruch“ als Träger angegeben: „Associacao Crista da Mocidade Regional do Kwanza Sul“ – auf Portugiesisch. Eine christliche Jugendorganisation, genauer: der örtliche CVJM.

China – Botschaft der Liebe

Ebenfalls im Jahresbericht 2013 heißt zum Projektbericht China: „Lokale Teilhabe langfristig stärken“. Projektträger ist die Amity Foundation. „Die Amity-Stiftung, ein langjähriger Partner von Brot für die Welt, setzt sich in China dafür ein, die Lebensbedingungen zu verbessern, Einkommen zu schaffen, die kulturelle Identitat zu bewahren und die Umwelt zu schützen. Ein Beispiel hierfür ist ein Projekt im Urad Banner.“ Das ist wiederum nur die eine Seite, denn die andere Seite ist, dass die Amity Stiftung in China die wohl größte Bibeldruckerei der Welt betreibt, mit einer monatlichen Produktion von rund 1 Million Exemplaren.

Auch in dem Interview mit dem Generalsekretär der Amity-Stiftung (BfdW-Jahresbericht 2013, S. 21) wird nur sehr indirekt über die Missionierung in China gesprochen: „Wir haben ein beispielhaftes und nachhaltiges Modell für die chinesischen Kirchen und Christen aufgebaut, die in der Wohlfahrtspflege tätig sind. Jesus sagte: ‚Du sollst den Herrn, Deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit Deinem ganzen Verstand!‘ Das ist das erste und wichtigste Gebot. Ebenso wichtig ist aber das zweite: ‚Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!‘ Die Amity-Stiftung verbreitet seit fast 30 Jahren die Botschaft der Liebe in China.“ In Zahlen ausgedrückt sind das rund 100 Millionen Bibeln für China auf Chinesisch.

MISEREOR

Was für Brot für die Welt gilt, trifft ebenso auf Aktivitäten von MISEREOR zu. Dazu heißt es im Jahresbericht 2017 „MISEREOR arbeitet im Rahmen des Netzwerkes MARMICK mit den katholischen Hilfswerken Adveniat, Caritas International, Missio München und Missio Aachen, Renovabis und dem Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘ zusammen.“ (S. 11) Aus verschiedenen Jahresberichten seien einige Beispiele genannt.

Ausbildung und Lebensberatung in Kenia

„Ziel: Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage junger Menschen aus den Elendsvierteln von Nairobi.“ Projektpartner, d. h. die Arbeit vor Ort wird von der „The Marianists Registered Trustees“ durchgeführt, die Teil eines weltweiten Netzwerk der Marianisten sind. Sie verstehen sich als Missionierungsorganisation: „Als Marianisten versuchen wir, die Zuwendung Mariens gegenüber dem Herrn zu verkörpern. Durch unsere Arbeit versuchen wir, ihre Mission der Jüngerschaft fortzusetzen.“

Bildung und Ausbildung ist dabei das Basiskonzept: „Religion wird nicht gelehrt, sondern vermittelt. Die Religion ist durch die Atmosphäre, die die Schule durchdringt, tiefer in den Geistern und Herzen der Schüler verankert als durch den Unterricht.“

Entsprechend ist im Jahresbericht 2017 von MISEREOR eine dunkelhäutige junge Frau abgebildet, die ein großes Kreuz an einer Halskette trägt. (S. 17)

Guter Unterricht im Südsudan

„Ziel: Ganzheitliche Bildung von Kindern und Jugendlichen sowie Grundbildung für Erwachsene.“ Projektträger vor Ort ist die Diözese Rumbek, die damit zehn katholische Grundschulen mit Unterricht bis zur achten Klasse und drei katholische Sekundarschulen mit finanziert.

Landrechte in Myanmar sichern

(Jahresbericht 2016, S. 21/22) Das Ziel des Projektes ist der Schutz der Landrechte indigener Gemeinschaften in Myanmar. (Laufzeit Oktober 2016 bis September 2018). Projektpartner ist die Karuna Mission Social Solidarity (KMSS-NO). Dazu heißt es auf der Internetseite der Organisation: „Die Karuna Mission Social Solidarity (KMSS) ist ein religiöses soziales Netzwerk im Dienste der Katholischen Kirche von Myanmar. Inspiriert durch das Prinzip der Katholischen Soziallehre der ‚Option für die Armen‘, wurde KMSS von der Katholischen Bischofskonferenz von Myanmar (CBCM) gegründet und beauftragt, als sozialer Arm für die Armen und Bedürftigen zu dienen. Die spezifischen Bereiche der Mission der Kirche konzentrieren sich auf ganzheitliche menschliche Entwicklung, Verwirklichung von Gerechtigkeit und Frieden, Umweltschutz, humanitäre Hilfe und Nothilfe.“

Wohnrechte auf den Philippinen

(Jahresbericht 2016, S. 23) Ziel: „Selbsthilfeförderung unter städtischen Armen, um ihre Wohnrechte zu verteidigen“. Projektansatz: „Die Organisation Urban Poor Associates (UPA) sorgt dafür, dass die Betroffenen ihre Interessen in die Stadtentwicklung einbringen können. Investitionen, die vor den Folgen des Klimawandels schützen, sollen nicht zu Lasten der Armen gehen.“ Die UPA schreibt dazu auf ihrer Internetseite, was sie u. a. tut: „UPA arbeitet mit Seiner Eminenz Kardinal Gaudencio Rosales und allen Priestern zusammen, die den Armen und allen Gruppen helfen, die den Armen helfen wollen. Die UPA arbeitet eng mit religiösen Führern zusammen, insbesondere mit denen der katholischen Kirche, da 90 % der städtischen Armen katholisch sind.“ Ziel: „Förderung von Jugendlichen in den Bereichen Menschenrechte, Erziehung und Beruf, San Salvador.“ Projektpartner ist „Vicaría Episcopal de Promoción Humana – Cáritas – Arzobispado de San Salvador.“

Dieser Projektpartner schreibt über sein Selbstverständnis: „Das bischöfliche Vikariat der Human Promotion-Cáritas kündigt das Königreich Gottes mit Werken der Nächstenliebe und Gerechtigkeit an. Evangelisierung aller sozialen Bereiche und Reaktion auf die Bedürfnisse der Ärmsten. Die Mission des Vikariats besteht darin, auf unmittelbare Bedürfnisse zu reagieren, vor allem aber auf die notwendige Unterstützung, damit arme Menschen ihre eigene Situation langfristig verbessern können.“ Evangelisierung und Königreich Gottes?

IRAK - Flüchtlingshilfe

Laut Jahresbericht 2015 gibt es im Nordirak ein Projekt zur „Förderung der Beschäftigung und der Gemeinschaft zwischen Binnenflüchtlingen und aufnehmender Bevölkerung“. Projektpartner ist das “Christian Aid Program for Northern Iraq (CAPNI)“. Nicht nur in der Projektbeschreibung wird auf Christen fokussiert: “Das Projektgebiet, die Provinz Dohuk mit überwiegend christlicher Bevölkerung, hat seit 2013 etwa 50.000 Binnenvertriebene, darunter assyrische Christen und Jesiden aus der Ninive-Ebene und dem Sinjar, aufgenommen.“ Über die Situation dort, wird u. a. auch durch einen Vortrag im „Zentrum für Mission und Ökumene – Nordkirche weltweit“ geworben, in dem der kirchliche Bezug dieser humanitären Hilfe deutlich wird: „Da der Nordosten Syriens nah ist, unterhält CAPNI seit vielen Jahren Verbindung und Beziehungen zu den Menschen und den Kirchen in Kamishli, in den Kabur-Dörfern und der Stadt Hasakah.“

Inklusion in China

In China wird die Inklusion Behinderter gefördert. Projektpartner ist lt. MISEREOR „Xi’an Huiling“, ein Begriff, der im Internet so nicht zu finden ist. Was von MISEREOR als „gemeindebasierter Ansatz“ dargestellt wird, sind unmissverständlich Missionseinrichtungen. Diese Zentren wurden von einem PIME-Missionar begründet.

Diese PIME-Missionare „sind katholische Priester und Brüder, die sich für den lebenslangen missionarischen Dienst engagieren, vor allem für Nichtchristen. Die Priorität von PIME ist die Proklamation des Evangeliums. Wir bemühen uns, in unserer Gegenwart kreativ zu sein und Zeugnis zu geben, wie wir uns für die Förderung des Dialogs zwischen Menschen aller Religionen und Kulturen engagieren. Wir sind aktiv an der menschlichen Entwicklung und der Förderung von Gerechtigkeit und Frieden beteiligt. Unsere Dienstleistungen umfassen die Gründung von Schulen, Krankenhäusern und Kliniken, Waisenhäusern und die Gründung neuer katholischer Gemeinschaften und deren Seelsorge.“

In der heutigen Form wurde die Organisation 1926 begründet und ist das „Pontificium Institutum pro Missionibus Exteris“ (PIME), das Päpstliche Institut für die Außenmissionen. Entsprechend schreibt agenzia fides, das „Presseorgan der Päpstlichen Missionswerke seit 1927“: „Viele chinesische und ausländische katholische Jugendliche erklärten sich zur freiwilligen Mitarbeit im Hui Ling-Zentrum bereit. Das ‚Hui Ling Zentrum für Menschen mit einer Behinderung‘ wurde 1999 in der Pekinger Altstadt eröffnet und betreut Kinder mit Behinderungen und solche, die von ihren Familien vernachlässigt werden. Das Zentrum ist eine Initiativen der Hilfsorganisation ‚Fu Hong Society‘ und des PIME Missionars Pater Giosué Bonzi.“

Ihre Arbeit und Zielsetzung beschreibt die Organisation selber sehr genau: „Wir sind nicht in den Missionen für den Ruhm oder den Stolz, das Evangelium zu predigen. Wir sind dort, um das Evangelium zu leben und die Primärmission der Kirche zu verbreiten: um ‚hinaus zu gehen und Jünger aus allen Völkern zu machen‘. Wenn moderne Missionare die Länder verlassen, bringen wir die Werkzeuge einer modernen Welt mit uns. Wir nutzen diese Werkzeuge, um die menschliche Entwicklung in ansonsten vernachlässigten Ecken des Globus zu fördern. Unsere Missionare bieten moderne Lösungen wie Solarenergie und Wasserreinigung, um uralte Überlebensfragen zu adressieren. Wir sorgen für die körperlichen Bedürfnisse der Gemeinden, damit wir auch ihre spirituellen Bedürfnisse besser ansprechen können.

Westafrika - Ebola

Im Jahresbericht 2014 wird das Projekt „Ebola in Westafrika“ beschrieben: „MISEREOR reagierte sofort: Nach Rücksprache mit dem „Mother Patern College of Health Science“ in Monrovia wurde kurzfristig ein Fonds mit 400.000 Euro für Schulungen und Präventionsmaßnahmen eingerichtet. Mit fachlicher Begleitung durch das Missionsärztliche Institut Würzburg konnten die katholischen Gesundheitseinrichtungen in Liberia entsprechend dem Bedarf zeitnah unterstützt werden. […] Der Katholische Gesundheitsrat und das Personal in den Gesundheitseinrichtungen sorgten dafür, dass in den Kliniken die Basis-Dienstleistungen für Mütter und Kinder, für Malaria- oder Durchfall-Erkrankungen weitergeführt werden konnten.“

Das sind ausschließlich katholische Gesundheitseinrichtungen in fachlicher Begleitung des „Missionsärztlichen Instituts“.

Libanon – Flüchtlingshilfe

„MISEREOR und sein Partner, die päpstliche Hilfsorganisation „Pontifical Mission“, engagieren sich für die Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge.“

Die verschiedensten „Päpstlichen Missionen“ haben eine Gesamtaufgabe: „Die Päpstliche Missionsgesellschaft für die Vermehrung des Glaubens [so die vollständige Bezeichnung] sucht weiterhin das Gebet und das Opfer für die Missionen der Welt, jetzt in etwa 1.150 Diözesen in Asien, Afrika, den Pazifischen Inseln und abgelegenen Regionen Lateinamerikas. Hilfe wird für pastorale und evangelisierende Programme, für Katecheten und ihre Arbeit angeboten, um Kirchen und Kapellen zu bauen, für die Arbeit der Religionsgemeinschaften im Gesundheitswesen und in der Bildung und für die Kommunikation und den Transport braucht.“

Aus einem Erlebnisbericht vor Ort: „Die Schwestern [von der Kongregation Unserer Lieben Frau von den Guten Hirten] und ihr Schutzgebiet streben danach, eine Oase des Friedens in einer ansonsten beunruhigten Landschaft zu sein. Sie sind Zeugen der Liebe Gottes inmitten von Armut, Misstrauen und Ungewissheit. Sie begrüßen und behandeln Menschen aller ethnischen Gruppen und Religionen. […] Erst vor kurzem starb ein 14-jähriger Junge, der für die Meningitis in ihrer Klinik behandelt wurde. Seine Mutter war so dankbar für die Sorge, die er erhielt, dass sie der Schwester ein Kreuz mit dem Bild ihres Sohnes gab. ‚Der Junge und seine Familie sind Muslime, das hat uns sehr bewegt‘, sagte die Schwester. ‚Seine Mutter vertraute darauf, dass wir die einzigen waren, die ihren Sohn mit Liebe und Mitgefühl behandelt haben.‘ Wenn Schwester [Antoinette Assaf] über sich selbst gefragt wird, wischt sie diese Fragen beiseite. ‚Ich wollte nur Jesus mein Leben geben - ich liebe Kinder und ihre Familien.‘ Die Schwester will weiterhin die Liebe Jesu zu allen bringen.

Die katholische Kirche im Libanon setzt ihre ‚konkrete‘ Hilfe fort, das wahre Zeichen der Liebe, von der Papst Franziskus spricht. Priester, Religiöse und Katecheten sind Zeugen des Mitgefühls und der Liebe Jesu, so Pfarrer Paul Karam, dem Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke im Libanon.“

Indien: Gemeinwesen- und Gesundheitsprogramm

Ziel: Dorfgemeinschaften in der Diözese Sambalpur stärken und soziale Probleme beheben. Projektpartner: Sambalpur Social Service Society, Diözese Sambalpur in Odisha, Indien.

In Personalunion ist Most. Rev. Niranjan Sualsingh, der Bischof der Diözese Sambalpur Diocese auch Präsident der Sambalpur Social Service Society. Er sagt dazu: „Inspiriert durch die Worte Jesu Christi: ‚Sei wie der Menschensohn, der nicht gekommen ist, dass ihm gedient wird, sondern selbst zu dienen und sein Leben zu geben, um viele zu erlösen ;. (Mt 20: 8) hat die diözesane Social Service Society der Diözese Sambalpur maßgeblich dazu beigetragen, einige wichtige und positive Veränderungen im Leben der Armen und Marginalisierten auf sozialen, ökonomischen, pädagogischen und gesundheitlichen Gebieten zu machen. Der Name ‚Social Service Society‘ unterstreicht seinen Charakter des Dienstes für die Benachteiligten unabhängig von Kaste, Glaubensbekenntnis, Kultur und Geschlecht. Die Diözese hat sich sehr gut entwickelt, um Menschen durch das SHG-Spar- und Kreditsystem sowie das umweltbezogene Programm zu befähigen. Unser Bevollmächtigungsprozess mit unseren wichtigsten Stakeholdern - den Armen und den Marginalisierten - muss zu sozialer Gerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter und Chancengleichheit für alle führen, damit wir in der Lage sein werden, ein menschenwürdiges Leben für alle Zielgruppen unserer Region zu gewährleisten.“

Fazit

Das Muster ist bei vielen Projekten das gleiche. MISEREOR und Brot für die Welt finanzieren den Sachaufwand für Bildung, Ausbildung, Soziale, medizinische Hilfen, bauen Schulen, etc. Was dann darin vor Ort passiert und ob es für Seelsorge und Missionszwecke eingesetzt wird, damit haben die beiden Organisationen dann nichts zu tun, das ist die Verantwortlichkeit der Kirchen vor Ort.

Ganz im Sinne von: „Laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut.“

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[1] Ernst Klee: Ein herzensfrommer Brüderbund. Die Evangelikalen verdammen eine angebliche Politisierung der Kirche. unter: http://www.zeit.de/1987/07/ein-herzensfrommer-bruederbund

[2] http://www.idea.de/nachrichten/detail/frei-kirchen/detail/kirchensteuer-…

[3] http://www.ead.de/nachrichten/nachrichten/einzelansicht/article/religion…

[4] http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents…

[5] http://www.katholisch.de/media/weltkirche_medien_1/weltkirche_ dokumente/DBK_Die_eine_Sendung_und_die_vielen_Dienste.pdf

[6] Hans-Gerd Angel: Christliche Weltverantwortung. MISEREOR: Agent kirchlicher Sozialverkündigung. Münster: Lit-Verlag, 2002, S. 88.

[7] Hans-Gerd Angel: Christliche Weltverantwortung, a. a. O., S. 50-51