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Religion und Frieden auf der Welt

In 23 Ländern der Welt hat Ipsos-Mori im Juli 2017 die Menschen nach ihren Einstellungen zur Religion befragt. Die Ergebnisse bestätigen die Ergebnisse früherer Jahre. Sie zeigen, dass insbesondere in Europa und in Deutschland die Rolle der Religion deutlich negativ bewertet wird, was ihre vorgeblich friedvollen Beiträge zur Gesellschaft betrifft.

In seiner Serie der „Global studies“ hat das Meinungsforschungsinstitut Ipsos-Mori die „Global views on religion“  erfragt. Der Aussage „Religion schadet der Welt mehr, als sie gut ist“ (Englisches Original: „Religion does more harm in the world than good“) stimmen insgesamt die Hälfte der Befragten (49 Prozent) zu.

Die Befragten in Deutschland, die dieser Sichtweise deutlich überdurchschnittlich zustimmen (63 Prozent) haben zusammen mit den Belgiern, Spaniern, Australiern, Indern, Schweden, den Briten und Franzosen, ebenso wie die Kanadier und Ungarn eine mehrheitlich negative Sichtweise zum vorgeblich positiven Effekt von Religion.

Darin drückt sich u. a. der Effekt aus, dass wohl vorrangig die anderen Religionen kritisch gesehen werden und nicht die eigene.

Das legen  zumindest die Ergebnisse einer Befragung (aus dem Jahr 2002) in Deutschland nahe, in der die Befragten um ihre Zustimmung bzw. Ablehnung der Aussage gebeten wurden: „Die Welt wäre friedlicher, wenn es keine Religion geben würde.“ Die Mehrheit (57 Prozent) stimmt dieser Aussage nicht zu.

Die Merkmalsverteilungen zeigen dann jedoch, dass Zustimmung bzw. Ablehnung in direktem Bezug zur eigenen Religion bzw. Religiosität steht.

72 Prozent der Katholiken lehnen diese kritische Sichtweise der Religion ab, ebenso wie 57 Prozent der Evangelischen. Im Unterschied dazu stimmt die Mehrheit der Konfessionslosen (61 Prozent) für diese Auffassung, dass eine Welt ohne Religion friedlicher sei.

Diese unterschiedlichen Positionen zur Friedlichkeit von Religion zeigen sich entsprechend auch, je nachdem wie häufig man in die Kirche geht. Diejenigen, die einmal in der Woche oder häufiger in die Kirche gehen, sehen zu 88 Prozent eine Friedfertigkeit der Religion. Ebenso steigt oder sinkt die Zustimmung zu dieser Aussage in Abhängigkeit der Intensität der Religiosität (nach Selbsteinstufung). Je religiöser desto geringer ist die Zustimmung.

Die Umfrage von Ipsos (2017) verweist - mit der hohen Zustimmung in Deutschland zu einer religionskritischen Sichtweise – auch auf die gleichbleibenden Einstellungen in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren.

1998 wurde im International Social Survey Programme (ISSP) danach gefragt, ob man der Aussage „Religionen bringen mehr Konflikte als Frieden“ zustimme oder nicht zustimme.

Die Antwortverteilungen 1998 - mit Bezug auf die Reihenfolge der Länder - zeigen eine große Ähnlichkeit mit der Ipsos-Umfrage 2017.

Die Einwohner der traditionell evangelischen Länder Nordeuropas sehen sehr eindeutig und mit großen Mehrheiten das Konfliktpotential von Religionen. Die traditionell katholischen Länder stimmen vorrangig für die Friedensfähigkeit von Religionen. Auch die Einwohner der größten Militärnationen (die evangelikalen USA und das orthodoxe Russland) sehen vorrangig die Friedfertigkeit von Religionen, was wiederum auf den Effekt verweist, dass immer die anderen die ‚Unruhestifter‘ sind.

Der religionsbezogene Unterschied zeigt sich (1998) noch für Deutschland, da in den Neuen Bundesländern drei Viertel der Bewohner (75,1 Prozent) das Konfliktpotential von Religionen sehen, während es nur knapp zwei Drittel (64,1 Prozent) der Westdeutschen sind.

Es ist – mit Rückblick auf die Umfragen 1998 und 2002 – anzunehmen, dass diese religionsbezogenen Unterschiede auch heute noch in Deutschland vorhanden sind.

(CF)

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Nachtrag (26.01.2018)

In einem Beitrag für die US-News unter dem Titel „Religion braucht einen Erlöser“ wird berichtet, dass in einer Umfrage aus dem Jahr 2017, mit 21.000 Befragten in aller Welt, auch nach der Meinung gefragt wurde, welches die primäre Ursache für Konflikte heute auf der Welt sei. Die Antworten sind eindeutig: 30 Prozent nennen die Religion als Hauptgrund für Konflikte, 23 Prozent Machtfragen, 21 Prozent Aspekte der Ökonomie und 11 Prozent Fragen der Politik.