Mitglieder jüdischer Gemeinden in Deutschland 1955 - 2016
Die Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland (ZWST) veröffentlicht jedes Jahr eine Statistik der in den jüdischen Gemeinden und Landesverbänden registrierten Mitglieder. 2016 gibt es insgesamt 106 Mitgliedsgemeinden, 17 Landesverbände und 7 selbstständige Gemeinden. Da nicht alle in Deutschland lebenden Juden Mitglieder einer jüdischen Gemeinde sind, ist die Analyse unter Umständen nicht vollständig, gibt aber die demographischen Tendenzen der jüdischen Bevölkerung wieder.
Die wichtigste Vertretung der Juden in Deutschland ist der 1950 in Frankfurt am Main gegründete Zentralrat. Der Zentralrat der Juden ist nach seinem Selbstverständnis die politische Vertretung der Juden in Deutschland. Er ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.
Inzwischen besteht der Schwerpunkt der Arbeit des Zentralrats in der Unterstützung jüdischer Zuwanderer aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion bei der Integration in die Gemeinden. Dabei spielen besonders Berufsausbildung, Sprachkurse, politische Bildung, Religionsunterricht und weitere Integrationsmaßnahmen eine bedeutende Rolle.
Neben dem Zentralrat entstanden Mitte der 1990er Jahre Gemeinden der liberal-progressiven Ausprägung, die in der Union progressiver Juden in Deutschland e. V. (UpJ) organisiert sind. Ihr gehören derzeit 27 Gemeinden mit etwa 5.300 Mitgliedern an. Seit 2005 sind die beiden Landesverbände Schleswig-Holstein und Niedersachsen der UpJ Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland.
Die Mitgliederzahlen der Jüdischen Gemeinden sind bis 2006 ständig gestiegen. Dieser Zuwachs verteilt sich auf alle Bundesländer - mit Ausnahme von Berlin, wo die Zahl von 2000 - 2006 zurück geht. Der höchste Zuwachs ist in den ostdeutschen Gemeinden zu verzeichnen, sowie in Baden, im Rheinland und in Württemberg. Besonders durch die Zuwanderung aus den GUS-Staaten hat sich die Zahl seit 1990 (29.089) ) bis 2006 mehr als verdreifacht (107.794). Durch diese Zuwanderung sind von 1991 bis Ende 2009 rund 212.000 jüdische Migranten einschließlich ihrer Familienangehörigen nach Deutschland gekommen. Es zogen auch 2016 immer noch jüdische Gemeindemitglieder aus den GUS-Staaten (vor allem aus der Ukraine) und dem sonstigen Ausland nach Deutschland (ca. 770). Demgegenüber wanderten nur 187 aus.
Seit dem Jahr 2007 ist ein leichter und kontinuierlicher Rückgang der Mitgliederzahlen zu verzeichnen. Die Mitgliederzahl ist 2015 erstmals seit 2002 wieder unter 100.000 Mitglieder gesunken (99.695).
Für den Rückgang ist hauptsächlich der demografische Wandel verantwortlich. Die zunehmende Überalterung der jüdischen Bevölkerung bleibt bei steigender Tendenz. Mit 47 Prozent hat die Gruppe der über 60-Jährigen (2000: 33 Prozent) zugenommen. In Folge ist auch die Zahl der Todesfälle gestiegen und ist damit die größte Zahl der „Abgänge”. Im Jahr 2016 waren dies 1.498. Dem stehen nur 265 Geburten gegenüber. Derzeit gibt es ca. 9 Prozent Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, ca. 11 Prozent junge Menschen bis 30 Jahre und 34 Prozent 31-60-Jährige.
Die Wanderungen zwischen den Gemeinden aus den verschiedensten familiären oder ökonomischen Gründen haben sich zugunsten der Abwanderung in andere Gemeinden verändert (418 zu 567).
Die Bundesregierung und der Zentralrat der Juden in Deutschland haben am 27. Januar 2003, dem Holocaust-Gedenktag, einen Vertrag geschlossen. Durch den Vertrag verpflichtet sich der Bund, „dem Zentralrat der Juden in Deutschland für die Erfüllung seiner überregionalen Aufgaben bei der Erhaltung und Pflege des deutsch-jüdischen Kulturerbes und beim Aufbau der jüdischen Gemeinschaft sowie für seine integrationspolitischen und sozialen Aufgaben jährlich eine Staatsleistung“ zu zahlen. Der Bund erwartet, dass der Zentralrat die vertragliche Regelung, für alle Richtungen innerhalb des Judentums offen zu sein erfüllt, da es seinem Selbstverständnis entspricht. Daher sollen die vereinbarten Leistungen der gesamten jüdischen Gemeinschaft zugutekommen. Seit 2012 beträgt diese Leistung 10 Mio. € pro Jahr.
Aufgrund einer Vereinbarung mit den Ländern und der jüdischen Gemeinschaft aus dem Jahr 1957 trägt der Bund ferner die Hälfte der Kosten für die Sicherung und Betreuung der verwaisten Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden in Deutschland.
Insgesamt soll es etwa 2.000 jüdische Friedhöfe geben, von denen jedoch nur ein Teil durch die jüdischen Gemeinden betreut wird. Inzwischen gibt es Verbandsfriedhöfe, die von mehreren Gemeinden genutzt werden, um die Kosten zu optimieren. Da jüdische Gräber für die Ewigkeit angelegt sind, es also keine begrenzte Ruhefrist - wie auf anderen Friedhöfen üblich - gibt, werden Gräber nicht eingeebnet. Bei Platzmangel, werden die Toten übereinander gebettet. Der jüdische Friedhof soll auch das Prinzip der Vergänglichkeit widerspiegeln. Es gibt keinen Blumenschmuck oder auf Hochglanz polierte Grabsteine. Häufig sind die Gräber mit Efeu überwachsen. Auf den jüdischen Gräbern sieht man oft kleine Steine liegen, die Besucher dort hingelegt haben. Dies ist eine Anlehnung an eine frühe Tradition, bei der die Nomaden Steine auf die Gräber legten, damit die Toten vor Tieren geschützt sind.
SFE