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„Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft“!?

In der Allgemeinen Bevölkerungsfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) wurden 2016 auch nach den Meinungen zu der Aussage „Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft“ gefragt. Insgesamt zwei Drittel (68 Prozent) der Befragten lehnen diese Auffassung ab und weniger als ein Fünftel (17 Prozent) stimmen der Aussage zu. Entschieden abgelehnt („Stimme gar nicht zu“) wird diese Auffassung von einem Drittel (35 Prozent), vorbehaltlose Zustimmung („Stimme voll zu“) äußern 4 Prozent.

Von Carsten Frerk

Im ALLBUS werden mithilfe einer 7er-Skala nach den eigenen Meinungen, d. h. der Ablehnung bzw. Zustimmung, zu verschiedenen Aussagen und Themen gefragt.

Die Einordnung in eines der drei linken Positionen (1-3) gilt als (abgestuftes) „Nein“, die Einordnung in der Mitte (4) als „Unentschieden“, die Einordnung in eines der drei rechten Positionen (5-7) als (abgestuftes) „Ja“. Um einzelne Trends zu verdeutlichen werden in den folgenden Tabellen zusätzlich zu den Prozentverteilungen in den einzelnen Positionen der Skala die zwei Gruppen „Nein“ und „Ja“ gebildet.

Im ALLBUS 2016 wurden mehrere Fragen zum Themenbereich Islam / Muslime in Deutschland gestellt. Die Meinungsverteilungen in Bewertung der sechs Aussagen zeigen, dass es generell – am Beispiel der sechs genannten Themen – eine überwiegende Ablehnung des Islam / der Muslime gibt, die sich explizit auch darin zeigt, dass zwei Fünftel der Befragten (41,2 Prozent) eine Einschränkung der Religionsfreiheit des Islam in Deutschland befürworten. Diese ablehnenden Meinung zeigen sich hinsichtlich der Meinungen zu der Aussage „Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft“ am ausgeprägtesten, einer Aussage, die von zwei Dritteln (65,8 Prozent) abgelehnt wird.

Entsprechend sollen im Folgenden die Verteilungen der Meinungen zu dieser Aussage beispielhaft genauer betrachtet werden. Es ist dabei anzumerken, dass diese Aussage nicht deckungsgleich ist mit der Aussage „Der Islam gehört zu Deutschland“. Beide Aussagen/Auffassungen gehen zwar in die gleiche Richtung, indem sie über „passt in“ bzw. „gehört zu“ eine Zugehörigkeit postulieren, die „Passgenauigkeit“ aber wohl eine größere emotionale Fragestellung beinhaltet, als das auch nur formal zu verstehende „gehört zu“.

Männer und Frauen unterscheiden sich in der Verteilung der Meinungen nur geringfügig. Im Vergleich der östlichen mit den westlichen Bundesländern wird diese Auffassung im Osten stärker abgelehnt als im Westen, was jedoch vorrangig darauf beruht, dass die entschiedene Ablehnung („Stimme gar nicht zu“) in den östlichen Bundesländern deutlich stärker vertreten wird (46 Prozent) als in den westlichen Bundesländern (30 Prozent).

Nach Altersgruppen ist in allen Gruppen mehr als die Hälfte der Befragten gegen die Aussage, dass der Islam in die deutsche Gesellschaft passe. Je älter die Altersgruppe, desto stärker ist diese Ablehnung, was besonders bei der „gar nicht“-Kategorie sichtbar wird, die kontinuierlich ansteigt: 19 – 30 -35 – 43 – 50.

Nach den Parteipräferenzen, die sich in der Stimmabgabe bei der Bundestagswahl 2013 darstellen, ist die zusammengefasste Ablehnung dieser Aussage bei allen Parteiwählern die Mehrheit – mit Ausnahme der Grünen - in der Reihenfolge AfD (86 Prozent), CDU/CSU (73), FDP (66), SPD (64), LINKE (62).

Im Hinblick auf die Parteipräferenzen, wie sie sich in der Wahlabsicht für die Bundestagswahl 2017 abbilden, zeigt sich der Anstieg des Anteils der Ablehnung bei den AfD-Wählern. Ein Vergleich der Veränderungen der Meinungen innerhalb der Parteipräfenzen von 2013 und 2017 verdeutlicht bereits 2016 den Einzug der AfD in den Bundestag. Bei allen (2013) im Bundestag vertretenen Parteien wird der Anteil der Ablehnenden geringer, bei der FDP (+ 2,4 Prozentpunkte) und der AfD (+ 5,1) steigt dieser Anteil. Und in Konzentration auf die Gruppe derjenigen, die entschieden ablehnen („Stimme gar nicht zu“), dass der Islam in die deutsche Gesellschaft passe, ist die AfD (+ 15,1 Prozentpunkte) 2017 der Gewinner.

Von den Kirchenmitgliedern sagen jeweils rund zwei Drittel „Nein“ (jeweils 65 Prozent), bei den Konfessionsfreien ist dieser Anteil noch etwas höher (71 Prozent), was vermutlich auf den höheren Anteil der Ostdeutschen unter den Konfessionsfreien zurückzuführen ist.

Eine Annäherung an die möglichen Gründe der Ablehnung der Aussage, dass der Islam in die deutsche Gesellschaft passe, zeigen die Einschätzungen, ob es unter den Muslimen viele religiöse Fanatiker gibt und ob die Anwesenheit der Muslime zu Konflikten führe. In beiden Aspekten steigt die Ablehnung mit der Sichtweise der Fanatiker und der Konflikte.

In der Kombination der Meinungen von „Unter Muslimen sind viele religiöse Fanatiker“ und „Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft“ sind von denen, die unter den Muslimen keine religiösen Fanatiker wahrnehmen, immerhin noch ein Drittel (35 Prozent), die ablehnen, dass der Islam in die deutsche Gesellschaft passe. Diese Ablehnung steigt parallel zu der Einschätzung von vielen religiösen Fanatikern: 35 – 44 – 62 – 61 – 69 – 80 – 89.

Die gleiche Tendenz wird in der Einschätzung sichtbar, dass die Anwesenheit von Muslimen zu Konflikten führe. Je mehr dieses Konfliktpotential gesehen wird, desto stärker wird abgelehnt, dass der Islam in die deutsche Gesellschaft passe: 43 – 46 – 59 -53 – 64 – 79 -90.

Zeigt sich diese Ablehnung des Islam auch, wenn man Türken sympathisch findet oder nicht? Diejenigen, denen Türken voll sympathisch sind, sagen am geringsten „Nein“ (40 Prozent), wenn es um den Islam geht. Mit der Verringerung der Sichtweise eine Sympathie für Türken steigt dann auch die Ablehnung des Islam: 40 – 58 – 79 – 88.

In einer vergleichbaren Kombination zeigt sich die Ablehnung, wenn man zu der Einstellung fragt, was den Zuzug von Asylsuchenden betrifft. Diejenigen, die für einen unbegrenzten Zuzug sind, haben den geringsten Anteil (41 Prozent) an Personen, die meinen, dass der Islam nicht in die deutsche Gesellschaft passe. Diese Anteile steigen bei denen, die den Zuzug begrenzen wollen (73 Prozent) und bei denen, die einen Zuzug von Asylsuchenden ganz unterbinden wollen (92 Prozent).

Derartige Vorbehalte stehen auch im Zusammenhang mit subjektiven Lebenseinstellungen sowie Lebenserfahrungen und Emotionen.

Befragte, die hinsichtlich des Vertrauens in ihre Mitmenschen sagen „Man muss vorsichtig sein“ lehnen die ‚Passfähigkeit des Islam‘ deutlich mehr ab (zu 80 Prozent), als die Mitbürger, die anderen vertrauen (zu 66 Prozent) oder denen, die sagen, dass es darauf ankomme (64 Prozent).

Ebenso sind diejenigen, die der Ansicht sind, dass die Politiker sich in Wirklichkeit gar nicht um die Probleme der einfachen Leute kümmern, überdurchschnittlich (mit 74 Prozent) gegen die ‚Passfähigkeit des Islam‘.

Dieser Auffassung, des Desinteresses der Politiker an den Problemen der einfachen Leute, sind in den Alten Bundesländern 70,1 Prozent der Bevölkerung, in den Neuen Bundesländern 79, 6 Prozent.

Wenn nach „deutsche Gesellschaft“ gefragt wird, dann schwingt auch die Frage der eigenen Einstellung zu dieser Gesellschaft mit, pointiert gefragt, ob man stolz sei, Deutscher zu sein? Die Stärke der Ablehnung des Islams als passend für die deutsche Gesellschaft entspricht der Identifikation des Stolzes, Deutscher zu sein. Diejenigen die „sehr stolz“ sind, lehnen zu 76 Prozent den Islam ab, jeweils 69 Prozent derjenigen, die ziemlich oder nicht so stolz sind sowie 51 Prozent derjenigen, die „gar nicht stolz“ sind.

Auch die empathische Einstellung der Befragten zu Asylbewerbern generell hat einen Einfluss auf ihre Einstellung zur ‚Passfähigkeit‘ des Islam für die deutsche Gesellschaft. Von denjenigen, denen Asylbewerber voll leid tun (28 Prozent aller Befragten) sagen 55 Prozent „Nein“. Entsprechend der Verringerung des Mitleids steigt auch die Ablehnung: 55 - 67 – 82 – 88 Prozent.


Zusammenfassung

Im Mittel lehnen rund zwei Drittel der Befragten/Bevölkerung die Aussage ab: „Der Islam passt in die deutsche Gesellschaft“. Welche Merkmale bzw. Einstellungen haben dabei die höchsten Anteile an dieser Ablehnung?

Wie vielschichtig diese Einstellungen zudem sind, dass zeigt sich auch darin, dass von dem Viertel der Bürger (25,3 Prozent), die völlig davon überzeugt sind: „Kulturelle Vielfalt macht zukunftsfähig“, die Hälfte (50,4 Prozent) der Aussage nicht zustimmen, dass der Islam in die deutsche Gesellschaft passe. Ebenso sind von dem knappen Drittel der Bevölkerung (31.5 Prozent), die sich dafür aussprechen, dass es auch Islamunterricht an deutschen Schulen geben solle, ebenfalls die Hälfte (51,2) gegen die ‚Passfähigkeit‘ des Islam.