Begabtenförderungswerke
In Deutschland bestehen derzeit 13 Begabtenförderungswerke. Gemeinsam erreichen sie mit ihren rund 29.000 Stipendiaten ein Prozent aller 2,9 Mio. Studierenden in Deutschland. Im folgenden finden sich die Übersichten zur Anzahl der Stipendiaten (1998-2017) nach allgemeiner Studienförderung und Promotionsförderung und den Zuwendungen (1998-2019) für die einzelnen Förderungswerke sowie Gesamtsummen, gegliedert nach Gruppen.
Die Basiszahlen stammen aus der BT-Drucksache 19/6324 für die Jahre 1998 – 2017, sowie für die Zuwendungen für Jahre 2018 und 2019 als Auskunft auf eine fowid-Anfrage beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Bei den 13 Begabtenförderungswerken handelt es sich (in Selbstdarstellungen) um das muslimische Avicenna Studienwerk, das katholische Cusanuswerk, das jüdische ELES Studienwerk, das Evangelische Studienwerk Villingst, die Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), die Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP), die Hans-Böckler-Stiftung (Gewerkschaften), die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU), die Heinrich-Böll-Stiftung (Bündnis90/Die Grünen), die Konrad-Adenauer-Stiftung (CDU), die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Die LINKE), die Stiftung der Deutschen Wirtschaft und die Studienstiftung des deutschen Volkes. Zusätzlich besteht noch (seit 2004) das Elitenetzwerk Bayern.
Es ist hier nicht der Platz, die einzelnen Förderungswerke detaillierter darzustellen. Ein Unterschied zwischen den parteinahen Stiftungen sowie der Hans-Böckler-Stiftung und den Stiftungen der Religionen ist es jedoch, dass die Studienförderung bei den parteinahen Stiftungen nur einen kleineren Teil der Tätigkeit und der Finanzen darstellen (bei der Friedrich-Naumann-Stiftung rund 25 Prozent), da ihr Hauptaugenmerk auf der internationalen politischen Arbeit liegt.
Weitere Informationen und Statistiken finden sich (falls vorhanden) in den Jahresberichten der einzelnen Werke: Cusanuswerk Jahresbericht 2019, ELES-Studienwerk Jahresberichte, Evangelisches Studienwerk Villingst Jahresbericht 2019, Friedrich-Ebert-Stiftung Jahresberichte, Friedrich-Naumann-Stiftung Jahresberichte, Studienwerk der Deutschen Wirtschaft und Studienstiftung des deutschen Volkes (StS) Jahresbericht 2019.
Eine gute Informationsquelle sind auch die Ausarbeitungen zu den einzelnen Begabtenförderungswerken im Online Lexikon wikipedia: Avicenna Studienwerk / Cusanuswerk / ELES Studienwerk / Evangelisches Studienwerk Villingst / Friedrich-Ebert-Stiftung / Friedrich-Naumann-Stiftung / Hanns-Seidel-Stiftung / Hans-Böckler-Stiftung / Heinrich-Böll-Stiftung / Konrad-Adenauer-Stiftung / Rosa-Luxemburg-Stiftung / Stiftung der Deutschen Wirtschaft und Studienstiftung des deutschen Volkes.
Anzahl der Stipendiaten
Der besondere Anstieg seit dem Jahr 2008 beruht zum einen Teil auf dem politischen Willen bis zu einem Prozent der Studierenden zu fördern und zum anderen auf dem Programm Aufstiegsstipendium, mit dem bereits Berufstätige für ein qualifizierendes Studium unterstützt werden. Das zeigt sich nicht nur in der Anzahl der Stipendiaten, sondern vor allem in den bereitgestellten Finanzmitteln, die 2008 die 100 Mio. Euro-Marke übersteigen.
Von diesem Anstieg haben insbesondere die ‚alten‘ parteinahen Stiftungen profitiert, vor allem die Konrad-Adenauer-Stiftung, ebenso wie die Studienstiftung des deutschen Volkes.
Zu den Begabtenförderungswerken schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als ersten Satz:
„Die Begabtenförderungswerke spiegeln die Vielfalt der deutschen Gesellschaft wider. Sie bilden die verschiedenen weltanschaulichen, religiösen, politischen, wirtschafts- oder gewerkschaftsorientierten Strömungen in Deutschland ab.“
Das mag gestimmt haben, als die ersten acht Werke vereinbart wurden (CDU, CSU + Kirchen / SPD + Gewerkschaften / Wirtschaft / Studienstiftung des deutschen Volkes). Von den religiös-weltanschaulichen Begabtenförderungswerkwerken wurden – neben den Katholiken und Evangelischen – die Förderungswerke der Juden (Ernst-Ludwig-Ehrlich Studienwerk – ELES) erst ab 2010 finanziert und das muslimische Werk (Avicenna) erst ab 2014. Die weltanschaulich größte Gruppe der Konfessionsfreien (Ende 2019: 39 Prozent der Bevölkerung) wurde bisher ‚außen vor‘ gelassen.
Religiöse Begabtenförderungswerke
Die beiden christlichen ‚Amtskirchen‘ haben 83 Prozent der Stipendiaten religiöser Förderwerke. Während das katholische Cusanuswerk seinen Anteil relativ stabil halten kann (von 49 auf 45 Prozent), kann das evangelische Studienwerk beim Anstieg der Stipendiatenzahl insgesamt (Verdreifachung) nicht mithalten und verliert Anteile (von 50 auf 38 Prozent). Förderungswerke anderer Religionsgemeinschaften oder Weltanschauungen werden nicht finanziert.
Hinsichtlich der geförderten Personen nach Geschlecht haben alle vier religiösen Werke einen höheren Frauenanteil, der bei den beiden christlichen Organisation höher ist (60 Prozent) als bei dem muslimischen (54 Prozent) und dem jüdischen Werk (52 Prozent).
Parteinahe Förderungswerke/Stiftungen
Der Kandidat für das 14. Begabtenförderungswerk steht schon bereit, es ist die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) der AFD. Zum einen heißt es aber noch: „Keine Zusammenarbeit“, zum anderen würde das erst Ende 2021 Realität werden, wenn/falls die AfD zum zweiten Mal in den Bundestag einzieht.
Bei den parteinahen Stiftungen bringen es die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Hanns-Seidel Stiftung (also die CDU/CSU) auf 4.034 Stipendiaten oder 44,3 Prozent der Stipendiaten ‚politischer‘ Stiftungen.
Bei Betrachtung der Prozentanteile kann durchaus der Eindruck entstehen, als wären sie der ‚Echoraum‘ der Mittelwerte der Bundestagswahlergebnisse vergangener Jahrzehnte.
Studienförderung nach Gruppen
Fasst man die 13 Begabtenförderungswerke nach inhaltlichen Gruppen zusammen, so sind es 1. die weltanschaulich neutrale Studienstiftung des deutschen Volkes (43 Prozent), die sechs parteinahen Stiftungen (31 Prozent), die Gewerkschaften und die Wirtschaft (14 Prozent) und die vier religiösen Werke (12 Prozent).
Finanzielle Zuwendungen
Die finanzielle Förderung der Studierenden beläuft sich beim Grundstipendium – einkommens- und elternabhängig, angelehnt an die Regelungen des BAföG – von monatlich bis zu 744 Euro (plus zusätzlich eine Studienkostenpauschale von 300 Euro, sowie ggf. Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Familienzuschlag, Kinderbetreuungspauschale, Auslandszuschläge). Promovierende erhalten ein Stipendium in Höhe von monatlich 1.350 Euro. Die Stipendien müssen, im Unterschied zum BAföG nicht zurückgezahlt werden.
Die in den nachfolgenden Übersichten Zuwendungen beziehen sich nur auf die Zuwendungssummen aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Bundeshaushalt. Alle Begabtenförderungswerke werben zusätzlich um Spenden und weitere Einnahmen. so dass ihre Einnahmen um rund 10 Prozent höher sind, vor allem bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft und der Studienstiftung des deutschen Volkes durch Zustiftungen und weitere Geldgeber noch höher.
Die Zuwendungen aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung betrugen 1998 rund 52 Mio. Euro, überstiegen 2008 die 100 Mio. Marke und belaufen sich 2019 auf insgesamt rund 263 Mio. Euro.
Die Verteilungen auf die Werke und Gruppen ist ähnlich wie die Anteile an den Stipendiaten. Dadurch jedoch, dass die Studienstiftung aus den Zuwendungen des BMBF einen geringeren Anteil erhält, steigen die Anteile der anderen drei Gruppen etwas an.
Die Studienstiftung des deutschen Volkes bekommt vom BMBF 94,5 Mio. Euro, die parteinahen Stiftungen 86,2 Mio. Euro, Gewerkschaften und Wirtschaft 43,1 Mio. und die religiösen Förderungswerke 39,5 Mio. Euro.
(CF)