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Mitglieder evangelischer Freikirchen

Fowid-Notiz: Die neuesten Zahlen des BEFG bestätigen, dass die Freikirchen kein Rückzugsort für ausgetretene EKD-Mitglieder sind. Ebenso wie die Neuapostolische Kirche (NAP) und die EKD sind die Kirchenaustritte hoch, die Mitglieder etwas überaltert, so dass die Mitgliederzahlen sich ebenfalls verringern. Falls nicht, hat das sehr spezielle Gründe.

Der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) in Deutschland K.d.ö.R. hat den typischen Sitz von Freikirchen und Evangelikalen, in ländlicher Umgebung, mit der Bundesgeschäftsstelle in 14641 Wustermark in Brandenburg, westlich von Berlin im Landkreis Havelland. Es ist der Zusammenschluss von rund 800 Gemeinden der Baptisten und des ChristusForum Deutschland (Sitz: Leipzig), mit 12 Landesverbänden, orientiert am festen Bibel-Glauben und der Missionierung.

Auf der Bundesratstagung in Kassel hat der BEFG seine Mitgliederstatistik für 2022 vorgestellt. Trotz eines Projekt:Revitalisierung, um „dem Abwärtstrend aktiv entgegenzuwirken“, verringern sich die Mitgliederzahlen weiterhin.

„Hier bestätige sich, was in einer stichprobenartigen Untersuchung vor zwei Jahren herausgekommen sei und was sich auch immer wieder in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Gemeinden zeige. „Da gibt es Menschen, die schon längst innerlich auf Abstand sind und den Gottesdiensten fernbleiben und deshalb austreten oder auch von der Gemeindeleitung aus dem Gemeindeverzeichnis gestrichen werden. Da gibt es Kontroversen über Sachfragen oder auch über die Ausrichtung der Gemeinde, und Menschen wollen den Weg nicht mehr mitgehen, weil ihnen die Gemeinde zu liberal ist oder zu konservativ. Andere schließen sich einer anderen, nicht bekenntnisverwandten Gemeinde an, was als Austritt zählt.“ Am Ende bildeten sich all diese ganz unterschiedlichen Geschichten und Entscheidungen, die sich an Orten in ganz Deutschland ereigneten, in der Bundesstatistik ab.“

Diese Verringerung der Mitgliederzahlen ist kein neues Phänomen. In der Zeitreihe seit 1997, die mit den Daten aus den Jahresberichten des BEFG und Daten von REMID erstellt wurden, zeigt sich seit 1997 ein kontinuierlicher Verlust an Mitgliedern.

Zu den Gründen der Verringerungen in den letzten drei Jahren (2020-2022), die besonders deutlich sind, wird auf die Erfahrungen während der Coronapandemie verwiesen (Jahresbericht 2020), dass man auch ohne Gemeinde leben kann.

„Überhaupt sind es oft Menschen, die sich schon lange aus der Gemeinde zurückgezogen haben, die gestrichen werden oder auf Nachfrage dann selbst austreten. Die Pandemie hat solche Entwicklungen oft nur beschleunigt: Menschen merkten in der gottesdienstfreien Zeit, dass sie auch ohne Gemeinde leben können. Andere fühlten sich in der kontaktarmen Zeit nicht ausreichend wahrgenommen und wendeten sich ab. Auch Stilfragen (etwa Wunsch nach mehr Liturgie) führten zum Wechsel in nichtbekenntnisverwandte Gemeinden, was in der Statistik als Austritt gezählt wird.“

Dieser Trend wird nur in den Jahren 2016/2017 ‚gebremst‘, es gibt sogar Steigerungen der Mitgliederzahlen, die aber einen sehr speziellen Grund haben. Dazu heißt es im Bericht zur Gemeindestatistik 2019:

„2016 und 2017, als die Mitgliederentwicklung stabil war, lag die Zahl der Taufen mit 2.692 und 2.140 jeweils deutlich höher als 2019. Dies war zu einem erheblichen Teil auf zahlreiche farsisprachige Menschen aus dem Iran und Afghanistan zurückzuführen, die in BEFG-Gemeinden zum christlichen Glauben gefunden hatten und sich taufen ließen.“

Mit anderen Worten, die Freikirchen haben, entsprechend ihrem Missionsauftrag („Wir taufen jeden!“) zahlreiche Asylbewerber aus dem Iran und Afghanistan getauft. Diese versprachen sich davon, nach den Erfahrungen der säkularen Flüchtlingshilfe Berlin, eine Verbesserung ihrer Anerkennung als Flüchtlinge in ihren Asylverfahren, wenn sie einen christlichen Taufschein vorlegten. Eine Praxis, die, wie die EKD 2018 feststellte „einer besonderen Sensibilität“ bedürfe. Allerdings hatte auch die Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz 2015/2015 rund 500 Flüchtlinge getauft und bundesweit sollen es mehr als 2.000 Täuflinge gewesen sein, die meisten aus dem Iran.

Im Bericht zur Gemeindestatistik 2020 wird auch noch ein anderer Aspekt des Mitgliederrückgangs deutlich, der in der Schweiz „stiller Kirchenaustritt“ genannt wird: Mitglieder, die umziehen, melden sich nicht in der neuen Gemeinde an.

„In den Prozentzahlen zu den Ab- und Zugängen nicht mitgerechnet sind die Überweisungen: Als Wechsel eines Mitglieds von einer BEFG-Gemeinde in eine andere stellen diese eine ergebnisneutrale Position dar, eigentlich. Denn auch 2020 sind wieder Menschen überwiesen worden, ohne in der Zielgemeinde angekommen zu sein. Dadurch hat der BEFG im vergangenen Jahr 102 Mitglieder verloren.“

Diese Zahlen der „Differenz bei der Überweisung“ (rechte Spalte) sind jedoch nur ein (zudem kleinerer) Teil der „Abgänge“. Bei den Verstorbenen (Abgang: Tod) fällt auf, dass diese Zahlen etwas höher sind, als zu erwarten ist. Für die Gesamtbevölkerung beträgt die Zahl der Sterbefälle 2021 insgesamt 1.023.687 Verstorbene. Das sind bei einer Bevölkerung von 83.237.124 Personen 1,2 Prozent. Geht man jedoch davon aus, dass die Baptisten (im Allgemeinen) erst nach dem 14. Lebensjahr getauft werden (können), so ist die Bevölkerung über 14 Jahre die ähnliche Bezugsgröße. Aber auch in dieser Bevölkerungsgruppe ist 2021 der Anteil der Verstorbenen (1,4 Prozent) niedriger als bei den BEFG-Mitgliedern (1,6 Prozent). Das ist moderat, spricht aber doch für eine gewisse ‚Überalterung‘.

Wie diese Statistik zusammenkommt, wird auch in einem Artikel: „Mitgliederlisten brauchen Pflege“ erläutert. Kern ist der Grundsatz: „Die Mitgliederliste sollte aus bekennenden Gläubigen bestehen, die aktiv in das Gemeindeleben involviert sind.“ Insofern sind die „Austritte“, ebenso wie die „Differenz bei Überweisung“ aktive Entscheidungen der bisherigen Mitglieder, während „Streichungen“ und „Ausschluss“ Entscheidungen des Gemeindevorstands sind. „Entlassungen“ sind, nach der § 4 Gemeinsatzung der EFG-Gemeinde Tempelhof, der direkte Wechsel zu einer anderen (bekenntnisverwandten) Gemeinde, entspricht also der „Zeugnis“ bei den Zugängen, während die Überweisungen eigene Entscheidungen bei Umzügen sind.

2021 belaufen sich die Zugänge (ohne die „Überweisungen“) auf 2.432 Personen, während die Abgänge (ohne die „Überweisungen“) sich auf 4.352 Mitglieder addieren.

Im Laufe der letzten zehn Jahre (2012-2022) haben die BEFG-Gemeinden 8.292 Mitglieder verloren, das sind zehn Prozent oder pro Jahr durch durchschnittlich ein Prozent. In den letzten fünf Jahren (2018-2022) hat sich diese Verringerung vergrößert: Von 1,46 und 1,18 Prozent (2018/2019) auf 3,13 (2020), 2,48 (2021) und 2,49 Prozent (2022).

Eine Entwicklung, wie sie auch für die Landeskirchen der EKD und die katholischen Bistümer gilt.

(CF)