Parteimitglieder und Konfessionen
Die Deutsche Parteimitgliederstudie 2009 über die bereits 2010 in der WELT berichtet wurde, und die Parteimitgliedsstudie der Universität Potsdam (1998) haben repräsentativ die Mitglieder der Parteien in Deutschland befragt. Es zeigt sich, dass die Parteimitglieder nicht die Zusammensetzung der Bevölkerung widerspiegeln.
Beide Befragungen liegen repräsentative Auswahlen von Parteimitgliedern zugrunde. 2009 wurden 17.000 Fragebogen verschickt, von denen 9.200 beantwortet wurden.
In dem Artikel „Wie sind die Parteien gesellschaftlich verankert?“*) untersucht Dr. Markus Klein, Professor für Politische Soziologie an der Universität Hannover, die Repräsentanz gesellschaftlicher Gruppen und Merkmale (Geschlecht, Alter, formale Bildung, Erwerbsstatus, berufliche Stellung, Gewerkschaftsmitglied, Konfessionszugehörigkeit) unter den Parteimitgliedern.
In den Medien hieß es als Quintessenz zur Repräsentanz gesellschaftlicher Gruppen, dass Parteimitglieder „männlich, alt, verbeamtet“ seien, also nicht repräsentativ für die Bevölkerung, da vor allem Jüngere und Frauen fehlen würden.
Konfessionszugehörigkeit
Hinsichtlich der Konfessionszugehörigkeit schreibt Markus Klein: „Mit Blick auf das religiöse Cleavage des deutschen Parteiensystems von besonderem Interesse ist die Konfessionszugehörigkeit (vgl. Abbildung 4.8). Hierbei zeigt sich zunächst, dass die konfessionelle Zusammensetzung der deutschen Parteimitglieder die Situation in der Gesamtbevölkerung nicht ganz spiegelbildlich reflektiert. So sind die Angehörigen der beiden christlichen Konfessionsgemeinschaften zusammen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung etwas überrepräsentiert (78 vs. 66 Prozent).
Deutlichere Unterschiede ergeben sich dabei zwischen den verschiedenen Parteien. Von den Mitgliedern der beiden Unionsparteien gehören jeweils über 90 Prozent einer der beiden großen christlichen Kirchen an, wobei die Katholiken deutlich überrepräsentiert sind: Unter den Mitgliedern der CSU liegt ihr Anteil bei 76 Prozent und unter den Mitgliedern der CDU bei 53 Prozent. Unter den Mitgliedern der SPD und der FDP hingegen bilden jeweils die Protestanten mit 48 bzw. 46 Prozent die Mehrheit. Der höchste Anteil von Konfessionslosen findet sich unter den Mitgliedern der Linken. Immerhin 79 Prozent von ihnen gehören keiner Kirche an. Unter den Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen beträgt dieser Anteil 42 Prozent, bei der SPD und der FDP sind es 26 bzw. 30 Prozent. Erstaunlich ist auch die große Stabilität in der konfessionellen Zusammensetzung der Parteimitgliedschaften zwischen 1998 und 2009. Größere Veränderungen gibt es nur bei der Linken: Während 1998 noch 97 Prozent der Mitglieder der damaligen PDS konfessionslos waren, gehören 2009 18 Prozent der Mitglieder der Linken einer christlichen Kirche an.“
Die Stabilität in der Konfessionszugehörigkeit ist bemerkenswert. In den 11 Jahren zwischen 1998 und 2009 bleibt die Zahl der Kirchenmitgliedern unter den Parteimitgliedern konstant bei 78 Prozent. In der Bevölkerung dagegen zeigt sich im gleichen Zeitraumein Rückgang der Kirchenmitglieder von 13 Prozentpunkten von 79 Prozent auf 66 Prozent.
Mit anderen Worten, die Veränderungen in der Bevölkerung finden in der Parteimitgliedschaft keine Entsprechung.
Vergleichsdaten
Im Unterschied dazu haben die Parteimitgliederstudien seit 1990 - von Prof. Dr. Oskar Niedermayer, am Otto-Stammer-Zentrums der Freien Universität Berlin – Daten erhoben und verwendet, die auf den Mitgliederkarteien der Parteien beruhen (Stand jeweils 31.12.), die von den Parteigeschäftsstellen autorisiert sind.
In den veröffentlichen Datenblättern gibt es in den Zeitreihen seit 1990 auch für die Jahre 1998/2000 und 2009 Daten für die CDU und die CSU:
Während die Anteile für die CSU (95,8 % und 93,7 %) recht genau übereinstimmen, ist der Anteil der Kirchenmitglieder für die CDU in der repräsentativen Studie 1998/2009 im Vergleich zu den Mitgliederstatistiken deutlich überhöht (1998: 5,3 Prozentpunkte, 2009: 10 Prozentpunkte).
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*) In: Tim Spier, Markus Klein, Ulrich von Alemann et al.: Parteimitglieder in Deutschland. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 2011, S. 39-59.