Priester und Pfarrseelsorge
In den verschiedenen Veröffentlichungen der katholischen Kirche mit statistischen Daten besteht ein bemerkenswerter Unterschied zwischen den Medien der Öffentlichkeitsarbeit (mit Broschüren und Faltblättern) und den Angaben in detaillierteren Publikationen. Besonders auffallend ist, dass die Ruheständler weiterhin als Priester und Mitarbeiter gezählt werden.
Die Deutsche Bischofskonferenz schafft u. a. mit drei verschiedenen Medien eine Öffentlichkeit hinsichtlich der Situation der Katholischen Kirche in Deutschland und der im Raum der Kirche tätigen Priester. Das Eine sind die jährlichen „Zahlen und Fakten“, - vierfarbige, mit Grafiken und Fotografien gestaltete Broschüren für die allgemeine Öffentlichkeitsarbeit –, das Zweite ist das vierfarbige, jährlich aktualisierte Faltblatt „Eckdaten des kirchlichen Lebens“, und das Dritte sind die „Kirchlichen Handbücher“, die in einem vier- bis fünfjährigen Rhythmus erscheinen und für die dargestellten Zeiträume detaillierte Statistiken publizieren, für Fachleute, erhältlich in Bibliotheken.
In den „Zahlen und Fakten“ gibt es eine Übersicht zur Zahl der Welt- und Ordenspriester. Ein Vergleich der Darstellung aus der Ausgabe von 2011/2012 und 2015/16 zeigt einen Unterschied. Hieß es für 2011 “Welt- und Ordenspriester in der Pfarrseelsorge“, so sind es 2015 „Welt- und Ordenspriester in den Bistümern“.
Hat man das Wissen, dass es in diesen Jahren rund 13.000 katholische Pfarreien gab, so sieht man zwar den Rückgang der Zahl der Priester – seien es Welt- oder Ordenspriester, denn als Pfarrer vollbringen sie die gleiche Arbeit - den oft zitierten „Priestermangel“ aber nicht. Das heißt, für 2015 – die derzeit aktuellste Zahl – sind es 14.087 Priester, das wären gut 1.000 mehr als es Pfarreien gibt. Was heißt also „Priestermangel“, der sich vor allem auf die Pfarrseelsorge bezieht?
Unter Hinzuziehung der „Eckdaten des kirchlichen Lebens“ verflüchtigt sich dieser Eindruck allerdings, denn es wird deutlich, dass die Anteile der in der Pfarrseelsorge tätigen Priester deutlich unter den Zahlen der Pfarreien liegt.
Alle vier dargestellten Zahlenreihen - die Anzahl der Pfarreien, die Anzahl der Priester insgesamt, die Priester, die im aktiven pastoralen Dienst arbeiten sowie die in der Pfarrseelsorge tätigen Priester – verringern sich, beinahe parallel zueinander, kontinuierlich.
Eine weitere Umrechnung der absoluten Zahlen in Prozentanteile verdeutlich jedoch, dass die Entwicklung nicht parallel verläuft. Die Anteile der im pastoralen Dienst berufstätigen Priester verringern sich von 75,1 Prozent (im Jahr 1998) auf 63,2 Prozent (im Jahr 2015) – ein Indikator dafür, dass es an Priesternachwuchs mangelt und der Anteil der Priester im Ruhezustand zunimmt. Ebenso verringert ich der Anteil der Priester, die in der Pfarrseelsorge arbeiten im gleichen Zeitraum von 58,2 Prozent auf 49,2 Prozent aller Priester.
Das heißt, dass sich gleichzeitig zu der Verringerung der Zahl der Priester insgesamt die Zahl der in der Pfarreien arbeitenden Priester noch zusätzlich verringert.
In den „Kirchlichen Handbüchern“ lässt sich aufgrund der aktuellsten Ausgabe (Band XL, 2007-2011) für das Jahr 2011 eine differenzierte Übersicht erstellen.
Bei den Weltpriestern wird unterschieden nach „inkardinierten Weltpriestern“ (Priester, die im direkten Rechtsverhältnis zu der Diözese stehen, in der sie arbeiten), sowie „nicht am Ort inkardinierte Weltpriester“ (Priester, die in einem anderen Bistum beschäftigt sind, wie z. B. Priester, die in einer ausländischen Diözese beheimatet sind).
Von der Gesamtheit der 2011 in der Katholischen Kirche in Deutschland tätigen 15.950 Priester (diese Zahl ist höher als die in den „Eckdaten des kirchlichen Lebens“ für 2011 genannten 14.847) arbeiten 60,3 Prozent aller Priester im aktiven pastoralen Dienst, jedoch nur 46,9 Prozent in der Pfarrseelsorge.
Der Priestermangel ist somit doppelt so hoch, wie er in den PR-Veröffentlichungen dargestellt wird.
Die sachlich zwar korrekte Beschreibung „Welt- und Ordenspriester in den Bistümern“ hat jedoch eine immanente Logik, wenn dort kommentarlos alle im Ruhestand befindlichen Priester mitgezählt werden. Als ob ein Wirtschaftsunternehmen, wie das Volkswagenwerk, alle ehemaligen und jetzt verrenteten und noch lebenden Mitarbeiter weiterhin als „Mitarbeiter“ darstellen würde.
(CF)