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Religions- und Weltanschauungsunterricht, Berlin, 2017/2018

Von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft in Berlin werden jeweils zum Schuljahresbeginn die statistischen Zahlen u. a. zum Religions- und Weltanschauungsunterricht in Berlin veröffentlicht. Seit Jahren ist das Verhältnis zwischen Teilnehmenden und Nichtteilnehmenden nahezu gleich bleibend hälftig. Daran ändert sich auch im Schuljahr 2017/18 nichts.

Insgesamt ist der prozentuale Anteil der am Religions- oder Weltanschauungsunterricht teilnehmenden SchülerInnen (50,2 Prozent) in diesem Schuljahr gegenüber 2016 etwas zurück gegangen (50,8 Prozent in 2016). Nach wie vor besucht etwa jede(r) zweite Schüler(in) einen Religionsunterricht oder den Humanistischen Lebenskundeunterricht.

Teilnehmer Grafik
Schülerzahlen

Mit 93,3 Prozent aller teilnehmenden SchülerInnen sind Evangelischer, Katholischer Religionsunterricht und Humanistische Lebenskunde die meistbesuchten weltanschaulichen Unterrichtsfächer. Die verbleibenden reichlich 6 Prozent teilen sich die Angebote von acht weiteren Unterrichtsanbietern.

Grafik 1 Teilnehmer

Der Anteil der Teilnehmer am Religionsunterricht ist an den öffentlichen Schulen deutlich niedriger als an den privaten allgemeinbildenden Schulen, was auf der vorwiegend weltanschaulich-christlichen Ausrichtung dieser Schulen beruht. Jedoch auch dort nimmt inzwischen fast ein Drittel der SchülerInnen an keinem Weltanschauungs- und Religionsunterricht teil. Die SchülerInnen, die am „Sonstigen Religions- und Weltanschauungsunterricht“ teilnehmen, darunter auch der Freie Christliche Religionsunterricht, kommen inzwischen nur noch aus Privatschulen, verzeichnen jedoch den höchsten Zuwachs an Teilnehmern (+2.238). Leider ließ sich dieser Zuwachs durch die Senatsverwaltung nicht erklären, da dort keine gesonderte Aufschlüsselung bei den sonstigen Religions- und Weltanschauungsunterrichten erfasst werden. In Berlin gibt es zahlreiche buddhistische und hinduistische Gemeinschaften, orthodoxe, freikirchliche und andere christliche Gemeinden, Bahá’í- und Sikh-Gemeinden, darüber hinaus eine Vielzahl kleinerer Religionsgemeinschaften. Schätzungen gehen davon aus, dass gegenwärtig über 250 Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften in Berlin aktiv sind.

Etwa 36 Prozent der Teilnehmer am Religions- oder Weltanschauungsunterricht der Berliner Schulen (63.493) nehmen am Humanistischen Lebenskundeunterricht teil. Dieser hat eine erneute Zunahme von 826 SchülerInnen gegenüber dem Vorjahr (2016: 62.664). Der evangelische Religionsunterricht verzeichnet einen Rückgang von fast 2.400 Teilnehmern, der Katholische einen marginalen Zuwachs von 72 Teilnehmern.

Tab3.1
Tab3.2
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Die Teilnehmerzahlen am Lebenskundeunterricht steigen weiterhin kontinuierlich und liegen bereits seit 2011 über 50.000 SchülerInnen und hat 2015 die 60-Tausend-Marke erreicht. Bei den sonstigen Anbietern von Religionsunterricht sind etwa gleichbleibende Teilnehmerzahlen festzustellen. Prozentual ergibt sich in diesem Jahr bei steigender Schülerzahl insgesamt nur bei den sonstigen Religionsunterrichten und islamischem Unterricht ein Zuwachs auf niedrigem Niveau, der u. a. vermutlich auf die steigende Zahl der Asylsuchenden zurückzuführen ist.

Auf die höhere Schülerzahl bezogen, haben die seit Jahren etablierten Angebote der evangelischen und katholischen Kirche im Schuljahr 2017/18 prozentual weniger Teilnehmer, aber auch die Humanistische Lebenskunde verzeichnet einen marginalen Rückgang. Der evangelische Religionsunterricht verliert gegenüber dem Jahr 2016 in der Teilnahmequote reichlich ein Prozent. Die beiden anderen haben ca. 0,1 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

Die jährlichen prozentualen Veränderungsraten der (TeilnehmerInnen)zahlen zeigen mehrere Aspekte:

  • Die absoluten Teilnehmerzahlen am Religions- und Weltanschauungsunterricht sind im betrachteten Zeitraum von 20 Jahre mit einigen zwischenzeitlichen Schwankungen angestiegen. Dieser Anstieg liegt im Wesentlichen in den sich erhöhenden Teilnehmerzahlen der Humanistischen Lebenskunde begründet.
  • Da sich die Schülerzahlen jährlich ändern, ist es wichtig auch diese Bezugsgröße zu betrachten. Nachdem sich über Jahre die Schülerzahl immer weiter verringerte (1996 bis 2012 um fast ein Viertel), steigt sie seit 2012 wieder kontinuierlich an und ist damit fast wieder auf dem Niveau von 2002 angelangt (Zuwachs von 10,5 Prozent).

Verteilung nach Berliner Stadtbezirken

Die regionale Verteilung der TeilnehmerInnen am Religions- und Weltanschauungsunterricht ergibt in Berlin eine eindeutige Trennungslinie zwischen hohem Anteil der Teilnehmer am Evangelischen/Katholischen Religionsunterricht und TeilnehmerInnen am Humanistischen Lebenskundeunterricht. Im ursprünglich westlichen Teil Berlins nehmen wesentlich mehr SchülerInnen am Evangelischen Religionsunterricht teil, als an der Humanistischen Lebenskunde. Der katholische Unterricht wird in allen Stadtbezirken eher wenig nachgefragt – West ca. 10 Prozent, Ost meist unter 1 Prozent, nur in Pankow etwa 4 Prozent. In Berlin Mitte sind alle drei Unterrichtsangebote gut besucht – evangelischer Reliunterricht von 19 Prozent, Humanistische Lebenskunde von 14 Prozent und katholischer Reli-Unterricht von 8 Prozent der SchülerInnen.

Verteilung nach Stadtbezirken
Tabelle Stadtbezirke

Künftige Gestaltung des Religionsunterrichtes

Ab Herbst 2018 soll in Berlin konfessionsübergreifender Religionsunterricht angeboten werden. Die Deutschlandweit einmalige Kooperation soll das Angebot in allen Berliner Schulen sicherstellen. Da das Land Berlin 90 Prozent der Personalkosten finanziert, gibt es auch Anforderungen an die jeweiligen Lerngruppengrößen. So muss sie mindestens 15 Schüler in der Grundschule und mindestens zwölf Schüler in allen anderen Schulformen betragen.

Wegen der insgesamt sinkenden Mitgliederzahlen wollen die Kirchen in Berlin einen anderen Weg einschlagen, um in allen Schulen das Angebot „Religionsunterricht“ sicherzustellen. Ab dem kommenden Schuljahr soll es „konfessionell-kooperativen“ Religionsunterricht geben. Das Erzbistum Berlin und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz haben einen entsprechenden Vertrag unterzeichnen. Bereits 2014 hatte die Evangelische Kirche eine Denkschrift veröffentlicht und dieses Thema angesprochen. Im November 2016 hatte sich dann auch das Erzbistum Berlin mit einer Empfehlung zur Kooperation dazu geäußert. In der Erklärung „Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts“ werden Empfehlungen zur Sicherung und Weiterentwicklung des katholischen Religionsunterrichts gegeben. Der Mitglieder- und Schülerschwund sei wegen der demographischen Veränderungen und der regionalen Unterschiede nicht aufzuhalten und die Kooperation mit dem evangelischen Religionsunterricht diesbezüglich hilfreich. Auf der Grundlage bisheriger Erfahrungen in einigen Bundesländern (z. B. Baden Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) werden die theologischen Grundlagen der Kooperation beider Fächer dargestellt, religionspädagogische Empfehlungen gegeben und rechtliche Belange ausgelotet.

Mit der stärkeren Kooperation zwischen katholischem und evangelischem Religionsunterricht plädiert die Deutsche Bischofskonferenz für „gemischt-konfessionelle Lerngruppen“. Es gehe dabei aber nicht um eine Auflösung des konfessionellen Unterrichts oder eine Verschmelzung beider Fächer zu einem christlichen Religionsunterricht.

An allen Grund- und Oberschulen, an denen es nicht mehr genügend Schüler gibt, um parallel evangelischen und katholischen Unterricht zu erteilen, sollen künftig evangelische und katholische Schüler gemeinsam von einem evangelischen oder katholischen Lehrer unterrichtet werden. Der Religionsunterricht in Berlin ist Wahlfach und wird als zusätzliches Angebot in Verantwortung der Religionsgemeinschaften erteilt. Der Berliner Bischof Markus Dröge sagte in einem Interview, dass weiterhin entweder evangelische oder katholische Lehrkräfte unterrichten sollen und jeweils die besondere Prägung der anderen Konfession vermitteln.

Der gemischt-konfessionelle Unterricht soll wechselweise von einem evangelischen oder katholischen Lehrer erteilt werden. Die Verantwortung soll jeweils bei der Kirche liegen, der die Lehrkraft angehört und phasenweise (z. B. in den Jahrgangsstufen) wechseln. Zu Beginn jedes Schuljahres soll bekannt gegeben werden, welche Schulen diese Kooperation anbieten.

An Schulen mit jeweils nur evangelischem oder katholischem Religionsunterricht, sollen künftig die Schüler der anderen Konfession mit einbezogen werden und die Inhalte mit der Sicht der jeweils anderen Kirche abgestimmt werden. Beide Kirchen wollen für das neue Modell neue Lehrpläne entwickeln, in denen die jeweiligen Inhalte auf beide Religionen abgestimmt sind. Es soll kein „Religionsunterricht light“ werden, in dem die Perspektiven aufgeweicht werden, betonen die Kirchen.

Mit der Vereinbarung, die am 6.12.2017 vom evangelischen Bischof Dr. Markus Dröge und dem katholischen Erzbischof Dr. Heiner Koch in Berlin unterzeichnet wurde, wollen die Kirchen in Berlin und Brandenburg ein flächendeckendes Angebot für alle Schultypen mit einem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht schaffen.

(SFE)