Kirchenaustritt, falls keine Sozialkirche? 2025

Die Geschichte der Kirchen seit 1945 lässt sich auch als eine Entwicklung „Von der Heilskirche zur Sozialkirche“ beschreiben. Die biblischen Geschichten werden unwichtiger, die Daseinsvorsorge („gelebte „Nächstenliebe“) wird wichtiger. Damit stellt sich auch die Frage, wer das bezahlt. Angenommen, die Kirchen würde die Einnahmen aus der Kirchensteuer kaum oder gar nicht für soziale Zwecke verwenden? Wäre das für die Kirchenmitglieder ein Grund, aus der Kirche auszutreten?
1. Umfrage 2025
2. Vergleich Umfrage 2025 und 2005
2.1. Allgemein
2.2. Religionsgemeinschaften / Kirchen
2.3.Frauen / Männer
2.4. Altersgruppen
3. Parteipräferenzen
4. Fazit
1. Umfrage 2025
Zwei Drittel der Kirchenmitglieder (66 Prozent) würden 2025 „sicher“ (33 Prozent) bzw. „wahrscheinlich“ (ebenfalls 33 Prozent) aus der Kirche austreten, falls die Kirchen „nur wenig oder fast gar nichts von der Kirchenteuer für soziale Zwecke ausgeben“.

Nur knapp ein Viertel (24 Prozent) der befragten Kirchenmitglieder würde ein fehlendes soziales Engagement der Kirchen „wahrscheinlich nicht“ (17 Prozent) bzw. „sicher nicht“ (7 Prozent) zum Kirchenaustritt bewegen.

Die Unterschiede unter den Mitgliedern der beiden Kirchen sind marginal und statistisch nicht signifikant.

Auch mit Blick auf die Altersgruppen der Kirchenmitglieder beider Religionsgesellschaften fallen keine signifikanten Unterschiede auf.


2. Vergleich Umfragen 2025 zu 2005
2.1. Allgemein
2005 hatte fowid bereits eine Umfrage zum gleichen Thema realisiert: „Kirchenaustritt, falls keine ‚Sozialkirche‘?“. In dieser Umfrage war auch nach der Häufigkeit des Gottesdienstbesuchs gefragt worden und so konnten vier Kategorien definiert werden: „Kirchenverbundene“ / „Kirchennahe“ / „Kirchendistanzierte“ / „Kirchenferne“. Als Antwortkategorien waren nur die Antworten „Ja“ bzw. „Nein“ vorgegeben. Für eine Vergleichbarkeit der Umfragen werden deshalb hier die vier Antwortmöglichkeiten, nach der üblichen Praxis von „Top Two“ bzw. „Bottom Two“ zu „Ja“ bzw. „Nein“, entsprechend dichotomisiert.
2.2. Religionsgemeinschaften / Kirchen
2005 lagen die Meinungen der Kirchenmitglieder hinsichtlich des Austritts bei 47 zu 50 („Ja“/„Nein“), dies hat sich 2025 zu einem Verhältnis von 66 zu 24 verschoben („Ja“ / „Nein“).

In beiden Umfragen kommen die Mitglieder der beiden Kirchen zu ähnlichen Ergebnissen. Für einen Austritt („Ja“) entscheiden sich 2005 jeweils 47-47-46 Prozent der Kirchenmitglieder, zwanzig Jahre später (2025) sind es 66-69-66 Prozent der Mitglieder.

2.3. Frauen / Männer
2005 meinten 44 Prozent der Frauen, die Kirche im Falle einer zu geringen Finanzierung der sozialen Einrichtungen aus Kirchengeldern verlassen zu wollen. 2025 sind es 67 Prozent, eine Veränderung von + 27 Prozentpunkten. Auch die Männer werden kritischer (49 zu 66 Prozent = + 17 Prozentpunkte), aber mit geringerer Veränderungsrate.

2.4. Altersgruppen
2005 gab es ausgeprägte, kontinuierliche Altersunterschiede: Je jünger die Altersgruppen waren, desto höhere Anteile gaben an, im ‚Fall der Fälle‘ aus der Kirche auszutreten, von 61 Prozent bei den 16-29-Jährigen über 56 bzw. 46 Prozent bei den 30-59-Jährigen bis hin zu 29 Prozent bei der Gruppe 60+. 2025 sind sich alle Altersgruppen mit hohen Anteilen einig.

3. Parteipräferenzen, 2025
Hinsichtlich der Parteipräferenzen sind es vor allem die Anhänger der Bündnis90/Die Grünen, die eine nur geringe Finanzierung der sozialen Einrichtungen der Kirche aus Kirchengeldern mit Austritten sanktionieren würden.

Der hohe Anteil der Parteianhänger der AfD (41 Prozent), die meinen, in einem solchen Fall „sicher“ auszutreten, relativiert sich bei einer Zusammenfassung der Reaktionen auf „Ja“ bzw. Nein:

Gleichwohl zeigen die AfD-Kirchenmitglieder intern eine große Diskrepanz zwischen den ‚Flügeln‘: Während 41 Prozent die Kirchen „sicher“ verlassen würden, meinen 30 Prozent, selbst unter solchen Umständen „wahrscheinlich nicht“ bzw. „sicher nicht“ aus der Kirche austreten zu wollen.
4. Fazit
Die geringe Transparenz und öffentlichen Kenntnisse über die Finanzierung von Caritas und Diakonie könnte für die Kirchen zu einem Problem werden, da ihre eigenen Mitglieder hinsichtlich dieser Thematik sehr empfindlich sind.
So zeigen die ALLBUS-Umfragen zum Kirchenaustritt („Kirchenaustritte: Wer, wann, warum“), dass die für die Zukunft der Kirchen wichtigen jungen und mittleren Altersgruppen besonders häufig finanzielle Gründe für den Kirchenaustritt angeben. Einer der meistgenannten Austrittsgründe in dieser Gruppe ist die „Unglaubwürdigkeit der Kirche“ – nicht nur, aber eben auch mit Blick auf die Verwendung des Kirchenvermögens.
(Carsten Frerk)
