Einfluss der Kirchen auf Politik, 2009
Die Konrad-Adenauer-Stiftung führte 2009 eine repräsentative Bevölkerungsumfrage durch, um herauszufinden, welchen Einfluss konfesionelle Bindungen auf das Wahlverhalten haben, bzw. was die Wähler an Einflüssen der Kirchen auf die Politik erwarten.
Die Institution Kirche meldet sich recht häufig zu vielen politischen Themen zu Wort, besonders dann, wenn sie Konfrontationen mit dem Glauben vermuten. So sind Familie, Soziales, Bildung und Forschung immer wieder Themen, die die Spannungen zwischen Politik und Kirchen verdeutlichen.
Interessant ist jedoch, wie die Bürger die Rolle der Kirchen einschätzen. In der Umfrage wurde nach unterschiedlichen Dimensionen des Einflusses von Religion auf die Politik gefragt. Insgesamt ist die Mehrheit nicht für einen größeren Einfluss der Kirchen auf die Politik. Die Befragten sprechen sich für eine klare Trennung von Kirche und Politik aus. Immerhin wollen ca. 70 Prozent der Befragten keine religiös Überzeugten in öffentlichen Ämtern, bei CDU/CSU – Anhängern sind dies noch 61 Prozent, bei den Linken 85 Prozent.
Der Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage aus dem Jahr 1998 fällt deutlich aus.
Wenig Zustimmung erhält auch die Frage, ob die Kirchen mehr Einfluss auf die CDU/CSU nehmen sollten. „Die Standpunkte der Kirchen sollten in der CDU ein stärkeres Gewicht haben” befürworten lediglich 27 Prozent. 66 Prozent sprechen sich dagegen aus. Auch im CDU-Wählerpotential findet sich hierfür keine Mehrheit, nur 38 Prozent der CDU-Anhänger erwarten ein stärkeres Gewicht der kirchlichen Standpunkte. Im Vergleich zum Jahr 2002 ist auch bei den CDU-Wählern die Ablehnung des Einflusses der Kirchen auf die Partei gestiegen. Während 2002 ca. 49 Prozent der CDU-Anhänger einen größeren Einfluss ablehnten, sind es 2009 ca. 59 Prozent. Einen stärkeren Einfluss der kirchlichen Standpunkte in der CDU begrüßten 45 Prozent im Jahr 2002, sieben Jahre später nur noch 38 Prozent.
In der Studie wird ebenfalls deutlich, dass ältere Befragte, insbesondere die über 60-jährigen Frauen, den Einfluss der Kirchen auf die Politik mehr akzeptieren. Noch größer ist der Unterschied bei der Frage, ob mehr religiös orientierte in öffentliche Ämter sollten. Ca. 41 Prozent der älteren Frauen (über 60 Jahre) würden dies begrüßen, während nur 14 Prozent der 18 bis 34-jährigen Männer dafür sind. Aber auch bei den konfessionell gebundenen Wählern, sind es nur 36 Prozent der Katholiken, die sich mehr Menschen mit starker religiöser Orientierung in der Politik wünschen. Bei den Konfessionslosen sind es gerade mal acht Prozent. Augenfällig wird auch, dass Konfessionslose den Einfluss der Kirchen auf die Politik oder in der CDU/CSU sehr deutlich ablehnen.
Inzwischen ist es nicht mehr so wichtig, ob es Protestanten oder Katholiken sind. Die Einstellungen ähneln sich inzwischen sehr. Bei geringerer Bindung an die Kirchen ist die Ablehnung der Befragten beider Konfessionen auf politischen Einfluss größer. Ca. 73 Prozent der Katholiken und 66 Prozent der Evangelischen mit starker Kirchenbindung stimmen zu, wenn es um mehr religiöse Menschen in öffentlichen Ämtern geht. Bei den kirchenfernen Katholiken und Protestanten sind es nur 15 bzw. 17 Prozent. Die Einstellungen der evangelischen und katholischen Kirchenfernen (gemessen an der Häufigkeit des Gottesdienstbesuchs) kommen damit den Konfessionslosen sehr nahe.
Es gibt in keiner Gruppe eine Mehrheit für einen größeren Einfluss von Kirchen und kein Bedürfnis nach einer stärkeren Repräsentation von Personen mit religiösen Einstellungen. Selbst bei den CDU/CSU-Wählern sind es nur 37 Prozent, die sich mehr Amtsinhaber mit starken religiösen Überzeugungen wünschen und 33 Prozent, die einen stärkeren Einfluss auf Entscheidungen der Bundesregierung begrüßen. Bei der Frage nach der stärkeren Wichtung religiöser Themen in der Poltik sind es ebenfalls nur 38 Prozent
Bei der Frage nach der künftigen Bedeutung der Religion für die Menschen in Deutschland erwarten die meisten keine Veränderung. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) erwarten keine Änderungen, ca. ein Fünftel (21 Prozent) vermuten, Religion würde wichtiger, und ein knappes Viertel (23 Prozent) erwarten eher einen Bedeutungsverlust.
Die repräsentative, telefonische Befragung zu diesen Daten fand durch die Forschungsgruppe Wahlen der Konrad-Adenauer-Stiftung in einer Zeit statt, als Margot Käßmann noch nicht als EKD-Vorsitzende zurückgetreten war und die Debatte um die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche noch nicht in Gang gesetzt wurde.
Quellen:
- Konrad-Adenauer Stiftung 2012, „Religion, Kirchen und Gesellschaft” ; Umfrage zwischen 7. und 17. Dezember 2009, Anzahl der Interviews in den alten Bundesländern 2006 und in den neuen Ländern 986
- Allbus Nr. 3700, 2002, Zentralarchiv für empirische Sozialforschung an der Universität Köln
- Bernhard Vogel (Hrsg.), Religion und Politik. Ergebnisse und Analysen einer Umfrage, Freiburg im Breisgau, 2003.