Frankreich: Die Effekte des Kopftuchverbots an Schulen
Fowid-Notiz: Seit 1994 kann in Frankreich das Tragen eines Kopftuchs an öffentlichen Schulen untersagt werden. Seit 2004 ist es generell nicht mehr erlaubt. Eine Studie hat nun untersucht, welche Auswirkungen das hat und kommt – unter Integrationsaspekten – zu einem positiven Ergebnis: Die Diversität werde gefördert, das Verbot wirke wie eine „Bildungsoffensive“ und fördere die Integration.
Eric Maurin und Nicolas Navarrete Hernandez befassen sich in der Endfassung ihrer empirischen Studie: “Behind the Veil: the Effect of Banning the Islamic Veil in Schools.“ (2022) mit den Auswirkungen des Kopftuchverbots an Schulen in Frankeich. Dazu schreiben sie:
„Der islamische Schleier ist in vielen westlichen Ländern ein Thema, das heftig umstritten ist. Es bleibt insbesondere die Frage offen, ob das Verbot des Schleiers in Schulen muslimische Schülerinnen daran hindert, am normalen Schulunterricht teilzunehmen, oder ob es eine Politik ist, die ihre Integration fördert. Wir beleuchten diese Frage durch eine Untersuchung der Auswirkungen des ministeriellen Runderlasses von 1994, der französische Schulen dazu verpflichtete, islamische Schleier zu verbieten. Wir zeigen, dass das Verbot mit einer deutlichen Verbesserung des Bildungsniveaus von Schülerinnen muslimischer Herkunft sowie mit einer Zunahme von Mischehen einherging.“
Bereits im Dezember 2019 waren die ersten Ergebnisse publiziert worden, über die entsprechend berichtet wurde („Auswirkungen des Kopftuchverbots an französischen Schulen“).
„Öffentliche Schulen in Frankreich können seit 1994 auf Betreiben des damaligen Bildungsministers ihren Schülerinnen das Tragen muslimischer Kopftücher verbieten. Seit 2004 ist ein generelles Verbot ‚deutlich sichtbarer religiöser Zeichen in Schulen‘ zudem gesetzlich verankert. […] Die Analyse zeigt, dass die Lücke zwischen muslimischen und nicht-muslimischen Mädchen beim Baccalauréat-Abschluss (vergleichbar mit dem Abitur) im relevanten Zeitraum deutlich geschrumpft ist, während bei Jungen keine parallele Entwicklung erkennbar ist. Daraus schließen die Autoren, dass das Kopftuchverbot einen direkten Beitrag zu mehr Chancengleichheit im Bildungssystem geleistet hat.“
Dazu schreiben die Autoren als Ergebnis:
„In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bildungsniveau von Schülerinnen aus muslimischen Familien in Frankreich dem von Schülerinnen aus nicht-muslimischen Familien deutlich angenähert. Unser Artikel zeigt, dass diese Annäherung im Wesentlichen mit der Einführung des Verbots des islamischen Schleiers in Schulen im Jahr 1994 zusammenfiel. In einem Land mit einer langjährigen säkularen Tradition scheint diese Regelung der neuen Generation von Frauen der muslimischen Gruppe dabei geholfen zu haben, die Scheidung zwischen ihrer Familien- und ihrer Gastkultur zu überwinden. Während gleichen Zeitraum hat sich das Bildungsgefälle zwischen männlichen Schülern aus muslimischen Familien und anderen männlichen Studenten der gleichen Jahrgänge fast genauso groß wie vor dreißig Jahren geblieben.“
Die Umsetzung des Verbots (2004) führte zu Kontroversen („Schülerinnen vom Unterricht ausgeschlossen“) und (2019) heißt es: „Laizismus in Frankreich - Die ‚Kopftuch-Affäre‘ geht weiter.“
(CF)