Sie sind hier

Australien: Mehrheit für Trennung von Staat und Religion

In Ergänzung der Ergebnisse des Zensus 2021, in der sich 39 Prozent der Australier als konfessionsfrei bezeichneten, hat eine Mehrheit von 53 Prozent eine formale Trennung von Staat und Religion gutgeheißen. Der hohe Wert der Unentschlossenen (35 Prozent) kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass für eine Zustimmung noch weiteres zukünftiges Potential vorhanden ist.

Vorbemerkung

In der Verfassung Australiens wird – in Art. 116 – festgelegt, dass der Staat sich in Bezug auf Religionen neutral zu verhalten habe.

„Das Commonwealth [Bundesparlament] darf kein Gesetz erlassen, um eine Religion zu gründen, religiöse Einhaltung zu erzwingen oder die freie Ausübung einer Religion zu verbieten, und es ist keine religiöse Prüfung als Qualifikation für ein Amt oder ein öffentliches Vertrauen im Rahmen des Commonwealth erforderlich.“

Weitere Bestimmungen sind nicht vorgesehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass über Religion und Politik nicht gestritten wird, insbesondere von Religionsvertretern.

Am 30. Januar 2023 berichtet der Sidney Morning Herald, dass Dominic Perrottet (Premierminister von New South Wales, ein Katholik, der Schüler auf einer Schule des Opus Dei gewesen war) erklärt hat, „dass es kein Verbrechen sei, Katholik zu sein und dass er für die Trennung von Staat und Kirche“ sei. (“‘Not a crime to be Catholic’: Perrottet defends faith as former school comes under fire”)

“It’s not a crime to be Catholic,” the premier said. “I am a strong believer in parental choice when it comes to education. What I believe as a Liberal premier of this state is … the separation of church and state.”

Dominic Perrottet wird als konservativer Katholik bezeichnet. Im Oktober 2021 wird – nach Kritik der prominenten Pastorin Stephanie Dowrick an Perrettot – vom „Sidney Institute“ thematisiert, dass „Premier Perrottet sehr viel mehr sei, als sein Glaube“ (“Premier Perrottet is so much more than just his faith”)

„Für Dowrick ist wichtig, dass Perrottet, wie sie es ausdrückte, ‚ein äußerst konservativer Katholik mit Ansichten ist, die das extremste Ende einer männlich-institutionellen Kirche repräsentieren‘.
Dowrick zufolge ist Perrottet nicht nur ‚zu jung‘ und ‚mit zu wenig Lebenserfahrung und Perspektive‘, sondern repräsentiert auch eine ‚wachsende Zahl hochkonservativer Christen in einflussreichen Positionen‘, die ‚eingedämmt‘ werden müsse. Die Ausweitung der Zielgruppe von ‚sehr konservativen Katholiken‘ auf ‚sehr konservative Christen‘ soll auch Premierminister Scott Morrison einschließen, den Dowrick als Pfingstchristen bezeichnete - mehr nicht.“

Als er im November 2021 erklärte, dass sein Glauben Privatsache sei, wurde er dafür von einem katholischen Kommentator „Public faith and Perrottet“ scharf kritisiert.

„Kürzlich von Karl Stefanovic, dem Meister des Frühstücksfernsehens, bedrängt, beschrieb Perrottet seinen Glauben als persönlich und griff damit auf ein altbewährtes Alibi für Gläubige zurück, die nach der Macht greifen. Dies scheint die notwendige Kniebeuge vor einem biederen Säkularismus zu sein, der die Erfahrung, die für das öffentliche Leben als relevant angesehen wird, auf nicht viel mehr als das Technokratische in der Wirtschaft und einen ‚anything goes‘-Ansatz für das soziale und gemeinschaftliche Leben reduziert.“

Die Umfrage

Vor dem Hintergrund dieser Diskussion und der Aussage des Premierministers, dass er für eine Trennung von Staat und Religion sei, ließ die „Secular Association of NSW“ durch das Umfrageinstitut YouGov klären, was die Bevölkerung dazu meint.

Die Umfrage lief am 6./7. Februar 2023 und die Frage lautete: „Australien hat keine formelle Anerkennung der Trennung von Regierung und Religion. Würden Sie eine Verfassungsänderung zur formellen Trennung von Regierung und Religion gutheißen oder ablehnen? Bitte wählen Sie nur eine Option.“ („Australia has no formal recognition of separation of government and religion. Would you approve or disapprove of a constitutional amendment to formally separate government and religion? Please select one option only.“

53 Prozent der Befragten würden eine formale Trennung von Staat und Religion gutheißen, 12 Prozent lehnen das ab und 35 Prozent sind Unentschlossen und haben dazu keine Meinung.

Mit Bezug auf das Ergebnis des Zensus 2021, in dem sich 38,9 Prozent der Australier als „konfessionsfrei“ erklärten, heißt das, dass auch 14 Prozent der Religiösen sich für eine formale Trennung von Staat und Religion ausgesprochen haben.

Der auffallend hohe Anteil der Unentschlossenen („Weiß nicht“) von gut einem Drittel der Bevölkerung (35 Prozent) kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass davon ein Teil sich der Zustimmung zuwendet, so dass der Zustimmungswert zukünftig noch höher werden kann.

Der Anteil der Unentschlossenen beeinflusst auch maßgeblich den Anteil der Zustimmung. Während die Anteile derjenigen, die eine solche Trennung ablehnen nur eine geringe Schwankungsbreite hat (von 9 bis 15 Prozent) ist die der Zustimmung größer (von 45 bis 69 Prozent).

Die höchsten Zustimmungswerte erhält diese Thematik von 35-49-Jährigen Befragten (58 Prozent), von Männern (59 Prozent) und Akademikern (69 Prozent).

Der größte Unterschied in der Zustimmung besteht zwischen den Territorien New South Wales (56 Prozent) und Western Australia (46 Prozent).


(CF)