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Religions- und / oder Ethikunterricht?

Hinsichtlich von drei Alternativen spricht sich 2022 die absolute Mehrheit der Deutschen (72 Prozent) für einen Ethikunterricht für alle aus. Rund zwei Drittel von ihnen (50 Prozent insgesamt) befürwortet zudem einen zusätzlichen Religionsunterricht mit freiwilliger Teilnahme, ein gutes Fünftel (22 Prozent insgesamt) ist dafür, dass das Fach Religionslehre entfällt. Nur 3 von 10 (28 Prozent) wollen, dass es so bleibt, wie es ist, mit getrenntem Unterricht.

In einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK (Nürnberg) zum Religions-/Ethikunterricht (im Auftrag des Bund für Geistesfreiheit Bayern, Erhebungszeitraum: 24.02.-20.03.2022, Stichprobe: 4.030 Personen im Alter von 18-74 Jahren, die die deutschsprachige Bevölkerung repräsentieren) wurden den Befragten die Frage vorgelegt: „Unsere Gesellschaft ist zunehmend bunter und vielfältiger geworden. Welchen der folgenden Vorschläge zum Schulunterricht halten Sie für am besten geeignet, ein friedvolles Miteinander der Menschen zu fördern?“ Die drei Antwortalternativen lauteten:

  1. Schüler/innen mit Religionszugehörigkeit besuchen das Fach Religionslehre, alle anderen Schüler das Fach Ethik.
  2. Alle Schüler/innen besuchen das Fach Ethik. Das Fach Religionslehre wird zusätzlich angeboten, die Teilnahme ist jedoch freiwillig.
  3. Alle Schüler/innen besuchen das Fach Ethik. Das Fach Religionslehre entfällt.“

Das Ergebnis: Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) spricht sich für einen Ethikunterricht für alle aus und einem zusätzlichen Religionsunterricht mit freiwilliger Teilnahme, 28 Prozent wollen, dass SchülerInnen mit Religionszugehörigkeit das Fach Religionslehre besuchen, alle anderen das Fach Ethik – also eine Regelung wie sie aktuell in den meisten Bundesländern praktiziert wird -, und die dritte Gruppe (22 Prozent) stimmen für einen Ethikunterricht für alle, wollen aber, dass das Fach Religionslehre entfällt.

Für eine realitätsorientierte Auswertung erscheint es angebracht, die Präferenzen auf die Alternativen „Entweder Religionsunterricht oder Ethikunterricht“ bzw. „Ethikunterricht für alle“ - mit oder ohne zusätzlich angebotenen freiwilligen Religionsunterricht - zu begrenzen. In diesen beiden Alternativen sind dann 72 Prozent für einen Ethikunterricht für alle und 28 Prozent für die Trennung nach Konfessionszugehörigkeiten.

Die Ergebnisse entsprechen den Umfrageergebnissen in Österreich (2020), wie sie in dem Überblicksartikel „Religionsunterricht und/oder Ethik?“ (2021) bereits dargestellt wurden. Die Initiative „Ethik für ALLE“ - Volksbegehren für eine gemeinsame Wertevermittlung und Integration in der Schule - ungeachtet der Abstammung, Weltanschauung oder Religion“ hatte im Mai 2020 in einer Umfrage durch das Gallup-Institut klären lassen: „Wie stehen Sie zum Ethikunterricht?“. Ergebnis: 70 Prozent für “Ethik für alle“, 16 Prozent für „Ethik als Ersatzfach“, 14 Prozent „Kein Ethikunterricht.“

Da die religiöse Orientierung für die Stellungnahme zu diesem Thema vermutlich eine Rolle spielt, hat der bfg Bayern die GfK auch fragen lassen: „Welcher Religion fühlen Sie sich zugehörig“. Zwar sind die Zustimmungsanteile für einen „Ethikunterricht für alle“ erwartungsgemäß nach Religionszugehörigkeit unterschiedlich hoch, aber es ist festzustellen, dass sich in allen Religionszugehörigkeiten eine Mehrheit für den Ethikunterricht ausspricht: 57 Prozent der Katholiken, 67 Prozent der Evangelischen, 60 Prozent der Muslime sowie 86 Prozent der Konfessionsfreien.

Hinsichtlich der Geschlechtszugehörigkeit sind sich Frauen und Männer einig, Unterschiede zeigen sich in den Altersgruppen. Und, entgegen von üblichen Erwartungen, sind es die Älteren, die einem Ethikunterricht für alle mehr zustimmen (82 bzw. 80 Prozent), als die Jüngeren (64 bzw. 78 Prozent).

Die Unterschiede in den Zustimmungen sind weder nach der formalen Schulbildung noch nach dem derzeitig ausgeübten Beruf sehr ausgeprägt.

Die Befragten mit Kindern bis 15 Jahren sprechen sich etwas mehr für den getrennten Religions-/Ethikunterricht aus (36 Prozent) als die Befragten ohne Kinder im Haushalt (25 Prozent). Das trifft ebenso auf die Einwohner in kleineren Ortsgrößenklassen zu (33 bzw. 32 Prozent für getrennten Unterricht) als in den Mittel- und Großstädten (23 bzw. 27 Prozent).


Carsten Frerk.