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Kirchliche Eheschließungen und Scheidungen in Deutschland

Der Trend, eine Eheschließung mit dem kirchlichen Segen zu verbinden, sinkt weiter. Während 1953 noch nahezu 80 Prozent aller Trauungen mit der kirchlichen Zeremonie begangen wurden, ist dieser Anteil im Jahr 2018 auf rund 18 Prozent gesunken. Das heißt, dass nur noch jedes fünfte Paar den evangelischen oder katholischen Segen einholt (jeweils ca. 9 Prozent).

Von Elke Schäfer

Im Jahr 2018 werden nur noch 18,4 Prozent der Ehen auch kirchlich getraut (9,1 Prozent evangelisch, 9,3 Prozent katholisch), d. h. nur noch ca. jede fünfte Ehe bekommt einen kirchlichen Segen.

Besonders betroffen - auch von den zukünftigen Konsequenzen - ist die evangelische Kirche, die   469.174 Trauungen (zwischen 1970 und 1990) weniger zu ‚verbuchen’ hat, als die Katholische Kirche. Allein in den zehn Jahren von 1973 bis 1982 sind es knapp 300.000 weniger evangelische Trauungen als katholische ‚Einsegnungen’. Seit 1990 verlaufen die katholische und evangelische Trendlinien nahezu parallel auf gleichem Niveau nach unten. In den Jahren 1998 bis 2008 gibt es pro Jahr ca. 5.000 evangelische Trauungen mehr als katholische. Ab 2015 Jahren unterscheiden sich die Zahlen kaum noch.


Beide Partner evangelisch oder katholisch

Bei Eheschließungen, bei denen die Partner den gleichen Glauben haben, stellt die Religion einen wichtigeren Rang dar, als die formale Kirchenmitgliedschaft beider Partner. Die Frage, ob die Kinder in die Kirche gehen und wenn ja, in welche, ist bei religiös-weltanschaulich homogenen Partnerschaften nicht relevant und insofern wird der Glaube mit größerer Wahrscheinlichkeit an die Kinder eher weitergegeben, als in nicht-glaubensgleichen Partnerschaften. Somit ist der „Garant“ für künftige Kirchenmitgliedschaften eher in den glaubenshomogenen Ehen zu sehen.

Im Durchschnitt werden bei den katholischen Eheschließungen ca. 63 Prozent und bei den evangelischen etwa 57 Prozent glaubenshomogene Ehen geschlossen. Zwischen den Bistümern besteht die Spreizung zwischen 22,4 (Berlin) und 71,9 (Augsburg) Prozent (durchschnittlich über die letzten 15 Jahre), in den Landeskirchen der Evangelischen Kirche zwischen 42,2 (Baden) bis 85,3 Prozent (Sachsen) - durchschnittlich über die letzten 18 Jahre. Innerhalb der Bistümer und Landeskirchen gibt es bis auf wenige Ausnahmen innerhalb der letzten 15 bzw. 18 Jahre (ab 2000 bzw. 2003) nur geringfügige Änderungen der Anteile. So zum Beispiel hatte das Bistum Görlitz im Jahr 2003 noch 60 Prozent Eheschließungen, bei denen beide Partner katholisch waren, 2018 nur noch 33 Prozent, in der Landeskirche Berlin Brandenburg waren 2000 noch bei 65 Prozent beide Partner evangelisch, 2007 nur 55 Prozent, aber 2018 wieder 76 Prozent, in der Landeskirche Mitteldeutschland ist der Anteil der Eheschließungen mit evangelischen Partnern von 71,8 (2000) auf 37,1 Prozent (2018) gesunken.

Inzwischen lässt auch die Katholische Kirche zu, dass ein(e) Katholik(in) einen andersgläubigen oder konfessionsfreien Partner mit katholischer Zeremonie heiraten darf. Einzige Bedingung: Die künftigen Kinder müssen katholisch erzogen werden. Jedoch ist die Chance, dass das Kind tatsächlich den „beschlossenen“ Glauben behält wohl etwas geringer, als bei glaubenshomogenen Ehen.

Seit 2009 ist es auch gestattet, ohne vorherige standesamtliche Trauung kirchlich zu heiraten. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die standesamtliche Eheschließung trotz des Wegfalls des Voraus-Trauungsverbots auch weiterhin den „Normalfall“ darstellen wird, von dem nur in seltenen Fällen abgewichen werden wird. Es wird im Einzelfall geprüft, welche Gründe vorliegen, die standesamtliche Eheschließung nicht anzustreben und wie das mit dem katholischen Eheverständnis vereinbar ist. Einziger Ausschluss bei Katholiken ist die Heirat eines geschiedenen Partners. Doch auch da gibt es inzwischen Abhilfe. Papst Franziskus hat das Kirchenrecht 2015 reformiert.

Gleichgeschlechtliche Ehen

Gleichgeschlechtliche Paare können in Deutschland seit dem 1. Oktober 2017 eine Ehe eingehen oder ihre zuvor geschlossene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen. In den östlichen Bundesländern Deutschlands erfolgte 2018 etwa jede 13. standesamtliche Eheschließung zwischen Gleichgeschlechtlichen. Von den 449.466 Eheschließungen in Deutschland waren 32.904 Eheschließungen jeweils etwa zur Hälfte gleichgeschlechtlich. Der Anteil lag bei 7,6 Prozent. (idea-Umfrage bei den Statistischen Landesämtern Ost, idea 33/2019; S. 30). Gesamtzahlen liegen von verschiedenen Bundesländern noch nicht vor. In Berlin, Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt fanden 2018 insgesamt 73.462 Eheschließungen statt, von denen 5.573 gleichgeschlechtliche waren. In Berlin gaben sich 2018 allein 15.660 Paare das Jawort, darunter 2.540 gleichgeschlechtliche (16,2 Prozent). Mehrheitlich (1.551) wurde eine bereits bestehende Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt. In Brandenburg schlossen 903 Partner des gleichen Geschlechts (5,8 Prozent) den Bund fürs Leben von insgesamt 15.440 Paare. Auch vor den Kirchentüren machen gleichgeschlechtliche Eheschließungen nicht halt. In der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sind Gottesdienste zur Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren seit 2016 den Traugottesdiensten für Ehepaare gleichgestellt. 2018 wurden nach Angaben der Pressestelle 50 solcher Trauungen durchgeführt, davon 43 in Berlin und sieben in Brandenburg.

Im Freistaat Sachsen waren 2018 von 20.586 Paaren, die sich das Eheversprechen gaben, 1.088 homosexuell (5,3 Prozent). Die meisten gleichgeschlechtlichen Eheschließungen (291) registrierten die Behörden in Leipzig. In der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens können sich homosexuelle Ehepaare im Gottesdienst segnen lassen, 2018 nahmen 10 Paare diese Möglichkeit in Anspruch.

In Thüringen wurden 2018 nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik 10.406 Ehen geschlossen, darunter 441 von Paaren gleichen Geschlechts (4,2 %). Die meisten gleichgeschlechtlichen Paare (80) heirateten in Erfurt. In der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland findet die Segnung in einem öffentlichen Gottesdienst statt. Laut Pressesprecher Friedemann Kahl (Magdeburg) werden die Zahlen jedoch statistisch nicht erfasst.

Das Statistische Landesamt Sachsen-Anhalt registrierte 2018 unter den 11.370 Hochzeiten 601 Eheschließungen von Homosexuellen (5,3 %). Davon waren 369 bereits als Lebenspartnerschaft eintragen. Und obwohl in der Evangelischen Landeskirche Anhalts „Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare“ möglich sind, ist für 2018 keine Segensfeier bekannt. Im Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Mecklenburg und dem Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis der Nordkirche werden kirchliche Trauungen Homosexueller statistisch nicht extra erhoben.

Scheidungen - Trennungen

Eine bürgerliche Ehe kann durch eine richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden. In der katholischen Kirche können sich Eheleute, die in einer gültig geschlossenen und vollzogenen sakramentalen Ehe miteinander verbunden sind, nur trennen. Trennen bedeutet aber nicht „Scheidung“. Eine Aufhebung des Ehebundes  ist nach katholischer Lehre nicht möglich: „Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!“ wird bei der Trauung vom Priester gesagt.

Auf „Katholisch.de“ ist dazu 2015 zu lesen:

„Franziskus äußerte den Wunsch, alle Ehenichtigkeitsverfahren kostenfrei für die Betreffenden anbieten zu können. „Auch die Sakramente sind gratis. Die Sakramente geben uns die Gnade. Und der Eheprozess ist verbunden mit dem Sakrament der Ehe. Wie sehr würde ich mir wünschen, dass alle Prozesse kostenfrei wären!“ Der Papst zeigte sich erfreut darüber, dass die Rota für Personen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten einen kostenlosen Rechtsbeistand zur Verfügung stelle.
In der katholischen Kirche gibt es seit längerem eine Diskussion um den Umgang mit Wiederverheiratet Geschiedenen. Diese sind nach dem Kirchenrecht von den Sakramenten ausgeschlossen, da die Ehe - ist sie einmal vor Gott geschlossen - nach kirchlichem Verständnis unauflöslich ist. Es gibt jedoch immer wieder Vorstöße, die für einen barmherzigen Umgang mit Wiederverheirateten werben…“

Seit 2015 ist es wesentlich einfacher, ein „Ehenichtigkeitsverfahren“ zum Erfolg zu führen. Bei einer Annullierung wird nicht eine Ehe geschieden, sondern festgestellt, dass sie ungültig ist und nie bestanden hat, etwa weil Voraussetzungen zur Schließung einer sakramentalen Ehe fehlten. Dazu zählen Formfehler (Fehlen von Trauzeugen) oder sogenannte Willens- und Erkenntnismängel (wenn ein Partner von vornherein Kinder ausschließt). Und es ist keine zweite Instanz mehr zwingend. Die Regeln für die Beweiserhebung wurden gelockert und sogar ein Schnellverfahren wurde eingeführt (bisher in Deutschland kaum von Bedeutung). Auch ist die „Klageerhebung“ mittlerweile einfacher, da dies im heimatlichen Bistum möglich ist und das Verfahren durch den Papst kostenfrei gestellt wurde. Nicht zuletzt haben die neuen Erlasse des Papstes die Verfahren bekannter gemacht und zu einer höheren Nachfrage geführt. Nach der Nichtigerklärung kann jeder der beiden Partner wieder kirchlich heiraten. 22 katholische Gerichte existieren in Deutschland. Nach vatikanischen Angaben wurden 2013 in Deutschland 740 Ehen annuliert, im Jahr 2015 waren es 582 und im Jahr 2016 urteilte man in 753 Ehenichtigkeitsprozessen.

Im Gegensatz dazu ist die Ehe nach evangelischem Verständnis kein Sakrament, sondern eine weltliche Angelegenheit. Sie wird auf dem Standesamt geschlossen und nicht in der Kirche. Aus diesem Grunde ist es weder nötig noch möglich, durch die evangelische Kirche eine Ehe annullieren zu lassen. Eine Ehe endet, wenn ein Gericht sie ordnungsgemäß scheidet.