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Kleeblätter, Schutzengel und schwarze Katzen

Der menschliche Geist ist dem magischen Denken gegenüber aufgeschlossen – sucht er doch beständig nach Mustern und Kausalitäten, nach Erkenntnis und Vorausschau von Zukünftigem. Das ist nicht nur eine Basis von Religionen – als ‚weiße Magie‘ – sondern auch für den Aberglauben – als ‚schwarze Magie‘. Beides ist weit verbreitet und wird wohl auch – als Grundelement der menschlichen DNA ‒ nicht verschwinden.

Fowid hat (2005) ALLBUS-Daten für 1991 und 1998 ausgewertet: „Glauben an paranormale Phänomene, 1991 und 1998“, sowie eine IfD-Allensbach-Umfrage (2005) zu „Aberglaube an (Un-)Glücksbringer“, die eine Zeitreihe 1973 ‒ 1990 ‒ 2000 ‒ 2005 referierte.

Über die Jahre hat sich der Anteil derjenigen in West-Deutschland, die nicht auf „gute und ungute Vorzeichen“ achten, von 43 Prozent auf rund 30 Prozent verringert.

Aus einer Listenvorlage von 20 „Vorzeichen“ finden nur fünf „Vorzeichen“ von mindestens einem Viertel der Befragten eine Beachtung. Spitzenreiter mit um die 40 Prozent Beachtung sind: „Vierblättriges Kleeblatt“, „Sternschnuppen“ und „Schornsteinfeger“ – allesamt mit einer positiven Bedeutung. Danach folgt die „schwarze Katze von links“ und die „Zahl 13“, die eine negative oder gemischte Bedeutung haben. Die Unterschiede zwischen Ost und West sind nur marginal und nicht signifikant.

Was hat sich seitdem getan?

Ebenfalls 2005 ließ das Magazin GEO durch forsa zum Thema „Warum glaubt der Mensch?“ fragen und titelte zum Ergebnis: „Deutsche glauben eher an Schutzengel als an Gott – Jeder Vierte fürchtet den Teufel“.

„Der Trierer Religionspsychologe Sebastian Murken wertet den verbreiteten Engelsglauben ‚als Beweis für die Sehnsucht nach persönlicher Fürsorge‘ – ein Bedürfnis, das der private Schutzengel offenbar besser erfüllt als ein einziger Gott: Während 66 Prozent an Schutzengel glauben, sind nur 64 Prozent der Deutschen überzeugt, dass es Gott gibt.
Knapp die Hälfte (45 Prozent) gab an, wenigstens gelegentlich zu beten, doch gehen nur wenige Menschen dafür in die Kirche: Bei 59 Prozent der Deutschen liegt der letzte Kirchgang mehr als einen Monat zurück, elf Prozent waren ‚noch nie‘ bei einem Gottesdienst. Dementsprechend niedrig ist mit 30 Prozent auch die Zahl der Menschen, die danach streben, ‚ein gottgefälliges Leben zu führen‘. 70 Prozent dagegen sehen den Sinn des Lebens darin, ‚anderen Menschen zu helfen‘.“

Zur Erinnerung: Die Taufe in den christlichen Kirchen hat ihren Ursprung als Reinigungszauber von Sünden.

2015 hat die Gothaer Versicherung das Institut forsa über die „Verbreitung von Aberglauben“ fragen lassen. Dabei wurden differenziert drei verschiedene Aspekte gefragt: Ob die Befragten sich selbst als abergläubisch einschätzen, welche abergläubische Regeln sie kennen und welche Regeln sie möglichst befolgen.

Hinsichtlich der Selbsteinschätzung antworten 69 Prozent der Befragten, sie seien „überhaupt nicht“ abergläubisch.

Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch zum Befund des IfD-Allensbach von 2005 aussieht (rund 30 Prozent nicht abergläubisch) ist es aber nicht.

Die Bekanntheit von abergläubischen „Regeln“ ist weit verbreitet und mehrheitlich sind sie, bis auf eine (Stolpern, Schritt zurück und neuer Schritt), bekannt. Spitzenreiter sind fünf „Regeln“, die mehr als Dreiviertel der Befragten bekannt sind: „Die Zahl 13“ / „Schwarze Katze“ – hier von rechts / „Geburtstage nicht vorfeiern“ / „Holz Klopfen bei Unglück“ sowie „nicht mit dem linken Fuß aufstehen“.

„Regeln“ zu kennen und sie möglichst zu befolgen, sind zwei verschiedene Themen und so zeigt sich, dass nur 30 Prozent (wie bereits 2005) keine der „Regeln“ befolgen, obwohl 69 Prozent von sich selbst sagten, sie seien nicht abergläubisch.

Drei „Regeln“ werden besonders beachtet: „Beim Zuprosten in die Augen schauen“ / „Geburtstage nicht vorfeiern“ sowie „auf Holz zu klopfen, wenn von Unglück gesprochen wird“. Frauen sind in dieser Hinsicht „abergläubischer“ als Männer und in den Altersgruppen zeigt sich der Trend, dass die Jüngeren „abergläubischer“ sind (zu 83 Prozent) als die älteste Gruppe (43 Prozent). Das liegt vorrangig an der Beachtung der Trinksitten, denn wenn man sich bei Anstoßen nicht in die Augen schaut, so drohen – wenn man abergläubisch ist ‒, „sieben Jahre Unglück oder gar schlechter Sex“.

Freitag der 13.

Obwohl das „Vermeiden der Zahl 13“ am bekanntesten ist (Tab. 2.2.) sagen nur wenige (6 Prozent), dass sie ihr Verhalten an einem „Freitag dem 13.“ ändern würden.

Insofern klafft die mediale Verbreitung einer „Regel“ und ihre alltägliche Befolgung weit auseinander, wobei die Nicht-Befolgung realiter angemessener ist.

Zu den medial meistzitierten Untersuchungen gehört, neben der bereits dargestellten Umfrage der Gothaer Versicherung, eine Statistik einer anderen Versicherung, denn zu „Freitag dem 13.“ gibt es auch tatsächliche Schadensdaten, wie die Zurich Versicherung es ausgezählt hat und (2017) meldete „Entwarnung für die Paraskavedakatriaphobiker“:

„Die Schadenauswertung von Zurich zeigt deutlich, dass am ‚schwarzen Freitag‘ im Schnitt sogar eher weniger Schäden passieren. Allen Paraskavedakatriaphobikern (abgeleitet aus dem Griechischen: Paraskave = Freitag; Dekatria = 13; Phobie = Angst) kann also Entwarnung gegeben werden. So ergab die Analyse, dass an allen Freitagen, die seit 2009 bis Ende 2016 auf einen 13. gefallen sind, im Schnitt knapp 1.900 Schäden gemeldet wurden - an allen anderen Tagen lag der Wert bei durchschnittlich 2.000 Schäden. Insgesamt wurden an Freitagen, die auf den 13. fallen sogar rund 10 Prozent weniger Schäden verzeichnet als an allen übrigen Freitagen. Denn grundsätzlich ist der Freitag mit durchschnittlich knapp 2.100 Meldungen laut Zurich Statistik der schadenreichste Tag einer Woche.“

Ebenso hat sich der ADAC (2020) die amtliche Unfallstatistik für 2018 angeschaut (in dem Jahr gab es zwei Freitage mit der Datumszahl 13) und konnte die Frage: „Unfälle: Freitag, der 3., besonders gefährlich?“ mit Daten beantworten: Einmal lag die Zahl der Unfälle über dem Durchschnitt, einmal unter dem Durchschnitt. Und: Freitag – generell – ist der unfallträchtigste Wochentag, weil Wochenendpendler und Ausflugsverkehr hinzukommen würden, also mehr Straßenverkehr ist, als an den anderen Wochentagen.

Auch YouGov stellte (2016) in zwei Umfragen fest, dass an einem Freitag, dem 13. den Befragten nicht mehr Missgeschicke passieren als an einem anderen Freitag.

Nach einem Bericht der WELT (2017): „Wie gefährlich kann ein Freitag, der 13., werden?“ wird allerdings berichtet, dass – nach einer Auswertung für die Jahre 2006 bis 2008 ‒ die Krankmeldungen bei der Kaufmännischen Krankenkasse um das Drei- bis Fünffache des Monatsdurchschnitts „rapide ansteigen“.

Dass Menschen einen Freitag den 13. auch als Glückstag betrachten, zeigt eine Meldung zum Casinospiel (2020) in Frankreich: „Freitag der 13. sorgt für rasanten Anstieg der Glücksspiel-Beteiligung“.

„Die französische Lotterie Française des Jeux (FDJ) verzeichnet eigenen Angaben zufolge an jedem Freitag den 13. einen drastischen Anstieg der Spielerbeteiligung. Demnach spielten an diesem symbolischen Tag fast doppelt so viele Menschen Glücksspiele wie an anderen Tagen.“

Dass auch die Politik reagiert, darüber konnte sich die österreichische Zeitung DER STANDARD Anfang Januar 2019 amüsieren: „Neues deutsches Sozialgesetzbuch für Abergläubische“, da in der Zählung der Sozialgesetzbücher die Nummer 13 nicht vergeben wurde und nach dem 12ten das 14. folgte.

„Mit derselben Logik müsste Deutschland auch die nächste Amtsperiode des Präsidenten auslassen, denn Frank-Walter Steinmeier ist das zwölfte Staatsoberhaupt der Bundesrepublik im Schloss Bellevue. Und die SPD müsste die Statue ihres Ehrenvorsitzenden Willy Brandt aus ihrer Zentrale entfernen – denn dieser war der 13. Vorsitzende in der Geschichte der Sozialdemokraten. Eigentlich sollten die geschichtsbewussten Deutschen die Zahl 13 als Glückszahl empfinden – schließlich war auch das tausendjährige Reich im 13. Jahr seines Bestehens untergegangen, was die Geburtsstunde der Bundesrepublik bedeutete.“

Und, schließlich: Anlässlich der Fußball-WM 2018 berichtete die Deutsche Welle (DW) über: „Glatzenküsse, Salz und Kaugummi: Kuriose Rituale auf dem Fußballplatz“ und zitierte eine forsa-Umfrage, dass acht Prozent der Deutschen an einen Fußballgott glauben. Das ist in etwa die gleiche Größenordnung von aktiven Religionsmitgliedern in Deutschland, die mindestens einmal im Monat in die Kirche/Moschee gehen.

(CF)