Moral und notwendiger Glaube an Gott?
fowid-Notiz: Die „Gretchen-Frage“ ist in Westeuropa mittlerweile entschieden. Nur noch rund ein Viertel der Westeuropäer sieht die Notwendigkeit eines Gottesglaubens, um Moral und Werte zu haben – allerdings mit einer Spannweite von 9 bis 37 Prozent in den verschiedenen Ländern. Dabei macht es keinen großen Unterschied, ob die christliche Tradition evangelisch oder katholisch war.
In den Ergebnissen der aktuell publizierten PEW-Studie „The Global God Divide“ (von Christine Tamir, Aidan Connaughton und Ariana Monique Salazar) heißt es als Zusammenfassung: „Die Gedanken der Menschen darüber, ob der Glaube an Gott notwendig ist, um moralisch zu sein, variieren je nach wirtschaftlicher Entwicklung, Ausbildung und Alter.“
Basis dafür sind die Fragen: „Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Glauben an Gott und der Moral? Und wie wichtig sind Gott und das Gebet im Leben der Menschen?“ 2019 stellte PEW diese Fragen 38.426 Menschen in 34 Ländern.
In diesen Ländern „die sich über sechs Kontinente erstrecken, sagt ein Median von 45 Prozent, dass es notwendig sei, an Gott zu glauben, um moralisch zu sein und gute Werte zu haben.“ Für die Länder West-Europas beläuft sich die Spanne von 9 bzw. 15 Prozent (in Schweden und Frankreich) bis hin zu 37 Prozent (in Deutschland). In den Ländern Osteuropas beträgt die Spanne 28 Prozent (in Ungarn) bis 50 Prozent (Ukraine/Bulgarien). Der Ausreißer ‚nach Westen‘ sind die Tschechen (14 Prozent).
Der Zustimmungswert für Deutschland erscheint hoch. Es ist also Skepsis angesagt, da PEW bereits mit den für Deutschland beauftragten Umfrageunternehmen Probleme in der Feldarbeit hatte, die zu überhöhten Werten zugunsten christlicher Auffassungen führten.
Gottesmoral und BIP
„Insgesamt sagen die Befragten in Nationen mit niedrigerem Bruttoinlandsprodukt eher, dass der Glaube an Gott notwendig sei, um moralisch zu sein und gute Werte zu haben. Mit anderen Worten, es besteht eine umgekehrte Beziehung zwischen dem Pro-Kopf-BIP und dem Prozentsatz der Bevölkerung, der diese Verbindung zwischen dem Glauben an Gott und der Moral herstellt. Die statistische Analyse zeigt eine starke inverse Korrelation mit einem Koeffizienten von -0,86.“
In dieser Hinsicht bestätigt sich der klassische Satz: „Not lehrt beten.“
Lebensalter / Politische Ideologie
„Die meisten der untersuchten Länder weisen bei der Frage, ob der Glaube an Gott notwendig ist, um moralisch zu sein und gute Werte zu haben, Generationsunterschiede auf. Im Einklang mit früheren PEW-Analysen, in denen festgestellt wurde, dass jüngere Erwachsene in der Regel durch verschiedene Maßnahmen weniger religiös sind, ist es bei den 18- bis 29-Jährigen am unwahrscheinlichsten, dass sie sagen, es sei notwendig, an Gott zu glauben, um moralisch zu sein. In der Mehrheit der 34 untersuchten Länder sind die über 50-Jährigen deutlich häufiger als die 18- bis 29-Jährigen der Meinung, dass der Glaube an Gott für die Moral notwendig ist.“
„In 15 untersuchten Ländern sagen die Befragten der ideologischen Rechten deutlich häufiger, dass es notwendig sei, an Gott zu glauben, um moralisch zu sein und gute Werte zu haben (Ideologie ist selbstberichtet und von Land zu Land unterschiedlich). Die Mehrheit der Rechten in den USA, Griechenland, Argentinien und Israel sagt, dass der Glaube an Gott für die Moral notwendig ist; weniger als die Hälfte der Linken in diesen Ländern sagt dasselbe. Das Links-Rechts-Gefälle beträgt in den USA, Polen und Griechenland mehr als 30 Prozentpunkte.“
(CF)