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Österreich: Konfessionelle Privatschulen

Der Statistik-Beobachter: Die Erzdiözese Wien hat eine Pressemitteilung veröffentlicht, die vom ORF übernommen wurde und in der berichtet wird, dass die Anzahl der Schülerinnen und Schüler an katholischen Privatschulen im Schuljahr 2019/2020 wiederum weiter gestiegen sei: „Der Zuwachs fällt damit etwas geringer aus als im Vorjahr. Insgesamt wachsen die Schülerzahlen aber konstant. Seit dem Schuljahr 2014/15 verzeichnen die katholischen Privatschulen ein Plus von 6,25 % bei ihren SchülerInnen.“ Das lässt sich überprüfen.

Privatschulen

Im Nationalen Bildungsbericht Österreich 2018 heißt es zu den Privatschulen: „Privatschulen sind Schulen, die von anderen als den gesetzlichen Schulerhaltern errichtet und erhalten werden (siehe Privatschulgesetz). Sie setzen sich in Österreich aus konfessionellen und nichtkonfessionellen Schulen zusammen, wobei der größte Anteil der konfessionellen Schulen von katholischen Privatschulen abgedeckt wird. Daneben gibt es reformpädagogische Schulformen sowie fremdsprachige Schulen mit z. T. ausländischem Lehrplan. Als konstitutives Element von Privatschulen ist „die Freiheit zu wählen“ zu nennen. Die Schulleitung kann sowohl die Lehrer/innen als auch die Schüler/innen samt ihren Eltern auswählen.“

Und, zur Anzahl der Schulen/Schüler heißt es in „Bildung in Zahlen. Schlüsselindikatoren und Analyse, 2017/2018, S. 30):  „Von den über 6.000 Schulen in Österreich sind 12,4 % Privatschulen, diese wurden im Schuljahr 2017/18 – über alle Schultypen gerechnet – von rund 117.300 Schülerinnen und Schülern (10,4 %) besucht. Von 43,5 % der Privatschulen sind Religionsgemeinschaften die Träger, der Großteil davon wird von der römisch-katholischen Kirche erhalten. Drei von zehn Privatschulen sind Ausbildungseinrichtungen, die von Vereinen oder Privatpersonen – meist als Alternativen zu öffentlichen Volksschulen, Hauptschulen, Neuen Mittelschulen oder AHS, wie z. B. Waldorf- oder Montessorischulen – geführt werden. Im Bereich der berufsbildenden Schulen findet man vermehrt Einrichtungen der Sozialpartner (Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer bzw. Berufsförderungsinstitut). Sie bieten spezielle berufsbezogene Ausbildungen an, wie zum Beispiel Werkmeisterschulen für berufstätige Schülerinnen und Schüler.“

Finanzierung

Zum formalen Hintergrund und finanziellen Status der katholischen Privatschulen schreibt die Erzdiözese Wien: „Die katholischen Privatschulen (KPS) in Österreich besitzen das Öffentlichkeitsrecht. Sie unterliegen der staatlichen Schulaufsicht und ihr Lehrpersonal wird durch die öffentliche Hand bezahlt. Die sonstige Finanzierung der KPS — etwa der Erhalt der Schulgebäude — erfolgt über das Schulgeld.“

Soziale Segregation

Zum Unterschied zwischen den öffentlichen und den Privatschulen heißt es im Nationalen Bildungsbericht 2018: „Die Selektion zwischen privaten und öffentlichen Schulen geht mit einer sozialen Segregation einher. Schüler/innen in Privatschulen stammen wesentlich häufiger aus Akademikerfamilien und haben wesentlich seltener Migrationshintergrund als Schüler/innen in öffentlichen Schulen gleicher Besiedlungsdichte. Diese Unterschiede zeigen sich mit wenigen Ausnahmen unabhängig von der Besiedlungsdichte der Schulstandorte und Schulstufen. In Volksschulen sind die Unterschiede stärker als in den bereits sozial segregierten Schultypen der Sekundarstufe I. Österreichweit ist der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund in privaten und öffentlichen Schulen zwar ähnlich groß, dies ist aber eine Folge der Verteilung der Schulstandorte der privaten Schulen, die wesentlich häufiger in dicht besiedelten Gemeinden mit höherem Anteil an Migrantinnen und Migranten an der Wohnbevölkerung liegen.“

Nicht erwähnt wird dabei die Kostenfrage, d. h. welche Eltern sich das Schulgeld und die weiteren Kosten leisten können: Zwischen 1.500 und 3.000 Euro jährlich.

Und: „Seit der Volkszählung 2001 dürfen in Österreich bei Volkszählungen keine Daten zur Religionszugehörigkeit mehr erhoben werden. Aus diesem Grund gibt es keine von Seiten des Staates erfassten aktuellen Mitgliederzahlen von in Österreich vertretenen Religionsgemeinschaften.

Jedoch werden von manchen Religionsgemeinschaften regelmäßig statistische Daten zur Mitgliederzahl veröffentlicht, die auf eigener Zählung basieren.“ (Statistik Austria)

Das geschieht auch bei den katholischen Privatschulen und so weiß man etwas über die Religionszugehörigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Nach der Medieninformation vom 23.01.2020 sind es im Schuljahr 2019/20 mit der Ausrichtung „Christliches Menschenbild als Basis katholischer Schulidentität“: 57.155 (= 76,6 Prozent) römische Katholiken, 6.681 (= 9,0 Prozent) ohne religiöses Bekenntnis, 3.410 (= 4,6 Prozent) Evangelische sowie 3.224 (4,3 Prozent) Islamische Glaubensgemeinschaft.

Statistische Daten 2006/07 – 2018/19

Für die konfessionellen Privatschulen liegen die Daten in den jährlichen Berichten der Statistik Austria vor, in denen Anzahl der Schulen, Klassen sowie Schülerinnen und Schülern „nach Schulerhalter“ im Einzelnen publiziert werden. Die statistische Datenbank von Statistik Austria STATcube ermöglicht den Abruf einzelner Bereiche und Zeiträume.

Zu den konfessionellen „Erhaltern“ zählt die römisch-katholische Kirche, die evangelische Kirche, die israelitische Kultusgemeinde sowie die Islamische Glaubensgemeinschaft. In den folgenden Tabellen werden die Daten für die Schulen der israelitische Kultusgemeinde sowie der islamischen Glaubensgemeinschaft nicht berücksichtigt, da sie gering sind. Im Schuljahr 2018/2019 „erhalten“ diese beiden Religionsgemeinschaften 8 bzw. 4 Schulen, mit 44 bzw. 22 Klassen und 627 bzw. 320 Schülerinnen und Schülern. Bezogen auf die Schülerzahl sind das 0,06 bzw. 0,03 Prozent.

Katholisch / Evangelisch

Die ehemalige katholische Staats-Kirche ist in Österreich dominierend (Ende 2018 mit 5.052.727 Kirchenmitgliedern), die Evangelischen haben 2018 genau 292.429 Kirchenmitglieder gezählt. Das ist eine Relation von 94,5 zu 5,5 Prozent.

Zudem: Für die aktuelle Pressemitteilung der Erzdiözese Wien (vom 23. Januar 2020) gibt es auf Seiten der Evangelischen keine Entsprechung und, laut angefragter Auskunft bei Statistik Austria, wird es die offiziellen, endgültigen Zahlen für das Schuljahr 2019/20 erst im November 2020 geben.

Schulen

In der Zeitspanne der Schuljahre 2006/07 bis 2018/19 hat sich die Zahl aller Schulen in Österreich um 315 (= - 5 Prozent) verringert. Bei den katholischen Privatschulen sind es, bei einem Ausgangsbestand von 293 Schulen, 6 Schulen weniger (= - 2 Prozent), bei den Evangelischen, bei einem Ausgangsbestand von 20 Schulen, 11 Schulen mehr (= + 55 Prozent).

Während also die Katholischen Privatschulen, etwas abgeschwächt, dem Gesamttrend der Reduzierung folgen, haben die Evangelischen die Zahl ihrer Schulen, auf niedriger Basis, deutlich erhöht. Die innerchristliche Relation beläuft sich auf 90,2 zu 9,8 Prozent.

Nach der Pressemeldung vom 20.1.2020 wird  von einer geringeren Steigerung von Schüler/innen an katholischen Schulen zum Vorjahr gesprochen im Vergleich zum Vorvorjahr. Wenn man jedoch die angegebene Zahl 2019 betrachtet, dann sind das 2.182 mehr Schüler/innen als 2018 und auch 2018 gab es bereits 1.068 Schüler und Schülerinnen mehr als 2017 an den katholischen Privatschulen. Dies sind in den beiden Jahren ein Zuwachs, der 5 bzw. 10 mal höher ist, als in den Jahren davor. Wieso spricht man da in der Pressemitteilung von geringerer Steigerung?

Das Plus der Schülerzahl gegenüber dem Schuljahr 2014 beträgt jedoch noch keine 6,25 Prozent, es sind, wenn man die angegebene hohe vorläufige Zahl von 2019 annimmt, nur 5,5 Prozent. Interessant wird sein, wenn die bestätigten Zahlen gegen Jahresende veröffentlicht werden.

Schulklassen

Im Berichtszeitraum der Schuljahre 2006/07 bis 2018/2019 vergrößert sich die Anzahl aller Klassen um 1.665 (= +3,1 Prozent). Die Klassenanzahl hat sich an den Privatschulen in dem Zeitraum insgesamt um 20,5 Prozent erhöht. Die Erhöhung der Anzahl der Klassen in Katholischen Privatschulen liegt (mit +13,6 Prozent) deutlich unter dem und wird nur durch relativen Zuwachs (+91,8 Prozent) bei der Anzahl der Klassen an Privatschulen der Evangelischen übertroffen.


Schülerinnen und Schüler

Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in Österreich hat sich im Zeitraum Schuljahr 2006/07 bis 2018/19 von 1,21 Mio. auf 1,14 Mio. reduziert (- 6,6 Prozent). Wobei dies vorwiegend bei den öffentlichen Schulen zutrifft, die Privatschulen insgesamt hatten in dem Zeitraum einen Zuwachs von über 12.400 Schülern und Schülerinnen (+12,1 Prozent). Die Katholischen Privatschulen haben ihre Schülerzahl um knapp 3.700 steigern (+5,3 Prozent) und die Evangelischen um mehr als 2.100 Schüler/innen (+77,5 Prozent) erhöhen können.

Hinsichtlich der Zahl der Schülerinnen und Schüler an christlichen Schulen (77.412 im Schuljahr 2018/19) ist es eine Relation von 93,7 (katholische Kirche) zu 6,3 Prozent (Evangelische Kirchen).

Fazit

1. Die Angabe zur Anzahl der Schülerzahl für das Schuljahr 2019/20 ist nur eine vorläufige, da die offiziellen, endgültigen Zahlen erst im November 2020 vorliegen werden. Die angegebene Steigerung der Schülerzahlen würde damit nach den eigenen Angaben bei den katholischen Schulen um das 10fache höher liegen als in den Jahren 2014 bis 2017.

2. Im Vergleich zum Rückgang der Schülerzahl an allen Schulen in Österreich (- 6,6 Prozent) haben die Privatschulen generell einen Zuwachs erreichen können. Die katholischen Privatschulen haben ihren ‚Bestand‘ 2018/19 ebenfalls erhöhen können (5,3 Prozent in Bezug auf 2006/07).

3. Für einen Vergleich mit 2019/20 (Angabe: 6,25 Prozent) fehlen die endgültigen, offiziellen Zahlen der Schüler, die erst im November 2020 vorliegen werden. Doch auch mit der vorläufig angegebenen Zahl beträgt die Steigerung zu 2014 (ein Jahr mit vergleichsweise weniger Schülern) nur 5,5 Prozent.

4. Im Vergleich zu den Anteilen der katholischen Privatschulen sind die Anteile der Evangelischen (mit Bezug auf den Kirchenmitgliederanteil von 5,5 Prozent) an den Schulen (9,9 Prozent), Klassen (6,7 Prozent) und Schülern (6,3 Prozent) jeweils höher.

5. Zudem sind die Veränderungsraten der evangelischen (Schulen +55, Klassen +91,8 und bei den Schülerinnen und Schülern +77 Prozent) deutlich besser als für die katholischen Privatschulen (-2 bei den Schulen, +13,6 bei den Klassen und  5,3 Prozent bei den Schülerinnen und Schülern.)

(CF und SFE)