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Gottesdienstbesuch in Westeuropa

Die religiöse Gemeinde konstituiert sich in der Gemeinschaft des Gottesdienstbesuches, dessen Häufigkeit u. a. als Indikator für die Intensität der religiösen Bindung und der Teilhabe in einem religiösen Milieu des Kirchenmitglieds gilt. Aber in 11 der 15 westeuropäischen Länder ist der Gottesdienstbesuch für mehr als die Hälfte der Bevölkerung unwichtig („selten“) oder obsolet („niemals“) geworden.

In der Studie des PEW Forschungszentrums zu „Religionen in Westeuropa“ (Feldzeit Frühjahr 2017) wurden neben der Wichtigkeit von Religion für das persönliche Leben auch nach der Häufigkeit des Gottesdienstbesuches gefragt.

Schon ein erster Überblick zeigt, dass die Anzahl der Menschen, die mindestens einmal im Monat einen Gottesdienst besuchen (und insofern als ‚regelmäßige‘ Gottesdienstbesucher gelten können) geringer ist, als die Anzahl der Menschen, die nur selten oder niemals einen Gottesdienst besuchen – abgesehen von Hochzeiten oder Beerdigungen. Nur in Dänemark, Finnland (evangelisch) und Portugal (katholisch) ist dabei der Anteil derjenigen, die „niemals“ einen Gottesdienst besuchen, geringer als der Anteil derjenigen, die das nur „selten“ tun.


Regelmäßiger Gottesdienstbesuch

In Bezug auf den regelmäßigen Gottesdienstbesuch (mindestens einmal im Monat) belegen die katholischen Länder (einschließlich Deutschland) die oberen Rangplätze, alle Länder mit weniger als 20 Prozent regelmäßigem Gottesdienstbesuch sind nicht-katholisch, auch das ehemals katholische Belgien.


Gottesdienstbesuch „selten“ bzw. „niemals“

Während der Anteil der regelmäßigen Gottesdienstbesucher eine Spannweite von neun (Finnland) bis 41 Prozent (Italien) aufweist, hat der Anteil derjenigen, die nur „selten“ bzw. „niemals“ einen Gottesdienst besuchen eine Spannweite von 40 Prozent (in Italien) bis 69 Prozent (in Belgien), gefolgt von Spanien (66 Prozent) und Frankreich (64 Prozent).

Bemerkenswert ist dabei, dass sowohl die drei ‚Spitzenreiter‘ mit den höchsten Anteilen der Nicht-Gottesdienstbesucher (Belgien, Spanien, Frankreich) wie auch die Länder mit den niedrigsten Anteilen (Italien, Portugal, Irland und Österreich) alle eine katholische Tradition haben, die aber im Alltag der erstgenannten drei Länder abhanden gekommen ist.

Katholiken und Protestanten

In der Betrachtung der Menschen, die sich als „Katholik“ bzw. „Protestant“ bezeichnen, zeigt sich, dass die Angehörigen/Mitglieder beider Konfessionen, was zu erwarten ist, häufiger einen Gottesdienst besuchen, als die Bevölkerung insgesamt.

Bemerkenswert ist dann jedoch, dass von den Katholiken selber zwischen 32 Prozent (in Irland) bis 53 Prozent (in Belgien) „selten“ bzw. „niemals“ einen Gottesdienst besuchen.

Zu fragen wäre, welche Rolle die gesellschaftliche Umgebung dabei spielt. Die Abfolge der Anteile der katholischen Gottesdienstbesucher ist beinahe parallel zur Abfolge der Anteile in der Gesellschaft insgesamt. Belgien hat in beiden Aspekten die höchsten Anteile, Irland in beiden die geringsten.

Das dieser Aspekt eines schwächeren bzw. stärkeren Drucks durch die Umgebung aber nicht monokausal zu stimmen braucht, das zeigt der Gottesdienstbesuch der Protestanten in den Niederlanden, von denen nur 26 Prozent „selten“ bzw. „niemals“ einen Gottesdienst besuchen und die Niederlande insgesamt einen der höchsten Anteile (64 Prozent) die Nicht-Kirchgänger aufweist.

Parallel zu den Katholiken, auch wenn auf einem etwas geringeren Niveau gehen in den erfassten Ländern zwischen 26 bis 48 Prozent der Protestanten nur „selten“ bzw. „niemals“ in einen Gottesdienst.

Wichtigkeit von Religion und Gottesdienstbesuch

Dass die kirchlichen Milieus ausgedünnt sind – für die der regelmäßige Gottesdienstbesuch eine Kommunikation unter den Kirchenmitgliedern und ein gegenseitiges Kennen ermöglicht –, dass zeigen die Diskrepanzen zwischen den Angaben zur persönlichen Wichtigkeit von Religion in Westeuropa und dem regelmäßigen Gottesdienstbesuch, sowohl für traditionell katholische wie ebenso für traditionell protestantische Länder.

Die größte Diskrepanz zwischen der persönlichen Wichtigkeit von Religion und dem regelmäßigen Gottesdienstbesuch hat Portugal (71 zu 36 Prozent) gefolgt von Norwegen (46 zu 14), Finnland (38 zu 9 Prozent), den Niederlanden (45 zu 17) und Spanien (49 zu 22 Prozent).


Fazit

Die Tatsache, dass in 11 der 15 westeuropäischen Ländern der Gottesdienstbesuch für mehr als die Hälfte der Bevölkerung unwichtig („selten“) oder obsolet („niemals“) ist, steht in Parallele zur geringen Wichtigkeit von Religion für das persönliche Leben in diesen Ländern.

Das betrifft zwar vorrangig die traditionell protestantischen Länder Skandinaviens, aber die Beispiele von Belgien, Frankreich und Spanien verweisen darauf, dass auch dort das ehemals starke katholische Milieu nur noch gering vorhanden ist.

(CF)