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Konfessionelle Krankenhäuser

In Deutschland gibt es neben den öffentlichen Trägern von Krankenhäusern auch freigemeinnützige und private Träger. Seit der Jahrtausendwende wird die Anzahl der Krankenhäuser immer mehr reduziert. Weniger betroffen davon sind die privaten Krankenhäuser. Unter den freigemeinnützigen Trägern haben die konfessionellen Krankenhäuser den größten Anteil von etwa drei Viertel.

von Elke Schäfer

Krankenhauslandschaft Deutschland

Die Gesamtzahl der Krankenhäuser ist insgesamt in den letzten 15 Jahren um 159 von 2.139 auf 1.980 gesunken (2005 vs. 2021). Dies betrifft alle Größen und nahezu alle Träger mehr oder weniger. Die Übersicht zeigt, dass von dem Verlust der Krankenhäuser vorwiegend die westlichen Bundesländer betroffen sind. Besonders Baden-Württemberg, wo fast ein Drittel der Krankenhäuser zwischen 2005 und 2021 geschlossen wurden.

In den östlichen Bundesländern und Rheinland Pfalz gab es Zuwachs, zwischen 3,5 Prozent (Sachsen) und 38 Prozent (Brandenburg) auf relativ niedrigem Niveau.


Freigemeinnützige Träger

Zu den freigemeinnützigen Trägern zählen neben der Arbeiterwohlfahrt, dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Deutschen Roten Kreuz der Deutsche Caritasverband und das Diakonisches Werk der EKD sowie die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts. Die „Christlichen Krankenhäuser in Deutschland“ (CKiD) ist ein Zusammenschluss der beiden kirchlichen Krankenhausverbände: des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV) und des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands (kkvd).

Der Deutsche Evangelische Krankenhausverband e.V. (DEKV) wurde 1926 in Berlin gegründet. Er vertritt er die Interessen der etwa 200 evangelischen Krankenhäuser. Im DEKV e.V. sind auch die Pflege- und Hebammenschulen sowie die evangelischen Hochschulen organisiert. Es werden jährlich etwa 2 Millionen Patienten stationär und circa 3,5 Millionen ambulant versorgt. Der DEKV hat über 120.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 10 Milliarden Euro.

Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd) vertritt ca. 300 Allgemein- und Fachkrankenhäuser mit 88.000 Betten (nach eigenen Angaben 2021). Hinzu kommen 54 Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation. Jährlich werden 3,5 Millionen Patientinnen und Patienten von 207 Mitarbeitenden stationär versorgt. Der Umsatzerlös liegt bei jährlich etwa 17 Milliarden Euro. Ursprünglich entwickelten sich die Krankenhäuser aus ordensgemeinschaften oder Kirchengemeinden.

In fast allen Bundesländern wurden vorwiegend öffentliche und freigemeinnützige Krankenhäuser abgebaut. Größte Verlierer sind hier Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mit je 33 weniger Krankenhäusern. Größere Differenzen nach oben oder unten gibt es nur in Rheinland-Pfalz (10 mehr) und Schleswig-Holstein und Hessen (je 7 weniger).

Bei der Entwicklung der Bettenzahlen wird deutlich, dass bei den öffentlichen und freigemeinnützigen Trägern wesentlich weniger zur Verfügung stehen, als noch vor 20 Jahren (16 bzw. 20 Prozent weniger). Dagegen konnten die Bettenzahlen in privaten Krankenhäusern nahezu verdoppelt werden. Insgesamt verloren die Krankenhäuser 48.000 (knapp 9 Prozent der Betten in den letzten 20 Jahren und in den 10 Jahren davor bereits zusätzlich 20 Prozent (106.000 Betten).


Konfessionelle Krankenhäuser

Konfessionelle Krankenhäuser stellen in Deutschland ca. ein Drittel der Krankenhäuser. Der Anteil an den freigemeinnützigen beträgt drei Viertel mit 80 Prozent der Bettenkapazität. Sie haben durch ihre Historie und die enge christliche Fundierung sowohl eine Sonderstellung als auch spezielles Konfliktpotenzial.

Diese Tatsache steht im Widerspruch zur Sichtweise der Bevölkerung, die der Meinung ist, dass die Kirchen keine Krankenhäuser betreiben sollen. In der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften 2018 (ALLBUS, 2018) wurde gefragt: „Wer sollte Ihrer Meinung nach für die Gesundheitsversorgung von Kranken zuständig sein?“ 80 Prozent der Befragten sagten „der Staat“, 10 Prozent „Gemeinnützige Vereine“, 6 Prozent „Privatunternehmen“ und 0,2 Prozent „Die Kirchen“.

Die Realität, dass nahezu jedes dritte Krankenhaus von kirchlichen Trägern betrieben wird, ist konträr zur Meinung in der Bevölkerung. Doch gerade die konfessionelle Anbindung bringt Krankenhäuser in Konflikte, wenn die Kirchen durch skandalöses und unethisches Handeln die Wertefundierung vermissen lassen. Alle Zweifel an Kirchen, religiösen Vorgaben und Normen wirken sich damit auch negativ auf die konfessionellen Krankenhäuser aus.

In einem Symposium „Zukunft konfessioneller Krankenhäuser“ 2011 wurde nach Auswertung von einer Vielzahl von Leitbildern dieser Krankenhäuser festgestellt, dass erheblicher Änderungsbedarf besteht.

Mit der Hervorkehrung der christlichen Werte als Aushängeschild versuchen sie ihre Chancen am Markt zu erhöhen. In einer Zeit, in der Menschen zunehmend auf der Suche nach Alternativen zum rein ökonomischen Betrieb sind, haben christliche Krankenhäuser, wie Alternativmedizin und Esotherik ihre entsprechenden Zielgruppen entdeckt. Es wird ein ganz bestimmtes Bild von den „gelebten Werten“ und der Umsetzung christlicher Werte bei vielen Menschen vermittelt.

Die konfessionellen Krankenhäuser werden natürlich daran gemessen, wie sie den Umgang mit Kernwerten bewältigen und damit der Erwartungshaltung von Patienten, Mitarbeitern, Ärzten und Gesellschaft gerecht werden.

Doch unabhängig davon, wie sich konfessionelle Krankenhäuser nach außen darstellen, gab und gibt es immer wieder Kritik.

Bereits 2007 wurde vom Marburger Bund eine Umfrage veröffentlicht, nach der die Arbeitsbedingungen in den kirchlichen Krankenhäusern oft schlechter sind als in den privaten oder öffentlichen. „Die Ärztegewerkschaft klagte darüber, dass die mehr als 30.200 Ärzte in Häusern kirchlicher Trägerschaft im Vergleich zu anderen Kliniken eine viel höhere Arbeitsverdichtung hätten. Dort gebe es gefährliche Marathonschichten, eine schlechtere Bezahlung und einen eklatanten Mangel an Chancen, Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Der Marburger Bund hatte 19.000 Beteiligte befragt, darunter 3.100 Mediziner mit kirchlichem Dienstgeber.“

Seit 2006 werden arztspezifische Tarifverträge abgeschlossen, die zunächst die Ärzte an den Uni-Kliniken und kommunalen Krankenhäusern betraf. Inzwischen sind auch mit dem privaten Klinikkonzern HELIOS, der Berliner Charité oder auch dem Hamburger Krankenhausarbeitgeberverband Abschlüsse erfolgt. Doch bei den kirchlichen Krankenhäusern ist es bisher nicht möglich gewesen. In den ca. 350 katholischen und knapp 200 evangelischen Krankenhäusern kommen arbeitsrechtliche Regelungen nur auf dem sogenannten dritten Weg zustande.

Der „dritte Weg“ findet seine Legitimierung im verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen (Artikel 140 GG). Demnach können die Kirchen ihre Angelegenheiten eigenständig regeln, darunter auch die Personalangelegenheiten. Das Leitbild der Dienstgemeinschaft und die religiöse Dimension des kirchlichen Dienstes fordern ein System, das auf Partnerschaftlichkeit, Dialog und Kooperation ausgelegt ist. Der dritte Weg beschreibt daher ein Arbeitsrechtssetzungssystem, das sich von der arbeitgebereinseitigen Entscheidung („erster Weg“) und von Tarifverträgen („zweiter Weg“) unterscheidet. Arbeitsrechtsregelungen werden in Kommissionen aus Vertretern der Mitarbeiter und Vertretern der Anstellungsträger paritätisch besetzten Kommissionen beschlossen. Entscheidungen können nur durch Mehrheitsbildung und Konsens getroffen werden. Kann im Ausnahmefall keine Einigung erzielt werden, wird die Lösung im Rahmen eines verbindlichen Schlichtungsverfahrens erreicht. Arbeitskämpfe in Tarifaus-einandersetzungen seien mit dem Selbstverständnis des kirchlichen Dienstes als Glaubens- und Dienstgemeinschaft nicht vereinbar, heißt es.

„Nach unseren Informationen ist die Ausbeutung ärztlicher Arbeitskraft in den konfessionellen Kliniken mit am schlimmsten“, sagte Dr. med. Frank Ulrich Montgomery 2006.

Eine Mitgliederbefragung ergab, dass in kirchlichen Kliniken im Vergleich zu öffentlichen Krankenhäusern mehr illegale Dienste abverlangt, geleistete Überstunden noch schlechter vergütet und Arbeitszeiten kaum erfasst werden.
Es ist scheinheilig, wenn die Kirchen einerseits das christliche Menschenbild der Nächstenliebe und Barmherzigkeit predigen, andererseits jedoch ihre ärztlichen Mitarbeiter gnadenlos ausbeuteten, kritisierte Montgomery. Er forderte von der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche die Aufnahme von Tarifgesprächen zwischen dem Marburger Bund und den kirchlichen Arbeitgebern. Ziel müsse die Anpassung der ärztlichen Arbeitsbedingungen an das Niveau der Regelungen in den Tarifverträgen mit den öffentlichen Klinikarbeitgebern sein. Frühere Gesprächsaufforderungen des Marburger Bundes hatten beide Kirchen kategorisch abgelehnt.

Der Marburger Bund forderte 2013 die Arbeitgeber von Caritas und Diakonie nochmals auf, gemeinsam ein System zur kollektivrechtlichen Regelung der Arbeitsbedingungen zu entwickeln. Dadurch sollten die Grundrechte von Arbeitnehmern und Gewerkschaften anerkannt werden. Arbeitsbedingungen sollten nicht nur durch Tarifverträge zu regeln sein, sondern gegebenenfalls auch gegen den Willen des Arbeitgebers mittels Arbeitskampf durchgesetzt werden. Das verfassungsmäßig verankerte Streikrecht sollte auch unter Berufung auf das Kirchenprivileg und bei der Schaffung eines kirchlich modifizierten Tarifvertragsrechtes garantiert sein.

Ein Arzt in einem katholischen Krankenhaus verdient erheblich weniger als sein Kollege mit arztspezifischen Tarifvertrag der Ärztegewerkschaft. Viele Kliniken suchen verzweifelt Ärzte und müssen mit verschiedenen Mitteln und Wegen neue oder junge Ärzte finden. Besonders die katholischen Krankenhausträger haben Probleme, ihre ärztlichen Stellen zu besetzen. Einige Arbeitgeber zahlen den Ärzten individuelle Zulagen, um sie zu gewinnen oder zu behalten. Die Gesellschaft der Alexianerbrüder mbH stufte 2009 alle 280 Ärzte in ihren Kliniken in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt grundsätzlich in den Tarifvertrag für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern ein (TV-Ärzte/VKA). Die Alexianer-Ärzte verdienen damit genauso viel wie die Kollegen in den kommunalen Kliniken. Die Bruttovergütungen für die Ärzte sind dadurch um durchschnittlich zehn Prozent gestiegen. Nur lang gediente Fachärzte profitierten nicht von der Regelung, weil die für den katholischen Unternehmensverbund zuständige arbeitsrechtliche Kommission im Deutschen Caritasverband bisher zu keiner Einigung gekommen ist und nur junge Ärzte und ärztlicher Nachwuchs angelockt werden sollten.

In der Altenpflege war ein Schritt in die richtige Richtung beinahe geglückt, doch die Caritas hat im März 2021 den ersten bundesweiten Tarifvertrag für die Altenpflege verhindert und lehnte den Antrag von Pflegeverband und ver.di ab. Der einheitliche Tarifvertrag hätte für viele der über eine Millionen Beschäftigen in der Altenpflege die Löhne deutlich verbessert. Die Details sahen für die Beschäftigten der Altenpflege deutliche Lohnerhöhungen in mehreren Schritten vor. Ziel sollte ein allgemeinverbindlicher, für die gesamte Branche geltender Vertrag sein. Auch hier wird der Widerspruch zwischen eigenen Aussagen und Werten der Caritas augenfällig, wenn es um gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bedeutung sozialer Dienste geht.

Trennung von Staat und Kirche

Eine Trennung von der Kirche hätte vor allem für die Mitarbeiter in den zahlreichen kirchlichen Krankenhäusern, sowie den Alten- und Pflegeheimen weitreichende Folgen. Die Kirchen als Arbeitgeber genießen nach Artikel 140 GG einige Sonderrechte, wie zum Beispiel die Einstellung von ausschließlich katholischen Krankenschwestern in einem katholischen Krankenhaus, fristlose Kündigung kirchlicher Angestellter wegen Austritt oder Mitgliedschaft in anderer Religionsgemeinschaft, Kündigung wiederverheirateter Geschiedener, gleichgeschlechtlicher Partnerschaft und auch das Verbot von Streiks ist darin verankert. Sie kann auch Ärzten bestimmte Behandlungsmethoden verbieten, wie z. B. Abtreibung und die „Pille danach“, moderne Techniken der Fortpflanzungsmedizin, Sterilisation, Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden.

An der Finanzierung der Kliniken und Heime würde sich nichts ändern. Die evangelischen und katholischen Krankenhäuser werden nahezu komplett durch Entgelte und staatliche Zuschüsse finanziert und nicht durch das Geld der Kirche.

Auch wenn die Kirchen argumentieren, dass sie ein Träger wie alle anderen seien, die ihre Dienstleistungen anbieten, wie das Rote Kreuz oder die Arbeiterwohlfahrt, gibt es einen entscheidenden Unterschied: Weder das Betriebsverfassungsgesetz noch das Personalvertretungsgesetz gilt in kirchlichen Einrichtungen (§ 118 Abs. 2 BetrVG, § 112 BPersVG). Dafür haben die beiden Kirchen eigene Mitarbeitervertretungen. Die katholische Kirche die „Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung” (MAVO) und die evangelische die „Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland” (MVG.EKD).


Krankenhausschließungen aktuell

Seit 2020, dem Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland, ist ein sehr widersprüchliche Situation zu beobachten. Durch die Viruserkrankungen wird das Gesundheitswesen immens belastet. In den Krankenhäusern werden Betten für Corona-Patienten reserviert und die Intensivstationen arbeiten an ihrer Grenze, Fachkräfte fehlen und das vorhandene Personal arbeitet am Limit.

Gleichzeitig aber werden in Deutschland Krankenhäuser geschlossen. Es werden Krankenhausplätze abgebaut, während der Mangel daran tagtäglich beklagt wird.

Der Abbau ist in den zurückliegenden Jahren rasant gestiegen. 1991 gab es in Deutschland 2.411 Kliniken, 2018 waren es 1.925, zwölf Monate später nur noch 1.914 Krankenhäuser (offiziell nach destatis) in Deutschland. Anfang 2021 ist die vorhandene Bettenzahl notwendigerweise wieder etwas gestiegen.

Der Klinikabbau ist politisch gewollt und wird von Gesundheitsökonomen und ihren Gutachten empfohlen. Die großen Standorte werden mittels bundesweitem Fonds von bis zu 750 Millionen Euro jährlich gefördert und damit der Konzentration auf große Standorte Vorschub geleistet. Noch im Februar 2020 hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu mehr Mut bei Krankenhausschließungen geraten. Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach (SPD) hielt 2019 einen Abbau der Kapazitäten grundsätzlich für richtig.

Er kommentierte eine Studie der Berthelsmann-Stiftung, die sich dafür aussprach, den Bestand an Kliniken in Deutschland auf etwa 600 große Versorger herunterzufahren, dass dies zwar überzogen, aber im Grunde richtig sei. Er meinte:

„Bei weniger Krankenhäusern hätten wir mehr Pflegekräfte, Ärzte und Erfahrung pro Bett und Patient und könnten auf überflüssige Eingriffe verzichten…Es darf keine Gewinnmaximierung durch Krankenhausschließungen geben.“ 

Lauterbach sprach zwar von der Notwendigkeit ländlicher Kliniken, doch das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur in den ländlichen Regionen werden Krankenhäuser geschlossen, sondern auch in den Großstädten (z. B. in Berlin, Vivantes, der Umzug soll bis 2025 abgeschlossen sein).

Minister Spahn betonte, dass es zu „keiner merklichen Verschlechterung der Versorgungslage“ kommen solle. Jedoch sollte die Erreichbarkeit der Krankenhäuser hinter die Qualität der Versorgung zurücktreten. Aber die meisten Patienten brauchen keine „Maximal­therapie“ , sondern medizinische Versorgung in der Nähe. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnen vor dieser Entwicklung.

Carl Waßmuth von der Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ sagt:

„Unsere Kernforderung lautet: Kein Krankenhaus darf mehr schließen… Meist werden die Kliniken in medizinische Versorgungszentren umgewandelt, sogenannte MVZ. Oder in Rehakliniken. Damit lässt sich mehr Geld verdienen als mit stationärer Behandlung in Krankenhäusern.“

Bereits 2019 wurden Finanzinvestoren im Bereich der MVZ aktiv. 2019 und im ersten Quartal 2020 ging etwa die Hälfte der Verkäufe an solche Unternehmen. So hält es die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) in einem „Transaktionsmonitor Gesundheitswesen“ fest. Auch im Reha-Sektor sind seit 2017 vermehrt große Private-Equity-Fonds aktiv.

Anzahl erfasster Transaktionen – Krankenhäuser und Fachkliniken

  • Gegenwärtig laufender Verkauf von sechs Malteser Kranken-häusern (1.550 Betten)
  • Erwerb der Rhön Kliniken (5 Einrichtungen, 5.300 Betten) durch Asklepios Anfang 2020
  • Erwerb von 10 % der Anteile an der Krankenhaussparte von Katharina Kasper ViaSalus (4 Krankenhäuser, 860 Betten) durch die Alexianer 06/2019
  • Kauf der Caritas Trägerge-sellschaft West (5 Einrich-tungen, 1.100 Betten) durch Josefs-Gesellschaft und Caritasverband des Bistums Aachen 05/2019
  • Verkauf der DRK Kliniken Berlin Brandenburg (4  Kranken-
                                                                                                                             häuser, 2.400 Betten) an die
                                                                                                                            KMG Kliniken im Zuge eines
                     
                                                                                                          Insolvenzverfahrens 03/2019

Besonders betroffen von Insolvenzen sind Krankenhäuser in freigemeinnütziger und vereinzelt auch öffentlicher Trägerschaft. Besondere Probleme der Kliniken sind in der Stagnation der Fallzahlen, der anhaltende Kampf um Fachkräfte und die Einführung der Pflegepersonal-untergrenze, der Fixkostendegressionsabschlag. Damit waren viele Krankenhäuser nicht mehr in der Lage, Investitionen zu finanzieren. Die Finanzinvestoren haben Plankrankenhäuser oder Krankenhäuser mit Versorgungsvertrag erworben (gem. §108SGBV), um MVZ-Strukturen aufzubauen. Und natürlich stellt die Bewältigung der Corona-Krise eine zusätzliche Herausforderung für Krankenhäuser dar. Um negative finanzielle Folgen der Corona-Krise abzufedern, verabschiedete der Bundesrat am 26 .März 2020 das COVID-19 Krankenhausentlastungsgesetz.

Die angeblich deutschlandweit ausreichenden 600 Krankenhäuser nach Empfehlung der Bertelsmann-Stiftung, dem Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung und der Robert-Bosch-Stiftung haben eventuell den Vorteil kostengünstiger zu arbeiten, Reduzierung des Verwaltungsaufwands durch Zusammenlegen von Verwaltungseinheiten, gemeinsam Knowhows zu nutzen, bessere Vertragskonditionen bei Pharmakonzernen und Medizintechnik auszuhandeln usw. Aber gerade in der Gesundheitsversorgung darf Ökonomie nicht die einzig relevante Größe sein.

Es muss nach wie vor überall auf kurzem Wege möglich sein, Patienten optimal stationär und ambulant zu versorgen. Mit den geplanten Einschränkungen ist dies keinesfalls mehr möglich.

Die Kluft zwischen Kommunalen und Privaten, zwischen Groß und Klein ist im vergangenen Jahr gewachsen. Den kleinen Krankenhäusern, die die Grundversorgung sichern, gewährt die Bundesregierung für frei gehaltene Kapazitäten für Corona-Patienten keine oder nur geringe Ausgleichszahlungen. Insolvenzen kleinerer Krankenhäuser mit Grund- und Regelversorgung werden damit von der Regierung billigend in Kauf genommen. Damit vollzieht sich besonders in den strukturschwachen Regionen eine Reduzierung der Krankenhäuser fast von selbst.

Zudem genießen die privaten Krankenhausbetreiber das besondere Privileg, dass sie unrentable Abteilungen schließen dürfen, ohne sich um die Versorgungslücke kümmern zu müssen.

Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung, gehörte von 2002 bis 2020 dem Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken an. Einen Interessenkonflikt, der aus dieser Personalunion möglicherweise entstanden sein könnte, schloss die Bertelsmann-Stiftung aus und teilte mit:

„Wir empfehlen nicht, bestimmte Kliniken zu schließen, sondern wir schlagen eine generelle Neuordnung der Krankenhausstruktur in Deutschland vor.“

Zumindest wurde seit 2005 eine Debatte über möglicherweise interessengeleitete Studien, über Lobbyismus und  Berater angestoßen.

Die Linke im Bundestag will die Finanzierung von Krankenhäusern grundlegend reformieren. Sie fordert, dass private Klinikkonzerne keine Gewinne mehr an Aktionäre ausschütten dürfen. Üblicherweise wurden in den vergangenen Jahren bei Sana, Helios, Asklepios und Rhön an die Anteilseigner Dividenden ausgezahlt. Dabei handelt es sich genaugenommen um Beiträge der Versicherten.

In den Geschäftsberichten der Krankenhäuser erscheint Ebit - Gewinn ohne Berücksichtigung von Zinsen und Steuern. 2011 lag das Ebit gesamt bei rund 710 Millionen Euro, 2012 bei rund 722 Millionen Euro. Im Jahr 2014 bereits bei 2,2 Milliarden. 2015 ging es dann ein wenig zurück, seitdem lagen die Summen aber immer über einer Milliarde.

Inzwischen ist auch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für Schließungen von Krankenhäusern. Es sollten Kosten reduziert werden, was mit den DRGs (Fallpauschalen) nicht erreicht wurde. Die angebliche Kostenexplosion sollte so kontrolliert werden können. In der Realität folgt nun die Leistung dem Geld, so werden beispielsweise mehr künstliche Kniegelenke eingesetzt, als irgendwo sonst in Europa.