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Links-Mitte-Rechts und Populismus

Das PEW-Forschungszentrum, das bereits mit einer anderen Art von Religionstypologie neue Sichtweisen eröffnete, hat sich nun dem Erstarken von populistischen Parteien in Westeuropa zugewandt und entwirft mit wenigen Variablen einen Blick auf die Gesinnungen. Hypothese ist dabei, dass die ideologische Gesinnung nach wie vor ein bedeutender Faktor für die Bewertung zentraler politischer Fragen durch West-Europäer ist.

Die Ergebnisse sind unter dem Titel: „Populistische Parteien in Westeuropa machen sich Anti-Establishment-Frustgefühle zu Nutze, finden aber wenig Anklang unter Vertretern der jeweils anderen ideologischen Überzeugung“ veröffentlicht worden.

In einer Zusammenfassung (auf deutsch) heißt es: Die das Establishment ablehnende Haltung, die den modernen populistischen Bewegungen in Westeuropa Auftrieb verliehen hat, ist auf der linken und rechten Seite des ideologischen Spektrums wie auch in der Mitte anzusiedeln.

„Menschen mit populistischen Ansichten sind von traditionellen Institutionen wie nationalen Parlamenten und der Europäischen Union frustriert. Darüber hinaus sind Sie relativ besorgt um die Wirtschaftslage und beunruhigt darüber, welche Folgen die Einwanderung für die Gesellschaft hat. Diese Unzufriedenheit könnte zumindest teilweise erklären, weshalb sie populistischen Parteien gegenüber aufgeschlossener sind. Ungeachtet ihrer populistischen Ansichten bevorzugen die Befragten jedoch Parteien, die auf einer Linie mit ihren eigenen ideologischen Überzeugungen liegen.“

Links-Rechts-Ideologie

Um die Links-Rechts-Ideologie zu messen, verwendet die Umfrage eine traditionelle Frage, bei der die Befragten gebeten wurden, sich selbst auf einer Links-Rechts-ideologischen Skala zu platzieren, wobei Null für ganz links und sechs für ganz rechts steht. Leute, die 0, 1 oder 2 auf dieser Skala antworteten, wurden auf der linken Seite kategorisiert, Leute, die 3 angaben, wurden im Zentrum kategorisiert und Leute, die 4, 5 oder 6 antworteten, wurden auf der rechten Seite kategorisiert. Diejenigen, die sich nicht auf dieser ideologischen Ebene platziert haben, werden als ‚ungerichtet‘ bezeichnet. Dieses Einstufung für Ideologie ist ein allgemeines Maß und ist nicht spezifisch auf der Grundlage ökonomischer und sozialer Werte definiert.

Populismus

Um populistische Ansichten zu messen, konzentrierte sich die Umfrage auf die Erfassung von zwei Kernbestandteilen des Populismus: Die Regierung sollte den Willen „der Menschen“ widerspiegeln und „die Menschen und Eliten“ sind gegensätzliche, antagonistische Gruppen. Diese Bewertung basiert auf der Kombination der Antworten der Befragten auf zwei Fragen: 1) Normale Menschen würden eine bessere Arbeit machen / nicht besser die Probleme des Landes lösen als gewählte Beamte und 2) Die meisten gewählten Beamten kümmern sich nicht darum, was Leute wie ich denken. Diejenigen, die der Meinung sind, dass einfache Menschen die Probleme des Landes besser lösen würden als die gewählten Beamten, und dass die gewählten Beamten sich nicht um Menschen wie sie kümmern würden, wird als „populistisch“ angesehen. Alle anderen wurden als „Mainstream“ kategorisiert. Zur leichteren Bezugnahme werden diese Gruppen als Populisten und Mainstream bezeichnet.

Menschen mit populistischen Ansichten auf dem gesamten ideologischen Spektrum ist eine tiefe Unzufriedenheit mit traditionellen Institutionen gemeinsam, wozu die nationalen Parlamente, die Nachrichtenmedien, Banken und die EU gehören. Tatsächlich sind populistische Ansichten hinsichtlich der Haltung zu der in Brüssel ansässigen EU häufig eine wichtigere Trennlinie als die jeweilige Ideologie.

Schlüsselgruppen

Die Einstufungen der Links-Rechts-Ideologie und der populistischen Ansichten wurden kombiniert, um sechs Schlüsselgruppen zu bilden, die den primären analytischen Ansatz bilden. Die Gruppen werden bezeichnet als: Linke Populisten, Linker Mainstream, Mitte Populisten, Mitte Mainstream, Rechte Populisten und Rechter Mainstream.

Drei Beispiele aus der PEW-Analyse verdeutlichen für die acht untersuchten Länder (Dänemark, Deutschland, Niederlande, Schweden, Frankreich, Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich. Feldzeit: Oktober bis Dezember 2017) wie sich die ideologischen Selbsteinstufungen darstellen.

Diese drei Beispiele beziehen sich auf Themen/Wahrnehmungen/Ängste hinsichtlich der Immigranten.

Generell zeigt sich durchgehend in allen Ländern eine Links-Rechts-Verteilung im Anstieg der Erwartungen und Ängste. Je rechter desto höher.

Auffallend sind dabei die Deutschen, die sich als „links“ eingestuft haben. Im Unterschied zu den „Linken“ in den anderen sieben untersuchten Ländern Westeuropas sind die Unterschiede zwischen linken Populisten und linkem Mainstream in Deutschland sehr ausgeprägt.

In einer entsprechenden Auswertung für Deutschland zeigt sich, dass 68 Prozent der Befragten den Sichtweisen des Mainstreams zuzurechnen sind, 25 Prozent sind Populisten und 7 Prozent haben keine Angaben dazu gemacht.

Rund die Hälfte der Populisten (14 von 25 Prozent) betrachten sich selbst als „Mitte“, während die Anteile der  Populisten bei den Linken wie bei den Rechten deutlich geringer sind.

Hinsichtlich der Parteianhänger von SPD und CDU/CSU sind zwei Aspekte feststellbar. Zum einen gibt es bei der SPD eine Mehrheit von 86:11 für Linke/Mitte : Rechts, während es bei der Anhängern der CDU/CSU genau umgekehrt ist mit 84:10 für Rechts/Mitte : Links.

Hinsichtlich des Populismus, der auch mit dem Aspekt „Staats- und Parteiverdrossenheit“ beschrieben werden kann, sind die Anteile der ‚verdrossenen‘ Parteianhänger der SPD sowohl bei den Linken wie bei denen in der Mitte deutlich höher als bei den Parteianhängern der CDU/CSU.

Gemeinsam ist den Anhängern von SPD und CDU/CSU, dass sich mehr als die Hälfte (SPD: 53 Prozent, CDU/CSU: 58 Prozent) ideologisch als „Mitte“ einstufen und trotz ideologischer Unterschiede sich 70 Prozent der Anhänger der SPD, ebenso wie 79 Prozent der CDU/CSU-Anhänger dem Mainstream zugeordnet werden.

(CF)