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Gestorbene und kirchliche Bestattungen

Fowid-Statistikbeobachter: Die Anzahl der kirchlichen Bestattungen verringert sich kontinuierlich: 2020 wurden erstmalig weniger als die Hälfte der Gestorbenen in Deutschland (49,7 Prozent) kirchlich bestattet, zwei Jahre bevor die Anzahl der Kirchenmitglieder unter 50 Prozent der Bevölkerung sank. Eine scheinbare Parallelität, hinter der sich jedoch erheblich mehr verbirgt, als es bereits diese Zahlen annehmen lassen: die ‚stillen Kirchenaustritte‘, dass Kirchenmitglieder sich zunehmend nicht mehr kirchlich bestatten lassen und damit auch in der Kirchenstatistik ‚unsichtbar‘ bleiben.

1. Datenquellen
2. Feststellungen
3. Bestattungsquoten
4. Nachbemerkungen
5. Stille Kirchenaustritte

1. Datenquellen

- Gestorbene (Statistisches Bundesamt, Tabelle 12613, Statistik der Sterbefälle),
- Bestattungen: Katholisch = Eckdaten des Kirchlichen Lebens z. B. 2022,
- Bestattungen Evangelisch: „Statistik über die Äußerungen des kirchlichen Lebens im Jahr…“, z. B. 2021.
- Sterbefälle-Evangelisch: Pressemitteilung.
- Verstorbene / Bestattungen im Erzbistum Köln: „Kirchenstatistik im Erzbistum Köln“ sowie Daten 1980 – 2022.
- Bistum Essen: Verstorbene (z.B. Pressemitteilungen 2019) und Bestattungen (Jahresstatistiken, z. B. 2022).

2. Feststellungen

Im August 2022 meldete Aeternitas: „Anteil kirchlicher Bestattungen unter 50 Prozent gesunken“, ‚Kirche und Leben‘ übernahm, mit dem Hinweis: „Im Jahr 2000 lag Anteil noch bei 71,5 Prozent.“

Da erscheint es nun naheliegend, die Anteile der Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung und die Anteile der kirchlichen Bestattungen an allen Verstorbenen über die Jahre nebeneinander zu setzen: Ja, sie haben den gleichen Verlauf – sie sinken gemeinsam, quasi parallel miteinander.

Das ist allerdings nur oberflächlich und auf den ersten Blick richtig, denn es würde voraussetzen, dass Kirchenmitglieder/Bevölkerung und kirchliche Bestattungen/Gestorbene zumindest vergleichbare Größenordnungen als Bezug haben. Das ist jedoch nicht der Fall.

Ein Blick auf die Altersverteilung der Bevölkerung und dem Anteil der Kirchenmitglieder zeigt, dass die Bevölkerung in den älteren Jahrgängen Anteile von weit über 50 Prozent an Kirchenmitgliedern haben. In der „2060-Studie“ (David Gutmann, Fabian Peters: #projektion2060 - Die Freiburger Studie zu Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuer, S. 62) wird das als Grafik dargestellt. Es wäre also zu erwarten, dass der Anteil der kirchlichen Bestattungen bei etwa 70 Prozent liegt. Das tut er aber bekanntlich nicht. Warum?

3. Bestattungsquoten

Bis 2012 wurde bei den Geburten, den Heiraten und bei den Verstorbenen, in der Fachsprache „Sterbefälle“, noch die Religionszugehörigkeit erfasst. Damit ließen sich (bis 2012) die kirchlichen Bestattungsquoten errechnen. Mit „Bestattungsquote“ ist der Anteil der Kirchenmitglieder gemeint, die sich auch kirchlich haben bestatten lassen.

Berechnet man die Veränderung der Bestattungsziffern von 2003 bis 2012, so sinkt die evangelische Bestattungsquote jeweils um 6,2 Prozentpunkte von 86,9 auf 80,7 Prozent, die katholische Bestattungsquote um 6,1 Prozentpunkte von 92,2 auf 86,1 Prozent, gemeinsam im Mittel um 6,2 Prozentpunkte von 89,3 auf 83,1 Prozent. Projiziert man diese Veränderung auf die folgenden zehn Jahre (2013 – 2022) so würde eine Verringerung um 6,2 Prozentpunkte bedeuten, dass die Bestattungsquote bei rund 77 Prozent läge, was jedoch noch zu hoch ist.

In den Darstellungen der Kirchen heißt es zu der Thematik, wenn sie überhaupt angesprochen wird: „Bei der Zahl der Bestattungen ist zu berücksichtigen, dass ihre Zahl nicht identisch ist mit der Zahl der Sterbefälle der Katholiken.“ So heißt es in der Kirchenstatistik 2020 des Erzbistums Köln etwas unspezifisch, dass die Zahl der Bestattungen „leicht gesunken“ sei.

„Die Zahl der kirchlichen Bestattungen ist 2020 gegenüber dem Vorjahr leicht auf 18.547 gesunken (18.722). Die Differenz zu den Sterbefällen kommt dadurch zustande, dass nicht alle verstorbenen Katholiken auch katholisch bestattet wurden.“

Allerdings gibt es generelle Einschätzungen, z. B. im Finanzbericht für 2014:

„Die Entwicklung der Mitgliederzahl ist rückläufig. Dazu trägt insbesondere der demografische Wandel bei. So übersteigt die Zahl der Sterbefälle die Anzahl der Taufen regelmäßig um das 1,4- bis 1,5-fache. Im Berichtsjahr 2014 wurden im Erzbistum 14.024 Taufen gefeiert, dem standen 19.711 Sterbefälle gegenüber.“

Diese Angabe von 19.711 Sterbefällen wird (im gleichen Bericht) auch als „Bestattungen“ genannt. Das Gleiche ist für 2013 festzustellen, dass für die „Bestattungen“ und die „Sterbefälle“ die gleiche Zahl genannt wird. Entsprechend den Statistiken der Deutschen Bischofskonferenz (hier „Zahlen und Fakten“ für 2014) sind es tatsächlich die „Bestattungen“.

Das Eigenartige an den Daten ist, dass sie nicht jeweils zusammen genannt werden. Die Zahl der Verstorbenen Katholiken/EKD-Mitglieder wird in Pressemitteilungen genannt, die Zahl der kirchlichen Bestattungen in der Kirchenstatistik. Erstaunlich ist dabei z.B., dass die EKD im März 2023 bereits die Zahl der Sterbefälle 2022 als epd-News nennt, aber die Zahl der Bestattungen in 2022 erst voraussichtlich 2024 nennen wird. Nun könnte man vielleicht meinen, dass eine ist eine staatliche Statistik, das andere eine kircheneigene Statistik und es ist nicht Aufgabe der Kirchen staatliche Statistikdaten zu verbreiten. Allerdings werden die staatlichen Zahlen in anderen Zusammenhängen sehr wohl verwendet. Will man diese Defizite der stetig sinkenden Bestattungsquoten also ‚unter Verschluss‘ halten?

Nach einer Umfrage von ‚Kirche-und-Leben.de‘ in NRW-Bistümern sind diese Daten intern jedoch bekannt: „Ein Drittel der verstorbenen Katholiken ohne kirchliches Begräbnis“.

„In Nordrhein-Westfalen geht die Zahl kirchlicher Begräbnisse verstorbener Katholiken zurück. Eine Umfrage des Online-Portals ‚Kirche+Leben‘ unter den fünf katholischen Bistümern des Landes ergab, dass etwa ein Drittel der verstorbenen Kirchenmitglieder nicht katholisch beerdigt werden. Für das Jahr 2020 lag der Anteil im Erzbistum Köln bei 32 Prozent (2018: 27 Prozent), im Bistum Essen bei 35 Prozent (2018: 30 Prozent), im nordrhein-westfälischen Teil des Bistums Münster bei 22,8 Prozent (2011: 14,4 Prozent), im niedersächsischen Teil bei 20 Prozent. Zahlen zu den Bistümern Aachen und Paderborn fehlen, da dort nach Auskunft der Pressestellen gegenüber ‚Kirche+Leben‘ lediglich die Zahl der Beisetzungen, nicht aber die Zahl der katholischen Verstorbenen erhoben wird.“

Aus den wenigen öffentlich genannten Angaben zu Gestorbenen/Bestattungen der letzten Jahre zeigt sich, dass der Trend aus den Zahlen bis 2012 (vgl. Tabelle 3) sich nicht nur verstetigt, sondern sich auch noch verstärkt hat: Die Bestattungsquote liegt – nach diesen drei Datenquellen – bei rund 66 Prozent.

In Fortführung der oben genannten Daten lässt sich nun feststellen: Durch Multiplikation beider Prozentwerte (Anteil der Kirchenmitglieder unter den Verstorbenen mal Bestattungsquote der Kirchenmitglieder) lässt sich der Anteil der kirchlichen Bestattungen an den Verstorbenen insgesamt berechnen. Bei 75 Prozent Anteil Kirchenmitglieder und 66 Prozent Bestattungsquote kommt man auf genau 50 Prozent. Bei einem Anteil von 70 Prozent Kirchenmitgliedern an den Verstorbenen kommt man auf 46 Prozent. Der Wert von 48,2 Prozent (Tabelle 1) liegt also genau in dem zu erwartenden Bereich.

Gegenüber 2012, als die Bestattungsquote beider Kirchen sich auf 83,1 Prozent belief, bedeutet der Anteil von 66 Prozent, dass in den Jahren 2013 – 2022 rund 17 Prozentpunkte Verluste eintraten und pro Jahr statt 0,62 Prozentpunkte (2003 – 2012) es nun im Mittel jährlich 1,7 Prozentpunkte (2013-2022) Verringerung der Bestattungsquote sind. Eine Tendenz, die sich auch bei den Kirchenausritten zeigt.

Mit anderen Worten: Offenbar lassen sich mittlerweile nur noch rund zwei Drittel (rund 66 Prozent) der verstorbenen Kirchenmitglieder auch kirchlich bestatten.

4. Nachbemerkungen

Egal welcher Religion oder Glaubens oder als Atheist – Sterben ist allen Menschen gemeinsam. Es fällt jedoch auf, dass so gut wie alle Religionen die reale Welt – in der wir leben –, insgesamt als leidvoll bewerten. Christlich heißt das: „Die Erde ist ein Jammertal.“ Wer würde sich auch sonst für die „Verheißungen eines Lebens nach dem Tode“, für die „Verlockungen des Paradieses“ interessieren, wenn es einem hier in der Welt eigentlich ganz gut geht? Die Theologin und seinerzeitige Bischöfin Margot Käßmann hat ihre Sicht des Todes dezidiert benannt, ein Doppelpunkt:

„Er ist für mich kein Punkt, sondern ein Doppelpunkt. Ich bin davon überzeugt, dass nach dem Tod noch etwas kommt. Die Bibel sagt übrigens gar nicht so viel darüber, was das ist, aber sie sagt: Da werden alle Tränen abgewischt sein und Not, Leid, Geschrei werden ein Ende haben. Das ist die Auferstehungshoffnung, mit der ich lebe.“

Aber was bedeutet es, wenn eine Umfrage besagt: „Mehrheit der Deutschen glaubt nicht an Leben nach dem Tod“:

„38 Prozent der Menschen [glauben] an ein Leben nach dem Tod, 55 Prozent glauben dies nicht.“ Aber das sind vermutlich nicht die einzigen Gründe, als Kirchenmitglied auf eine kirchliche Bestattung zu verzichten. ‚Kirche und Leben‘ hat einen Liturgiewissenschaftler befragt: „Warum wollen viele Katholiken keine katholische Beerdigung, Herr Odenthal?“

Die Antwort beschreibt Beobachtungen über problematische Erfahrungen und Situationen des kirchlichen Alltags, die auch mit dem Priestermangel zu tun hätten.

„Das gemeindliche Milieu, in das bis vor wenigen Jahrzehnten Bestattungen eingebunden waren, existiert nicht mehr. Dazu kommen zunehmend problematische Erfahrungen, die ihre Gründe wiederum in der kirchlichen Situation haben.
Woran denken Sie konkret?
Da fallen mir aus der jüngsten Zeit einige Erlebnisse ein – und bitte verstehen Sie das nicht als Vorwurf, sondern schlicht als Beobachtung. Zum Beispiel: Ein Priester nennt während der ganzen Trauerfeier ständig einen falschen Namen des Verstorbenen, geht aber an keiner Stelle auf dessen Lebenslauf ein. Oder: Bei einer Beerdigung auf dem Friedhof fehlt Weihwasser, weil alle Folgedienste wie etwa der Küster weggekürzt sind. Oder: Ein Geistlicher watscht die Trauernden ab, weil sie nicht mehr wissen, wann sie stehen oder sitzen sollen. Dazu kommt ein völlig ambivalenzfreies Auferstehungsgerede, so als wäre Sterben ein Sonntags-Nachmittags-Spaziergang und nicht die radikale Anfrage an uns selbst. Da ist doch manches nur belanglos, was zudem keinen Raum für Trauer zulässt. Klar ist auch: Als ich selber Kaplan war, gab es vier bis sechs Beerdigungen in der Woche. Da konnte ich noch Hausbesuche machen, individuelle Ansprachen vorbereiten. Meine damalige Stelle ist ersatzlos gestrichen. Wir haben es also auch mit einer maßlosen Überforderung des Seelsorgepersonals zu tun.“

Und, in einer Chrismon-Umfrage aus dem Jahr 2016 zeigt sich, dass mit steigendem Lebensalter die Befragten (60-Jährige und ältere zu 49 Prozent) zudem sagen: „Es kommt nichts mehr“. Was heißt, man kann einem Sterbenden keine Angst mehr damit machen, dass man in eine „Hölle“ kommen würde: Wenn nichts mehr kommt, dann auch keine Strafen oder Belohnungen.

Es gibt mehrere Studien zu den Gründen der Kirchenaustritte, z. B. die Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, aber es gibt keine Untersuchung, warum Kirchenmitglieder nicht austreten, obwohl sie sich religiös/mental von der Kirche distanziert haben.

5. Stille Kirchenaustritte

In der Schweiz ist der Begriff des „Stillen Kirchenaustritts“ zwar bekannt, meint aber etwas anderes: Er beschreibt die Möglichkeit, z. B. bei einem Umzug, bei dem man sich in der bisherigen Wohngemeinde abmeldet, sich in der neuen Wohngemeinde, obwohl man Kirchenmitglied ist, als „konfessionslos“ zu melden. Andererseits warnt ein gewerblicher Anbieter von Kirchenaustritten (für 35 Franken) davor, das zu versuchen: „Seit 2008 regelt das Registerharmonisierungsgesetz den Datenaustausch unter den Schweizer Gemeindeverwaltungen. Ein stiller Kirchenaustritt ist seither nicht mehr möglich, weil die Konfessionszugehörigkeit mit dem früheren Wohnort abgeglichen wird.“ Die Freidenker der Schweiz bestätigen zwar das Registerharmonierungsgesetz, mit dem der Staat die Kontrolle über eine vorhandene Kirchenmitgliedschaft übernommen hat, weisen aber darauf hin, dass ein Kirchenaustritt einfach, jederzeit schriftlich und ohne Kosten möglich ist.

Hier ist mit dem Begriff der ‚stillen Kirchenaustritte‘ gemeint, dass Menschen, die formal zwar noch Kirchenmitglieder sind, sich inhaltlich aber von der Kirche und ihren Lehren verabschiedet haben. Warum treten sie nicht aus, was von manchen Säkularen als so einfach beschrieben oder empfohlen wird?

Aufgrund der Begegnung mit einigen Menschen, die sich in dieser Situation befanden, ergibt sich die These, dass es Ausdruck einer strukturellen Gewalt sein kann, der sich diese Menschen beugen: „Ich bin in kirchlichen Zusammenhängen groß geworden und lebe darin. Wenn ich aus der Kirche austrete, verliere ich rund 90 Prozent meines Freundes- und Bekanntenkreises. Ich bin 65 Jahre alt und kann mir und meiner Frau keinen neuen Freundeskreis aufbauen. Also lächele ich und schweige. Kirchlich beerdigt werden will ich aber nicht.“

Für politisch totalitäre Systeme, vor allem hinsichtlich des Nationalsozialismus, ist in Deutschland der Begriff der „inneren Emigration“ bekannt. Zu deren Folgen heißt es, dass die Betroffenen sich in ein Schweigen zurückzogen.

„Innere Emigranten enthielten sich offener Kritik am Nationalsozialismus, leben und fühlten sich (so Ernst Barlach) wie Emigranten im eigenen Land, flüchteten sich in z.T. entlegene, unpolitische Kontexte und praktizierten „beredtes Schweigen“, zurückgezogen, unauffällig, unverdächtig und mit einer „Aura melancholischer Einsamkeit“. Historische Beispiele von `Inneren Emigranten‘ sind Theodor Heuss, Ernst Jünger, Erich Kästner bzw. Hans Thirring oder Otto Hahn in den Naturwissenschaften.“

Ein anderer Bezug ist der Begriff der „Zwangskonfessionalität“. Dazu heißt es in „Caritas und Diakonie in Deutschland“, S. 110 ff.:

„Auch wenn es ein Widerspruch zu sein scheint, dass zwar nur noch 20 Prozent der Kirchenmitglieder regelmäßig in die Kirche gehen (16% der Katholiken und 4% der Evangelischen), aber dennoch die 80 Prozent ‘Kirchenfernen’ (und das sind 42 Millionen Deutsche) immer noch Mitglied einer der beiden großen Kirchen sind, dann mag man diese Tatsache mit der Kindestaufe, schlichter Gewohnheit, dem Wunsch nach der ‘Hochzeit in Weiß’ u. a. m. erklären, es berührt aber nicht die Frage, warum auch Bürger, die persönlich eigentlich aus der Kirche austreten würden, eben das nicht tun. Wodurch wird diese Freiheit – Mitglied einer Kirche zu sein oder nicht –, beeinträchtigt? Die Antwort ist sehr einfach: Diese Getauften treten nicht aus der Kirche aus, da sie dadurch für sich gravierende soziale oder wirtschaftliche Nachteile befürchten (müssen). […] Die Zahl dieser ‘Zwangskonfessionellen’ in Deutschland ist nicht bekannt. Die Größenordnung wird bis auf rund ein Drittel der Kirchenmitglieder geschätzt – das wären rund 18 Millionen Menschen in Deutschland. Genauere Untersuchungen müssten klären, für wie viele Kirchenmitglieder deren ‚negative Religionsfreiheit‘ dadurch eingeschränkt wird.“

Versucht man eine Größenordnung dieser ‚stillen Kirchenaustritte‘ bei den Verstorbenen zu benennen, kommt man auf eine Größenordnung von rund 200.000 Kirchenmitgliedern pro Jahr, die ‚still‘ ausgetreten sind. Von den rund 1.000.000 Verstorbenen – im Jahr 2021 – müssten, bei einem Anteil der Kirchenmitglieder von 70 Prozent, rund 700.000 Kirchenmitglieder gestorben sein. Da jedoch nur rund 500.000 der Gestorbenen kirchlich beerdigt wurden, ‚fehlen‘ den Kirchen weitere 200.000 Kirchenmitglieder, die in den Statistiken auch nicht genannt werden.

Das rund ein Drittel der christlichen Kirchenmitglieder am Lebensende ihre Distanz zur jeweiligen Kirche dokumentiert, kann als Hinweis darauf verstanden werden, wie es innerhalb der ‚Kirchenmitgliedschaft‘ tatsächlich mit der Identifikation aussieht. Was heißt, dass die Kirchen aufgrund verschiedener Gründe derzeit davor ‚geschützt‘ sind, dass rund 20 Millionen Mitglieder aus ihrer Kirche austreten. Zu den Gründen könnten zählen: 1. Die Caritas-Legende, dass die Kirchensteuer für so viel Gutes verwendet wird, 2. die Trägheit und Austrittsgebühr, insbesondere bei Kirchenmitgliedern, die keine Kirchensteuern zahlen, und 3. Sozialer Druck.

Carsten Frerk, Matthias Krause