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Präferenzen für US-Präsidentschaftskandidaten

In einer aktuellen Umfrage hat Gallup eine Zeitreihe seit 1937 fortgeschrieben, in der danach gefragt wird, welche Merkmale Präsidentschafts-Kandidaten haben können, um von den Befragten gewählt zu werden. Mehr als 90 Prozent würden im Januar 2020 einen Farbigen, Katholiken, Hispanier, eine Frau oder einen jüdischen Kandidaten wählen. Alle anderen Merkmale sind nicht mehrheitsfähig, am wenigsten ein Sozialist.

Es ist bekannt, dass aus den allgemeinen Bevölkerungsumfragen in den USA nicht 1:1 abgeleitet werden kann, wer im Präsidentschaftswahlkampf die besten Chancen auf einen Wahlerfolg hat, da die Präsidenten über ein Wahlgremien gewählt werden, das sich aus den Delegierten der einzelnen Bundesstaaten zusammensetzt, die nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt werden: Wer die Mehrheit im Bundesstaat erreicht, bekommt alle Delegiertenstimmen dieses Staates. Deshalb sind Umfragen keine Vorhersagen über die künftige Präsidentin oder den künftigen Präsidenten, geben aber ein Meinungsbild darüber ab, welche Persönlichkeitsmerkmale Anklang finden und welche nicht.

Bei fünf Merkmalen (Farbiger, Katholik, Hispanier, Frau, Jüdisch) würden mehr als 90 Prozent der Befragten für die Kandidaten stimmen. Bei zwei Merkmalen (Evangelikaler Christ, Homosexuell) ist der Anteil geringer (um 80 Prozent) und für fünf weitere Merkmale (Unter 40 Jahre, über 70 Jahre, Muslim, Atheist, Sozialist) haben 70 Prozent und weniger eine Bereitschaft diese Person zu wählen. Mit Abstand (45 Prozent) am wenigsten sind die Befragten bereit, Sozialisten zu wählen.

In der Unterteilung der Befragten nach Parteineigungen (Republikaner, Unabhängiger, Demokrat) zeigt sich die Problemlosigkeit der ersten fünf Merkmale, die mit mehr als 90 Prozent für alle einer Wählbarkeit nicht im Weg stehen. Die Republikaner zeigen hinsichtlich der anderen Merkmale eine höhere Bereitschaft, Evangelikale und jemanden über 70 Jahre zu wählen, eine geringere Akzeptanz von Homosexuellen und Kandidaten unter 40, und für Republikaner nicht mehrheitsfähig (unter 50 Prozent) sind Muslime, Atheisten und vor allem Sozialisten (17 Prozent). Die Unabhängigen und die Demokraten äußern für diese Kategorien mehrheitlich eine entgegengesetzt positive Meinung. Dabei zeigt sich, dass die Unabhängigen in vielen Aspekten näher bei den Demokraten sind – außer bei Muslimen und überhaupt nicht bei Sozialisten als Kandidaten.

Die komplette Zeitreihe von Gallup zu diesen Präferenz-Umfragen für Präsidentschaftskandidaten beginnen 1937. Bis 1937 war es außerhalb jeder Diskussion, dass ein Kandidat in „die traditionelle protestantische, weiße, männliche Form passen“ musste. Das änderte sich und 1937 fragte Gallup zum ersten Mal, ob die Befragten auch „einen gut qualifizierten Katholiken, Juden oder eine Frau für das Präsidentenamt unterstützen würden“.

Diese Zeitreihe zeigt mehreres. Erstens, wie sich im Laufe der Jahre die Anzahl der Merkmale als ‚Wahlthemen‘ vergrößert, was auf eine größer werdende Pluralität hinweist. Zweitens, eine steigende Toleranz für die bereits fünf genannten Merkmale (Katholik, Jüdisch, Frau, Farbiger, Hispanier) über die nicht mehr zu diskutiert werden braucht und die keine Einschränkung in der Wählbarkeit darstellen. Für Katholiken war das am frühesten gegeben (ab 1978), dann folgte die Akzeptanz von farbigen Kandidaten (ab 1997) und schließlich für Frauen und jüdische Kandidaten (ab 1999).

Die Entwicklung zu einer größeren Merkmalsabfrage spiegelt auch die jeweiligen Vorwahldiskussionen wider, die man dann auch ggf. mit Kandidaten verbinden kann. So ist die Abfrage, ob man einen Sozialisten wählen würde (ab 2015) mit dem Demokraten Bernie Sanders verbunden und für die 2020-Umfrage mit den Demokraten Elisabeth Warren und Bernie Sanders.

In einer Aufgliederung der Januar-2020-Präferenzen bestätigt sich dann noch einmal der Unterschied zwischen Republikanern, Unabhängigen und Demokraten.

Bei denen, die den konfliktträchtigen Merkmale unterdurchschnittlich zustimmen (rot markiert) bzw. denen, die deutlich überdurchschnittlich zustimmen (grüne Markierung), werden zwei Gruppen sichtbar. Zum einen, am Beispiel der Frage „Sozialist“, sind es Nicht-Weiße, die jüngste Altersgruppe (18-34), Demokraten und Liberale, die mit hoher Wahrscheinlichkeit (mehr als 60 Prozent) kein Problem damit haben, einem „Sozialisten“ oder einer „Sozialistin“ als Präsidentschaftskandidat/in ihre Stimmen zu geben. Im deutlichen Widerspruch dazu stehen die Älteren (55 +), die Republikaner sowie die Konservativen, so dass ein „Sozialist“, insgesamt gesehen, nicht mehrheitsfähig erscheint.

(CF)