Bundesregierungen 1949-2021, nach Konfessionen
Die Auszählungen der Ministerposten nach Konfessionen in den 25 Bundeskabinetten seit 1949 zeigt deutlich den Unterschied zwischen CDU- bzw. SPD-geführten Bundesregierungen. Nur drei Bundesminister (der SPD) sind in den 72 Jahren eindeutig konfessionsfrei. Der hohe Anteil der Ministerinnen und Minister, die keine Angabe zu ihrer Konfession in ihrer offiziellen Biographie nennen, wirft Fragen hinsichtlich der Konfessionsfreien und der gelebten Religionsfreiheit in Deutschland auf.
Datengrundlage für die Auszählungen aller Mitglieder der Bundesregierungen seit 1949 ist der detaillierte Artikel auf wikipedia: „Liste der deutschen Bundesregierungen“, in dem die Mitglieder der einzelnen Bundeskabinette benannt werden. Für die Klärung der Konfessionszugehörigkeit war der erste Recherchekreis die Nennung in der Biographie des deutschen Bundestages zu den einzelnen Abgeordneten, z. B. von Olaf Scholz, MdB-SPD. War dort keine eindeutige Angabe zur Konfession bzw. Nicht-Konfession zu finden, war der zweite Recherchekreis die Informationen auf wikipedia, hier z. B. von Robert Habeck, MdB-Bündnis90/Die Grünen. Gab es dort keine Information zur Konfession war der dritte Recherchekreis auf Suchmaschinen nach „(Name)-Partei-Religion“ zu suchen, in Parteiarchiven, etc. und sich die ersten rund dreißig Ergebnisse anzuschauen. Daraus entstanden dann die in den folgenden Tabellen zusammengestellten Informationen.
Die Bundesregierungen
531 Ministerposten (einschließlich der 8 Bundeskanzler und 1 Bundeskanzlerin) wurden in den Jahren 1949 – 2021 besetzt. Auch wenn sich die CDU-geführten Kabinette von den SPD-geführten Kabinette konfessionell deutlich voneinander unterschieden, so sind es nach rund 70 Jahren Gesamtschau ebenso viele Ministerposten, die mit Katholiken bzw. Evangelischen besetzt wurden: 206 bzw. 205 oder jeweils 39 Prozent. Die Unterschiede lagen konfessionell vor allem bei den SPD-geführten Bundesregierungen, bei deren Ministerinnen und Ministern deutlich mehr „ohne Angabe“ einer Konfession genannt werden.
Dieser Unterschied ist in der grafischen Darstellung sofort zu erkennen. Man braucht nur auf die Länge der gelben Balken zu schauen, um die SPD-geführten Bundesregierungen zu erkennen.
Zählt man die Ministerposten getrennt nach Parteien aus, dann sind es bei den CDU/CSU-besetzten Ministerposten rund 95 Prozent, die katholisch (56,4 Prozent) oder evangelisch (38,2 Prozent) besetzt wurden. Andere Bekenntnisse oder Konfessionsfreie sind gar nicht vorhanden und „ohne Angabe“ sind marginale 5 Prozent.
Insofern spannt sich ein Bogen von Bundeskanzler Konrad Adenauer bis zur Bundeskanzlerin Merkel. Während die Kabinette Adenauers unter dem Vorbehalt des „Klerikalismus“ betrachtet wurden, steht Bundeskanzlerin Merkel u. a. auch für die ökumenischen Eröffnungsgottesdienste am Beginn der Legislaturperiode (hier 2013), zu der auch der Bundespräsident, der Bundestagspräsident, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesrates erscheinen (Hier 2017 und hier 2021). In ihre Amtszeit fallen auch die ökumenischen Gottesdienste vor der Bundesversammlung zur Wahl der Bundespräsidenten Gauck (hier März 2012) und Steinmeier (hier Februar 2017).
Im Zuge einer allgemeineren „Re-Christianisierung“ der deutschen Politik sind auch die Übergaben der „Friedenslichter aus Bethlehem“ (seit 1996, Amtszeit Kabinett Kohl IV) durch christliche Pfadfinder an Politiker zu sehen (hier im Dezember 2021) im BMI an Bundesinnenministerin Nancy Faeser oder (hier 2018) im BMI an Horst Seehofer, oder (2016) im BMFSfJ an Manuela Schwesig.
Auch das christliche „Adventssingen im Bundestag“ (hier 2019, hier 2012 und hier 2014) mit dem die Parlamentssitzungen vor Weihnachten „zum Jahresende ausklingen“ gehören dazu, „mit Posaunenklängen von den Emporen“. Eine „überfraktionelle Kulturinitiative“ lädt dazu ein. Betreut werden sie vom katholischen und evangelischen Lobbybüro, die das als Teil ihrer Seelsorge an den christlichen Parlamentariern und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehen. Diese „traditionelle Adventssingen“ hat aber nur eine kurze „Tradition“, seit 2007. Frau Merkel wurde 2005 Bundeskanzlerin. Seit ihrem Amtsantritt empfing sie jährlich im Bundeskanzleramt auch die „Sternsinger“ des Päpstlichen Kindermissionswerks. Auch wenn das bereits 1984 von Bundeskanzler Kohl implementiert wurde, so waren es drei christliche Bundeskanzler, die für solche politikbezogenen Traditionen sorgten.
„Der Empfang, den Kohl selber ganz termingerecht auf den 6. Januar 1984, das Dreikönigsfest, legte, wurde zu einem Selbstläufer. Beim ersten Mal kamen 106 Jungen und Mädchen aus neun deutschen Diözesen. Bald waren es Abordnungen aus allen westdeutschen Diözesen, auch einige Belgier. […] Ob Helmut Kohl (CDU), Gerhard Schröder (SPD) oder Angela Merkel. Bei keinem anderen Thema zeigen sich die drei so einer Meinung. Kohl nannte das Engagement ‚einfach großartig‘, Schröder fand die Idee toll, den Sternsingern den Friedensnobelpreis zu verleihen. Merkel lobte sie als ‚ganz wichtige Stimme für die Rechte von Kindern weltweit‘. Als sie Ende 2005 erstmals die jungen Gäste empfing, gestand sie, ‚schon ein bisschen aufgeregt‘ zu sein.“
Seit 1997 singen die „Heiligen Drei Könige“ auf Einladung des christlichen Bundespräsidenten Roman Herzog, seinerzeit im Beraterkreis des evangelischen Lobbybüros, auch im Bundespräsidialamt.
Bei den von der SPD besetzten Ministerposten sind es die Hälfte (51 Prozent), die von Katholiken (13,7 Prozent) bzw. Protestanten (37,7 Prozent) besetzt wurden. 45 Prozent der Ministerposten wurden von Politikern besetzt, die „keine Angabe“ zu ihrer Konfession machten, mit einem Gipfelpunkt im Kabinett Schröder I (ab 1998). Sechs Regierungspositionen wurden von drei konfessionsfreien Politikern besetzt (Käte Strobel, Walter Riester und Olaf Scholz).
Bei den von der FDP besetzten Ministerposten sind die Anteile am ausgeglichensten. 29 Prozent Katholiken, 36 Prozent Protestanten und 30 Prozent ohne Angabe der Konfession.
Bei den Ministerposten der Bündnis90/DieGrünen sind es mit 12 Ministern nur wenige, da sie nur in drei Kainetten Koalitionspartner waren. Der Schwerpunkt liegt dabei bei Ministerinnen bzw. Ministern (8 von 12 oder Zweidrittel), die öffentlich keine Angabe zu ihrer Konfession machen.
Berücksichtigt man auf der Regierungsebene für das Kabinett Scholz noch die 37 Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, so sind es 20 mit religiösem Bekenntnis (10 Evangelische, 7 Katholiken, 2 Muslime, 1 Alevitin = 54 Prozent) sowie 16 „ohne Angabe“ (= 43 Prozent). Einer ist „konfessionslos“.
In einer Zusammenfassung von Kanzler, Ministern und Staatssekretären bleibt es bei diesen Größenordnungen. Die Hälfte (52 Prozent) nennt ein religiöses Bekenntnis, die andere Hälfte (48 Prozent) macht keine Angabe bzw. nur zwei Amtsträger geben an „konfessionslos“ zu sein (Kanzler Olaf Scholz und der Staatsminister im Kanzleramt, Carsten Schneider).
„Konfessionslose“?
Nach der Vereidigung des Kabinetts der Regierung Scholz titelten Medien, wie der Tagesspiegel: „‘So wahr mir Gott helfe‘ war einmal. Das Kabinett der Konfessionslosen – was folgt daraus?“ Dazu hieß es, als Aufzählung der „Konfessionslosen“:
„Im neuen Ampel-Kabinett stellen Konfessionslose so viele Minister wie nie zuvor. Ohne offizielle Kirchenbindung sind neben Scholz auch Christian Lindner (Finanzen), Robert Habeck (Wirtschaft und Klimaschutz), Karl Lauterbach (Gesundheit), Svenja Schulze (Entwicklung), Anne Spiegel (Familie) und Steffi Lemke (Umwelt). Mit Cem Özdemir (Landwirtschaft) ist auch ein „säkularer Muslim“ vertreten. So bezeichnet er sich selbst.“
Diese Kommunikationen kann man aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Einer ist heiter-ironisch, da man es so sehen kann, dass sich die Palette der religionsbezogenen Kategorisierungen in der persönlichen Praxis von Kombinationen deutlich erweitert. Der konfessionslose Bundesminister und Vizekanzler Habeck nennt sich selbst einen „säkularen Christen“, die Bundesminister Lindner und Lauterbach (Formaler Kirchenaustritt und Gottesformel im Amtseid) wären demnach „Konfessionslose Katholiken“. Lauterbach ist als Protest gegen den Klerus und die bisherige Missbrauchsaufarbeitung aus der katholischen Kirche ausgetreten und schließt nichts aus, wieder einzutreten.Die Auß enministerin Baerbock (EKD-Kirchenmitglied und kein Gottesbezug im Amtseid) wäre eine „Evangelische Säkulare“? Cem Özdemir, eigentlich ein Alevit, versteht sich als „säkularer Muslim“, der zusammen mit anderen die „Initiative säkularer Islam“ begründet hat. Nach fowid-Terminologie wäre er (wenn er sich selber Muslim und nicht Alevit nennt) ein „Kultur-Muslim“ (Keine persönliche Religionspraxis). Einzig Bundeskanzler Scholz ist schlicht und eindeutig: „Konfessionslos“. Das Jahr seines Kirchenaustritts ist nicht genannt. Allerdings benennt er das weder im BT-Handbuch der 14. WP, noch in den weiteren bis zur 17. WP. Erst im aktuellen BT-Handbuch (2021-2025) findet sich der Eintrag „konfessionslos“.
Wer sich als „konfessionslos“ bezeichnet, verwendet dabei den melderechtlichen Begriff, der allerdings christlich kontaminiert ist, da er beinhaltet, dass denjenigen, die kein Kirchenmitglied (mehr) sind oder es niemals waren, etwas fehlen würde, im Sinne etwa von ehrlos oder schutzlos. Die so christlich diskriminierten „Konfessionslosen“ bevorzugen selber weitgehend den Begriff der „Konfessionsfreien“, um damit zu sagen, dass ihnen nichts fehlt, im Gegenteil, dass sie frei von einer Konfession sind. Das wiederum kann Christen diskriminieren, da implizit damit gesagt wird, dass ein religiöses Bekenntnis so etwas wie eine Art Virus oder Bazillus sei, von dem man selber frei sei. Neutralere Begriffe könnten „religiös“ bzw. „säkular“ sein.
Amtseid ohne Gottesbezug
Der „Verzicht“ auf einen Gottesbezug im Amtseid besagt noch nichts aus über die persönliche religiöse Einstellung. So hat der frühere Präses der Synode der EKD – also der ranghöchste Nicht-Kleriker in der EKD –, Jürgen Schmude, bei seiner Vereidigung als Bundesjustizminister, auch keine religiöse Formel gesprochen.
„Jesus hat in der Bergpredigt größte Bedenken gegen den Eid als solchen und insbesondere gegen die Anrufung des Namens Gottes beim Schwören erhoben. „Ihr habt weiter gehört, dass zu den Alten gesagt ist (3.Mose 19,12; 4.Mose 30,3): »Du sollst keinen falschen Eid schwören und sollst dem Herrn deinen Eid halten.« Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron; … Eure Rede sei Ja Ja, Nein Nein. Was darüber hinausgeht, ist von Übel.“ sagt Jesus in der Bergpredigt (Die Bibel: Matthäus 5,33ff) Der frühere Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Jürgen Schmude (SPD), hat darum aus theologischen Gründen bei seiner Vereidigung als Bundesjustizminister auf die religiöse Eidesformel verzichtet.“
Und Gerhard Schröder, der 1998 seinen Amtseid als Bundeskanzler ebenfalls ohne Gottesbezug gesprochen hatte? Er nannte dafür ebenfalls eine religiöse Begründung.
„Als bislang einziger Bundeskanzler verzichtete Gerhard Schröder (SPD) bei seinen Vereidigungen auf den Gottesbezug. 1998 löste dies eine breite gesellschaftliche Diskussion aus; die Gottlosen hätten nun das Ruder übernommen, hieß es, Religion werde vollends aus dem öffentlichen Raum gedrängt. Der damalige Erfurter Bischof Joachim Wanke gab zu bedenken, dass mit der fehlenden Rückbindung an eine transzendente Instanz auch andere ‚letzte Überzeugungen‘ verloren gingen.
Schröder selbst begründete seinen Verzicht auf den Gottesbezug indes mit dem Hinweis, der Glaube sei Privatsache. Schon als Ministerpräsident von Niedersachsen hatte er – obwohl Mitglied der evangelischen Kirche – die religiöse Formel bei den Vereidigungen vor dem Parlament weggelassen und sich dabei auch auf die Bergpredigt berufen. Dort heißt es: ‚Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde‘ (Mt 5,34f.).“
„Ohne Angaben“?
Sowohl in den Auszählungen zum Bundestag wie auch zu den Bundesregierungen hat sich gezeigt, dass der Anteil der MdBs bzw. der Minister in SPD-geführten Bundesregierungen ohne Nennung einer Konfession (mit 34 bzw. 47 Prozent) auffallend hoch ist.
Ohne Frage, und grundgesetzlich verankert, ist niemand in Deutschland verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren.
„Art. 140 GG, i.V. m. Art. 136 WRV
(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.
(2) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis.
(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschaft zu fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert.“
Das sind Kernelemente der Religionsfreiheit. Wenn also die seinerzeitige Bundesfamilienministerin, dann Bundesjustizministerin und seit Juli 2019 Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, auf die Frage nach ihrer Religionszugehörigkeit antwortet, dass sei ihre „Privatangelegenheit“, so würde das einen Sinn machen, wenn es in einer Gesellschaft wäre, in der die Religionszugehörigkeit tatsächlich eine Privatangelegenheit von jedermann sei. Das ist in Deutschland jedoch nicht der Fall.
Durch den 1933 von den Nationalsozialisten angeordnete Eintragung der Religionszugehörigkeit auf den Lohnsteuerkarten, wird die Religionszugehörigkeit einer Mehrzahl von Personen zugänglich gemacht, wie z.B. dem Arbeitgeber, wozu er nicht berechtigt ist. Auf Klagen gegen diesen Eintrag hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Rechtsbruch nur marginal und zur effizienten Abwicklung des staatlichen Inkassos der Kirchensteuer nützlich und deshalb hinzunehmen sei.
Es wird seitens der Kirchen genau beobachtet, wer beispielsweise den Amtseid als Mitglied der Bundesregierung nicht mit einer religiösen Schlussformel spricht.
„Neben Gerhard Schröder haben in der Geschichte der Bundesrepublik nur wenige andere Bundespolitiker auf diese Bindung verzichtet. Einer der ersten war 1969 der SPD-Arbeitsminister Walter Ahrendt; fünf Jahre später sprachen neben Ahrendt auch Werner Maihofer und Josef Ertl von der FDP den Eid ohne Gottesbezug. 1998, beim Start der ersten rot-grünen Bundesregierung, folgten sieben Minister Schröders Vorbild und sprachen den Schlusssatz nicht, darunter Oskar Lafontaine, Joschka Fischer und Jürgen Trittin. Einen ‚Trend‘ konnten SPD und Grüne damit jedoch nicht setzen: 2013 fügten alle Minister der damaligen Großen Koalition ihrem Eid wieder den Zusatz ‚So wahr mir Gott helfe‘ an.“
Dieser genauen Beobachtung aller (vermeintlich) säkularen Ereignisse entspricht auch die soziale Kontrolle in ländlichen Regionen und Kleinstädten, im Sinne einer strukturellen Gewalt, dass die individuelle Wahrnehmung der negativen Religionsfreiheit, z. B. durch einen Kirchenaustritt, die soziale Ausgrenzung nach sich ziehe. Selbständige und Freiberufler befürchten die Vernichtung ihrer beruflichen Existenz.
In dieser Hinsicht wird das Schweigen zu einem Verschweigen. Warum? Um persönliche oder politische Probleme oder Konsequenzen zu vermeiden?
Vizekanzler Robert Habeck bezeichnet sich (2019) selber als „säkularer Christ“ und entschuldigt sich dafür, dass er nicht an Gott glaubt.
„Habeck hatte neulich in einem Interview der ‚Bild‘-Zeitung gesagt, er habe zu viele Philosophen gelesen, um an Gott glauben zu können. Dazu erklärte er in ‚Christ und Welt‘ [im Juni 2019]: „Ich wollte mit diesem Satz niemanden provozieren oder zu nahe treten. Es tut mir Leid, dass dieser Eindruck entstanden ist.“
Das ist keine Religionsfreiheit, die auch die Freiheit umfasst, nicht an einen Gott zu glauben oder zumindest nicht an einen ‚falschen‘.
Die Bundestagsverwaltung schreibt im Datenhandbuch zu den MdBs, um voreiligen Vereinnahmungen vorzubeugen, dass die „Ohne Angabe“ keine inhaltlichen Schlussfolgerungen zulasse.
„Die Rubrik ‚Ohne Angabe‘ lässt nicht den Schluss zu, dass die hier erfassten Abgeordneten keiner Religionsgemeinschaft oder Konfession angehören.“
Allerdings ist dazu anzumerken, dass diese Warnung zwar von der Sache her richtig ist, aber in einem Staatswesen, in dem Religionsfreiheit besteht, ist es dann eine Tatsache, dass diese MdBs ihre Religionszugehörigkeit oder Konfessionsfreiheit als Privatangelegenheit betrachten, die sie nicht in die Öffentlichkeit tragen wollen. Das allerdings heißt, dass sie, falls sie einer Religionsgemeinschaft angehören, sich nicht öffentlich dazu „bekennen“, wie es zumindest von den Religionsfunktionären gefordert wird, die eine Auffassung, dass Religion eine Privatangelegenheit sei, schlicht ablehnen.
Es gibt keinen Anlass, warum Katholiken oder Evangelische ihre Religionszugehörigkeit verschweigen sollten. Dafür spricht auch, dass von den 280 CDU-Ministern der Bundesregierungen seit 1949 (Vgl. Tab. 2.1.) nur 15 keine Angabe zu ihrer Religionszugehörigkeit veröffentlichen.
Schweigsam sind jedoch nicht nur die Konfessionsfreien, sondern auch – unter den Staatssekretären – zwei Politiker (Cansel Kiziltepe und Mahmut Özdemir), die im BT-Handbuch in ihrer Biographie „ohne Angabe“ bleiben, aber, wie eine einfache Recherche ergibt, aktive Muslime sind, da sie den AK Muslime in der SPD mitbegründet haben. Was für eine Karriere in der Partei förderlich sein kann, wird gegenüber der Öffentlichkeit und den Wählerinnen und Wählern verschwiegen?
Das alles sind keine guten Zeichen für eine gelebte Religionsfreiheit in Deutschland. Auch wenn die Konfessionsfreien weltweit dazu neigen, sich nicht zu organisieren und keine Gemeinschaftsrituale zu entwickeln, so geraten sie durch ihr Schweigen im Bundestag und in der Bundesregierung gegenüber den christlichen Organisationen und ihren ritualisierten Traditionen, die auch erfolgreich und mediengerecht für die bereits angesprochene Re-Christianisierung des politischen Raums genutzt werden, ins Hintertreffen.
Carsten Frerk.