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Nationale Identität, Sprache und Glaube

Was braucht es, um als Zugewanderte/r von den Einwohnern eines Landes als „Eine/r von uns“ anerkannt zu werden? Welche Rolle spielt der Geburtsort, die Sprache, die Kenntnis und Übernahme kultureller Traditionen, die Religionszugehörigkeit? Das fragte das PEW-Forschungszentrum in 14 Ländern, auch in Deutschland.

In Zeiten von erheblichen Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, in denen immer wieder Ängste sichtbar werden, die auf Fremdenfeindlichkeit beruhen, hat das PEW-Forschungszentrum Aspekte erfragt, die der Frage nachgehen: „Was ist erforderlich, um wahrhaftig wie „Eine/r von uns“ zu sein?“

Geburtsort

In den Debatten, was es ausmacht, ein „wahrer“ Deutscher, Franzose, Grieche etc. zu sein, spielt der Geburtsort immer wieder eine große Rolle. Die Forscher von PEW fanden jedoch, dass der Geburtsort von den Befragten nicht generell als der wichtigste Aspekt genannt wurde.

In Europa wird diese Ansicht – das man ‚Eingeborner‘ sein müsse - am stärksten in Ungarn, Griechenland, Italien, Polen und Spanien vertreten – alles Länder mit einer dominierenden katholischen bzw. orthodoxen Mehrheitsreligion. In den Niederlanden, Deutschland und Schweden hat es nur eine geringe Bedeutung. Im Allgemeinen hat diese Aspekt für Ältere eine größere Bedeutung als für jüngere Befragte.

Sprache

Als wesentlichstes Element für eine Integration wird die Landessprache angesehen. Auch in den Ländern, in denen der Geburtsort als nicht so wichtig angesehen wurde - wie in den Niederlanden, Großbritannien, Deutschland und Frankreich - wird die Beherrschung der Nationalsprache als wichtigstes Kriterium gesehen.

Auch noch in Italien, wo dieser Aspekt mit der relativ geringsten Wichtigkeit gesehen wird, sind es noch 59 Prozent der Befragten, die die Sprachbeherrschung als „sehr wichtig“ ansehen.

Kultur und nationale Traditionen

Die in Deutschland in vergangenen Jahren so sehr diskutierte deutsche „Leitkultur“ stellt sich im internationalen Kontext als zwar „schon wichtig“ (44 Prozent) aber nur wenige (23 Prozent) betrachten diesen Aspekt als „sehr wichtig“.

Diese Einstellung von „schon wichtig“ bzw. „sehr wichtig“ wird zwar mehrheitlich in allen Ländern der Umfrage so benannt, aber bei den Ländern, in denen diese nationale Kultur und Traditionen für neun von zehn Befragten „wichtig sind“, handelt es sich (wiederum) um Ungarn, Griechenland und Polen.

Religion und Glaube

In allen Staaten (außer Japan) wurde gefragt, ob sie das Christ oder katholisch sein, als wichtig für die nationale Identität erachteten. In den 13 Staaten, in denen diese Frage gestellt wurde, sagten nur 15 Prozent aller Befragten, dass es „sehr wichtig“ sei. Nur in Griechenland betrachteten mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) das Christsein für ihre nationale Identität als „sehr wichtig“.

In der Gruppe, bei denen rund 30 Prozent der Befragten, diese Religionszugehörigkeit für ihre nationale Identität als „sehr wichtig“ erachten, gehören neben Griechenland noch Polen (34 Prozent), die USA (32 Prozent), Italien (30 Prozent) und Ungarn (29 Prozent).

Der direkte enge Zusammenhang zwischen Katholiken und Religion als sehr wichtiges Identitätsmerkmal wird nicht nur durch die USA relativiert, sondern auch durch die geringen Werte dieses „sehr wichtig“ in Frankreich (10 Prozent) und Spanien (9 Prozent).

Hinter dem Mittelwert von 11 Prozent der Befragten in Deutschland, die ihr Christsein für ihre nationale Identität als sehr wichtig erachten, verbirgt sich ein Generationsunterschied, der innerhalb der beteiligten Länder einmalig ist: In der Altersgruppe der 18-34-Jährigen betrachtet keiner der Befragten die Religion als sehr wichtig für das Empfinden seiner nationalen Identität.

Die Unterschiede sind generell (mit drei Ausnahmen), dass die jüngeren Befragten, die Religion als weniger wichtig halten als die beiden älteren Gruppen. In Griechenland, Polen, Italien und Ungarn sind es allerdings auch in dieser Altersgruppe 20 Prozent und mehr der Befragten, die Religion als Teil der nationalen Identität als sehr wichtig betrachten.

Rangfolge der Wichtigkeiten

In einer Zusammenfassung der vier befragten Elemente für die Wichtigkeit als Teil der nationalen Identität zeigt sich für die Länder Europas eine klare Abfolge der Wichtigkeiten.

Für Dreiviertel der befragten Europäer ist die Beherrschung der Landessprache das wesentlichste Element, für die Hälfte der Befragten sind Kultur und Traditionen wesentliche Elemente, ein Drittel nennt den Geburtsort als „sehr wichtig“ und für 15 Prozent ist das Christ sein „sehr wichtig“.

Abgesehen davon, dass bei der Religionsfrage der Anteil der „Keine Antwort/Weiß nicht“ am höchsten ist, äußern mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent) in Europa, dass dies für ihr Empfinden einer nationalen Identität „nicht sehr wichtig“ bzw. „überhaupt nicht wichtig“ sei.                                      (CF)