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Religionsunterricht und/oder Ethik?

Schulfach Ethik – und wenn ja, wie und für wen? – und/oder Religionsunterricht– und wenn ja, welchen – auch islamischen? Ist Religionsunterricht überhaupt noch zeitgemäß? Fragen über Fragen, die seit Jahren in den meisten Bundesländern noch nicht zur Ruhe gekommen sind. Eine Übersicht mit ausgewählten Beispielen aus der Bildungspolitik.

1. Religionsunterricht
2. Konfessionelle Veränderungen
3. Islamischer Religionsunterricht
4. Ethik

Von Carsten Frerk.

Nach dem Beschluss des Bayerischen Landtages, in Bayern ab dem Schuljahr 2021/22 einen Islamischen Religionsunterricht einzuführen, ist der Diskussionspegel wieder angestiegen und der Bayerische Rundfunk fragt aktuell: „Ist das Schulfach Religion nach zeitgemäß?“ Der Islam-Beauftragte der evangelischen Landeskirche sieht das jedoch erst als Anfang: „Das Ziel muss ein konfessioneller islamischer Religionsunterricht sein“.

1. Religionsunterricht

2003 war die Diskussion noch ausschließlich auf den christlichen Religionsunterricht bezogen. Das Magazin Chrismon ließ feststellen, welchen Stellenwert der Religionsunterricht an deutschen Schulen haben soll. Da war keine Rede von Ethik oder Islamunterricht. Die Mehrheiten waren eindeutig für den Religionsunterricht. Die Befragten lassen sich (nach den Antwortvorgaben) in drei große Gruppen unterteilen: ein Drittel (33 Prozent) möchte den Religionsunterricht als reguläres Schulfach, mehrheitlich mit dem Rang eines (weniger versetzungsrelevanten) Nebenfachs; zwei Fünftel (41 Prozent) wollen Religion zwar durchaus an der Schule unterrichtet sehen, aber nur, wenn die Teilnahme den Schülern freigestellt ist; ein Viertel (25 Prozent) ist generell gegen irgendeine Art von Religion als Schulfach, sondern will nur freiwillige AGs oder es von den öffentlichen Schulen fernhalten.

2015 waren sich in einer YouGov-Umfrage zwei Drittel der Deutschen (68 Prozent) in der Meinung einig, dass „die Kinder zu viel unnützes Zeug in der Schule lernen.“ „Gar nicht“ sollte Christlicher Religionsunterricht (22 Prozent) unterrichtet werden, eine Mehrheit (58 Prozent) wünscht sich den Unterricht als Wahlfach und nur eine Minderheit (12 Prozent) als Pflichtfach. Astronomie (30 Prozent dagegen), Schönschrift (38) sowie Islamischer Religionsunterricht (48 Prozent) sollten nicht unterrichtet werden.

Diese Auffassungen stehen diametral zu der Ansicht des Erzbischofs von München-Freising Reinhard Kardinal Marx, der zum Abschluss des Schuljahres 2020/21 davon sprach, dass der Religionsunterricht die „Weite des Horizontes Gottes“ erschließe:

„Vor allem gelte es, ‚die seelischen Spuren und Narben zu heilen‘, die durch ein monatelanges Leben in sozialer Distanz bedingt seien. Deshalb brauche es Wachsamkeit, damit sich das Erleben von reduzierten Lebensräumen nicht in einem reduzierten Fokus auf Negatives und Defizitäres widerspiegele, sondern damit sich im Gegenteil die befreiende ‚Weite des Horizonts Gottes‘ erschließe. In hervorragender Weise könne das im Schulfach Religion gelingen.“

Aus juristischer Sicht wird der Religionsunterricht jedoch immer fragiler, wie es Hartmut Kreß in einem aktuellem IfW-Artikel berichtet.

„Der herkömmliche konfessionelle Religionsunterricht befindet sich in der Bundesrepublik in einer tiefen Strukturkrise. Er wird der religiös-weltanschaulich zunehmend pluralen Schülerschaft nicht mehr gerecht. Rechtliche Verwerfungen zeigen sich erneut an dem Gesetz, das soeben zur Einführung des Islamunterrichts in Bayern ab dem Schuljahr 2021/22 beschlossen wurde (Bayer. LT. Ds. 18/15059). Auch in Hamburg befindet sich der Religionsunterricht im Umbau. Die dortigen Maßnahmen werden zunehmend kritisch diskutiert.“

2. Konfessionelle Veränderungen

Die Notwendigkeit – wenn denn Religionsunterricht als Schulfach ein ordentliches Lehrfach ist –, auch für andere Konfessionen und Konfessionsfreie einen entsprechenden „bekenntnisorientierten Unterricht“ als Unterrichtsfächer einzuführen, zeigt sich in den Veränderungen der konfessionellen Zugehörigkeiten bzw. der Konfessionsfreiheit der Schüler, für die NRW ein Beispiel ist.

Der Anteil der römisch-katholischen und der evangelischen Schüler verringert sich von 2001 bis 2019 von 87 Prozent auf 57 Prozent. Gleichzeitig verdoppelt sich der Anteil der islamischen Schüler und der konfessionsfreien Schüler von 19 Prozent auf 36 Prozent, wobei der Anteil beider Schülergruppen sich genau parallel zueinander von 9 auf 18 Prozent verändert.

Inwiefern sich diese Veränderungen auch in den Angeboten bzw. Teilnehmerzahlen darstellt, wäre für NRW eine komplizierte Berechnung – die Angebote variieren u. a. in den Jahrgangsstufen – die über den Rahmen dieses Artikels hinausgeht.

Im April 2021 meldete evangelisch.de: „Immer weniger Schüler:innen besuchen konfessionellen Unterricht“. „Bundesweit sinkt der Anteil der Mädchen und Jungen, die an einer Schule Religionsunterricht erhalten. Im Detail sind die Entwicklungen in den Bundesländern verschieden.“

3. Islamischer Religionsunterricht

Die Frage nach dem islamischen Religionsunterricht wurde – in einem weiteren Zusammenhang - auch von 1996 bis 2016 in den ALLBUS-Umfragen gestellt.

Die drei Antwortkategorien könnte man – am Beispiel des Religionsunterrichts an staatlichen Schulen – auch in einen größeren Zusammenhang stellen: „…auch Islamunterricht geben“ meint eine allgemeine Religionsfreiheit, die der Staat ermöglichen soll, „…nur christlichen Religionsunterricht geben“ meint eine eingeschränkte Religionsfreiheit und eine Eingrenzung auf das Verhältnis Staat+christliche Kirchen, „… überhaupt keinen Religionsunterricht geben“ meint eine Trennung von Staat und Kirche, Religion ist geschützte Privatsache, und wenn überhaupt, Schulfach Ethik für alle.

In diesem Sinne plädieren rund zwei Fünftel der Bevölkerung (35 bis 44 Prozent) für eine allgemeine Religionsfreiheit, die Eingrenzung auf christliche Kirchen verliert an Zustimmung (von 31 auf 23 Prozent) und für die Abschaffung des Religionsunterrichts plädieren rund ein Drittel (30 bis 41 Prozent).

Fasst man die Befürworter eines Religionsunterrichts zusammen, so sind es 2016 rund drei Fünftel der Befragten (59 Prozent), die das – allgemein oder christlich begrenzt – befürworten.

In den Altersgruppen werden dabei keine signifikanten Unterschiede sichtbar. Hinsichtlich der Religionszugehörigkeiten sind es ein Drittel der EKD-Evangelischen (35 Prozent), die der Ansicht sind „Religion ist Privatsache“, während 75 Prozent römischen Katholiken und 71 Prozent der Muslime für eine Förderung der Religionen durch den Staat sind. Bei der Wahlabsicht für die Bundestagswahl 2017 sind entsprechend am stärksten die CDU-Wähler (69 Prozent), die für einen Religionsunterricht plädieren, während die Anhänger der Partei DIE LINKE mehrheitlich (70 Prozent) gar keinen Religionsunterricht an staatlichen Schulen sehen wollen. Nach Bundesländern sortiert sind es vor allem die Bürger der katholisch dominierten Bundesländer, die überdurchschnittlich für einen Religionsunterricht plädieren, angeführt von Baden-Württemberg, wo zusätzlich auch die Pietisten bemerkbar sind.

Berlin

„Jede Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft kann in Berlin nach § 13 des Berliner Schulgesetzes Religionsunterricht erteilen. Sie muss dazu einen Antrag bei der für das Schulwesen zuständigen Verwaltung stellen.“

Der „Religions- und Weltanschauungsunterricht in Berlin“, über den von fowid seit Jahren regelmäßig berichtet wird, ist somit ein antragsoffenes Unterrichtsangebot für alle anerkannten Religionsgemeinschaften, und seien sie von geringer Teilnehmerzahl.

Der Islamische Religionsunterricht wird von der „Islamischen Föderation“ angeboten. Der „Mediendienst Integration“ nennt die „Islamische Föderation“ mit dem Zusatz:

„Die ’Islamische Föderation Berlin‘ (IFB) hat sich 2001 das Recht erstritten, an Berliner Schulen islamischen Religionsunterricht zu erteilen. Die IFB vertritt mehrere Moscheegemeinden und gilt als Berliner Landesverband der ‚Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs‘ (IGMG), die im Islamrat vertreten ist.
Der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht wird derzeit an 38 Berliner Grundschulen angeboten, fünf mehr als 2017/18. Im aktuellen Schuljahr [2019/2020] nehmen daran rund 5.637 Kinder teil.“

Der Religionsunterricht der Alevitischen Gemeinde zu Berlin e. V., die seit 2002 als eigenständige Religionsgemeinschaft im Sinne des Berliner Schulgesetzes anerkannt wird, wird nicht mehr als „islamisch (A)“ bezeichnet, sondern als „alevitisch“.

Die Teilnehmerzahlen bei der Islamischen Föderation bewegen sich (seit 2009) im Bereich von rund 5.000 Schülern, bei den Aleviten sind es rund 150.

Diese Zahlen sprechen dafür, dass das Angebot / die Nachfrage nach dem freiwilligen islamischen Religionsunterricht – der in Eigenregie der Islamischen Föderation und der Alevitischen Gemeinde durchgeführt wird –, geringer ist, als es dem angenommenen Anteil der Schüler entspricht. Was sagt das über die Religiosität der jungen Muslime aus? (Zahlenangaben, ob und wie viele der Schüler am Koranunterricht in Moscheegemeinden teilnehmen, gibt es nicht.)

In einer Umfrage unter Türken in Berlin (2001) heißt es dazu:

„Dass islamischer Religionsunterricht in deutscher Sprache an Berlins Schulen erteilt wird, befürwortet eine Mehrheit von 64 %, ein Wert, der 1999 ähnlich hoch lag. 28 % sind dagegen.
Und über die Hälfte der Befragten, nämlich 53 %, würde seine Kinder auch in den Religionsunterricht unter Trägerschaft der Islamischen Föderation schicken. Der Wert bei Befragten mit schulpflichtigen Kindern liegt ähnlich hoch. Aber 38 % wollen diesen Unterricht nicht für ihre Kinder.“

Im Jahresmittel 2004 bis 2020 sind es 1,45 Prozent der Schüler, die am islamischen Religionsunterricht teilnehmen. Bei einer geschätzten Anzahl der Muslime in Berlin (rund 250.000 – 300.00), d. h. einem Anteil von 7 – 9 Prozent, und einem (mindestens) ebenso großen Anteil unter den Schülern, wären – bei einer (2001 angesprochenen) gut hälftigen Beteiligung am Religionsunterricht der Islamischen Föderation – ein Anteil zwischen 3,5 – 4,5 Prozent zu erwarten gewesen. Da diese Teilhabe nicht erreicht wird, könnte es dafür sprechen, dass sich (seit 2001) der Anteil der sich selbst als „religiöse Muslime“ Verstehenden in Berlin – die ihre Kinder in den islamischen Religionsunterricht schicken – sich deutlich verringert hat. Andererseits kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass ein Teil dieser Muslime ihre Kinder lieber in die Koranschulen der rund 100 Moscheegemeinden in Berlin schicken. Dazu gibt es allerdings keine empirischen Daten.

4. Ethikunterricht

Die Entwicklung zum Unterrichtsfach Ethik hat bereits in den 1970er Jahren begonnen. Die Situation den Bundesländern ist sehr unterschiedlich. (Einen Überblick dazu bei Alfred. K. Treml: „Ethik als Unterrichtsfach in den verschiedenen Bundesländern“).

Die Öffnung der Unterrichtsfächer zum Werte- und Normunterricht hat spezifische Realisierungen gefunden. Da die Bundesländer die Kulturhoheit haben, obliegt es ihnen, entsprechende Regelungen zu treffen, die entsprechend unterschiedlich sind.

Die Unterschiedlichkeit zeigt sich auch aktuell noch in den diversen Bezeichnungen des Faches: „Ethik“ in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen, „Ethikunterricht“ in Sachsen-Anhalt, „Allgemeine Ethik“ im Saarland, „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER)“ in Brandenburg, „Philosophie“ in Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, Praktische Philosophie“ in NRW und „Werte und Normen“ in Niedersachsen.

2004 hatte das Bundesverwaltungsgericht gegen eine Klägerin in Baden-Württemberg entschieden, dass der Staat zur Einführung eines Schulfachs „Ethik“ nicht verpflichtet sei.

Mit Beginn des Schuljahres 2016/2017 gibt es in Luxemburg keinen Religionsunterricht mehr. YouGov fragte im September 2016 in Deutschland nach und erhielt eindeutige Meinungen zugunsten des allgemeinen Werteunterrichts. Religion sollte wohl behandelt werden, aber nicht im Zentrum stehen. Die Ergebnisse der Umfrage: „Mehrheit für Abschaffung des Religionsunterrichts, auch bei Union-Wählern“.

„Einen gemeinsamen Werteunterricht anstatt des Religionsunterrichts für alle Schüler wollen sieben von zehn Deutschen (69 Prozent). […] Wie breit die Unterstützung für eine Abschaffung des Religionsunterrichts und für eine größere Rolle von allgemeiner Werte- und Normenerziehung im aktuell existierenden Religionsunterricht ist, zeigt auch, dass das auch Union-Wähler mehrheitlich fordern. Auch 64 Prozent der CDU-CSU Wähler fordern, dass Deutschland dem Beispiel Luxemburg folgt und den Religionsunterricht abschafft. Zwar wollen diese im Vergleich zu allen Befragten in geringfügig höherem Maße, dass die eigene Religion im Zentrum des Religionsunterrichts steht (31 Prozent zu 21 Prozent).“

Niedersachsen

Für Niedersachsen gilt die Planung: „Werte und Normen soll 2025 ordentliches Unterrichtsfach an Grundschulen werden“. Dazu erklärt der Kultusminister, dass aus dem Ersatzfach ein ordentliches Unterrichtsfach werden solle, „um den konfessionslosen Schülern ein vergleichbares Bildungsangebot wie mit dem konfessionellen Religionsunterricht zu unterbreiten“:

„Mit dem Fach Werte und Normen möchten wir zukünftig Unterricht statt Betreuung anbieten für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Mit dem Ersatzfach Werte und Normen möchten wir ein Angebot schaffen, dass die ethische Bildung dieser Kinder – quasi parallel zum konfessionellen Religionsunterricht – fördert. Es ist auch eine Frage der Gleichbehandlung, konfessionslosen Schülerinnen und Schülern ein mit dem konfessionellen Religionsunterricht vergleichbares Bildungsangebot zu unterbreiten.“

1974 war für die Schüler ab dem 5. Schuljahrgang, die nicht am Religionsunterricht teilnahmen, ein Pflicht-Ersatzfach eingeführt, dass 1993 in das ordentliche Lehrfach „Werte und Normen umgewandelt wurde. Bei der Entscheidung, „Werte und Normen“ auch an allen Grundschulen einzuführen, spielen auch die Teilnehmerzahlen eine Rolle.

Der Anteil der Evangelischen am Religionsunterricht verringerte sich in den Jahren 2000 bis 2018 von 63 auf 43 Prozent, der Anteil der Katholiken halbierte sich von 16 auf acht Prozent, während sich der „kooperativ-konfessionelle Religions- und Werteunterricht“ von sechs auf 28 Prozent vergrößerte und die Teilnehmerzahlen des Fachs „Normen und Werte“ sich – auf niedrigem Niveau – von 10 auf 20 Prozent verdoppelte.

Der „Kooperativ-konfessionelle Unterricht“ (Abk.: KoKoRu) entspricht dabei nicht dem Artikel 7 des Grundgesetzes, der nur einen bekenntnisgebundenen Unterricht nennt:

„Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt“.

Er wird jedoch an verschiedenen Schulstandorten in mehreren Bundesländern praktiziert, so seit 2005 auch in Baden-Württemberg oder seit dem Schuljahr 2018/19 auch in NRW.

Österreich

In Österreich hat sich eine Initiative „Ethik für Alle“ gebildet, die im Mai 2020 eine Umfrage durchführen ließ, da im Schuljahr 2020/21 der Ethikunterricht ins Regelschulwerk überführt wurde. „Besuchen sollen ihn nur jene SchülerInnen, die, aus welchem Grund auch immer, keinen Religionsunterricht besuchen.“

Die Fragestellung war sehr umfangreich.

„Letzte Woche hat das Bildungsministerium einen Gesetzesentwurf zur Einführung eines Ethikunterrichtes als Pflichtfach für alle Oberstufen-SchülerInnen, die keinen Religionsunterricht besuchen, zur Begutachtung vorgelegt. Im Ethikunterricht wird das Wissen über Werte, verschiedene Religionen und Weltanschauungen vermittelt. Es geht dabei um die grundlegenden Fragen des menschlichen Lebens: Toleranz, Gerechtigkeit, Dialogbereitschaft, nachhaltigen Konsum, Umgang mit Technologien usw. Die SchülerInnen sollen dabei unterstützt werden, sich in der Welt besser zu orientieren und die Verantwortung für das eigene Leben und das Zusammenleben mit anderen zu übernehmen.
Wie stehen Sie zur Einführung eines Ethikunterrichtes in Österreichs Schulen?“
ANTWORT 1 („ETHIK FÜR ALLE“) „Ein Ethikunterricht sollte unabhängig vom Religionsunterricht für ALLE SchülerInnen als Pflichtfach eingeführt werden.“
ANTWORT 2 („ETHIK ALS ERSATZPFLICHTFACH“) „Ein Ethikunterricht sollte ausschließlich für SchülerInnen, die KEINEN Religionsunterricht besuchen, als Pflichtfach eingeführt werden.“
ANTWORT 3 („KEIN ETHIKUNTERRICHT“) „Ich bin gegen die Einführung eines Ethikunterrichtes.“

Die Forderung eines „Ethikunterrichts für alle Schüler“ wird dabei von 70 Prozent aller Befragten unterstützt. Die Unterschiede in den Meinungen sind zwar nicht gravierend, aber es zeigt sich, dass vor allem unter den Frauen, den Älteren (über 50 Jahre) und den formal höher Gebildeten die Unterstützung dieser Forderung überproportional höher ist.

Berlin

Im Land Berlin wurde der verpflichtende Ethikunterricht ab dem Schuljahr 2006/2007 eingeführt. Diese Einführung eines Pflichtfachs Ethik für die Sekundarstufe 1 folgte u. a. aus der Erkenntnis, dass nur rund die Hälfte aller Berliner Schüler an einem religiösen Religionsunterricht bzw. einem säkular-humanistischen Lebenskundeunterricht teilnimmt. Mit anderen Worten, die Hälfte der Schüler kam während ihrer Schulzeit nicht mit Fragen nach Werten und Normen in Kontakt.

Es ist das „Berliner Modell“ eines – seit 1948 auf Wunsch der Evangelischen Kirche eingeführten – freiwilligen Religionsunterrichts in Trägerschaft der Kirchen und außerhalb der staatlichen Lehrpläne (der allerdings weitestgehend staatlich finanziert wird) und der vornehmlich in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 angenommen wird, sowie der verpflichtende Ethikunterricht in den Jahrgangsstufen 7 bis 10.

Begleitet wurde diese Einführung von einem Volksentscheid „Pro Reli“ über die Einführung eines Wahlpflichtbereichs Ethik/Religion, mit dem der Religionsunterricht dem Ethikunterricht gleichgestellt worden wäre. Über das Abstimmungsergebnis titelte der SPIEGEL: „Doppelte Pleite für Pro Reli“. Seitdem hat sich die Situation beruhigt, was allerdings in einer Stadt mit mittlerweile 61 Prozent Konfessionslosen nicht verwunderlich erscheint.