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Eckdaten des katholischen kirchlichen Lebens 1990 – 2021

27 Bistümer zu überblicken und zu vergleichen ist nicht einfach. Gibt es eine Möglichkeit, das übersichtlich zu bekommen? Ja. Fragestellung ist die Stabilität im Sinne möglichst geringer Veränderungen zwischen vier Zeitpunkten für neun Messpunkte. Daraus ergeben sich ‚Charts‘, ähnlich einem DBC (Deutscher Bistum Contest), die den Blick auch auf weniger Auffälliges richten. Köln und München haben mitnichten die größten Veränderungen.

Handlungsräume des kirchlichen Lebens in der katholischen Kirche sind – ‚oberhalb‘ der Kirchengemeinden –, die Bistümer. Dazu erfassen die Bistümer entsprechende Daten, die sich auf die Mitgliederzahlen und Anzahl der Pfarreien, Kasualien (Taufen, Erstkommunion, Firmungen, Trauungen, Bestattungen) sowie auf Kirchenaustritte und Gottesdienstbesucher beziehen. Die Trends im Zeitverlauf vermitteln ein Bild der Entwicklungen – der Unterschiede wie auch Gemeinsamkeiten – und ermöglichen es, über die Prozentsätze der jeweiligen Veränderungen, quantitative Abfolgen der 27 Bistümer von mehr bzw. weniger zu erstellen.

Durch den Bezug auf den Prozentsatz der Veränderungen von 1990 auf 2000, von 2000 auf 2010 etc. und schließlich von 2021 gegenüber 1990 werden die Bedeutung wie Faszination von absoluten Zahlen eingeebnet, denn ein Verlust von 10 auf 100 ist ebenso groß wie 100 auf 1000, nämlich 10 Prozent. Dabei kann die ‚kleine Veränderung‘ für die kleinere Bezugseinheit inhaltlich eine größere Bedeutung haben, als eine größere Zahl für eine größere Einheit.

Die Zeitpunkte für die Jahre 1990, 2000, 2010 und 2021 sind nach der Deutschen Einheit, so dass alle heutigen Bistümer darstellbar sind. Der Zehnjahresabstand wurde von 2020 auf 2021 verschoben, da aufgrund der Coronapandemie für 2020 keine validen Daten des kirchlichen Lebens möglich waren. Die Daten der neun Messpunkte repräsentieren verschiedene Facetten kirchlichen Lebens, in denen sich Veränderungen darstellen.

Eine erste Übersicht zeigt die allgemeinen Trends. Die Veränderungen in den drei Zeiträumen zeigen beispielsweise für das Jahr 2000 im Rückblick auf 1990 einen Anstieg bei den Erstkommunionen (+ 13 Prozent) und eine Verringerung bei den Kirchenaustritten (- 10 Prozent).

In 2021 sind, gegenüber 1990, die Kirchenaustritte zwar der ‚Spitzenreiter‘ der Veränderungen, aber die zukunftsweisenden Kasualien der kirchlichen Trauungen (- 83 Prozent) sowie der Taufen (- 53 Prozent), als Beginn der Kirchenmitgliedschaft, sind ebenfalls erheblich – ebenso wie der Rückgang der Gottesdienstbesucher (- 80 Prozent).

Die nachfolgenden Tabellen 2-11 dokumentieren mit jeweils zwei Untertabellen 1. Die absoluten Zahlen und ihre prozentualen Veränderungen sowie 2. die sich daraus ergebenden Abfolgen (Rangplätze) innerhalb der 27 Bistümer. In den Tabellen 1.1. und 1.2. sind die sich daraus ergebenden Rangplätze zusammengefasst und es lässt sich hinsichtlich der Veränderungen eine Gesamtreihenfolge der Stabilität innerhalb der Bistümer errechnen.

Als stabilste Bistümer befinden sich Osnabrück auf Platz 1, Rottenburg-Stuttgart auf 2 und München-Freising auf 3, gefolgt von Berlin, Eichstätt und Regensburg. Das, wie das Erzbistum München und Freising (mit Seiner Eminenz Erzbischof Reinhard Kardinal Marx) medial sehr präsente Erzbistum Köln (mit Seiner Eminenz Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki), befindet sich im Mittelfeld (Rang 17) zwischen den Bistümern Dresden-Meißen (16) und Görlitz (18). Im unteren Drittel, also am stärksten von Veränderungen betroffen, befinden sich war auch die Bistümer Erfurt (27) und Magdeburg (25), aber ebenso Essen (26), Trier (24), Speyer (23), Aachen (22), Paderborn (21) und Würzburg (20).

Eine relativ hohe Gesamt-Stabilität bedeutet nicht, dass die einzelnen Einflussgrößen der Veränderungen sich ebenso darstellen. So hat das Erzbistum München und Freising (Gesamtplatz 3) gegenüber dem Erzbistum Köln (Gesamtplatz 17) bei den Kirchenaustritten einen niedrigeren Platz (14) als Köln (12).

Die folgenden Einzeltabellen dokumentieren die verschiedensten Veränderungen, die verdeutlichen, dass, nach dem Jahr 2000, zwar alle Trends in die gleiche Richtung von stärker werdenden Veränderungen verlaufen, das aber deutlich unterschiedlich.

Das verweist darauf, dass jedes Bistum eine eigene Entwicklung hat und auch einzeln betrachtet werden müsste – was jedoch den Rahmen dieser Dokumentation sprengen würde.

Katholikenzahl

Die Anzahl der Katholiken in den Bistümern hat sich von 1990 bis 2021 um ein knappes Viertel verringert (- 23 Prozent). In den drei Zehnjahreszeiträumen zeigt sich, dass die Tendenz sich verstärkt (- 5, - 8, - 12 Prozent).


Pfarreien / Seelsorgestellen

Nur im Bistum Eichstätt gibt es 2021 drei Pfarreien mehr als 1990. In allen anderen Bistümern verringert sich die Anzahl, geringfügig in München und Freising (- 4) und Passau (- 2). Die relative größte Verringerung gibt es (mit mehr als 80 Prozent Verringerung) in den Bistümern Essen, Erfurt, Hamburg, Limburg und Speyer.


Taufen

Mit der Taufe beginnt die Kirchenmitgliedschaft. Insofern ist die Anzahl der Taufen ein Indikator für die Perspektive der Mitgliedschaftsentwicklung. In 2021 wurden 158.000 Kinder weniger katholisch getauft als 1990. Ein Rückgang von 53 Prozent.

Aufgrund ihrer spezifischen Situation (Abwanderung, Austritte) befinden sich die östlichen Bistümer (Magdeburg, Görlitz, Erfurt, Dresden-Meißen) zwar im unteren Drittel der Rangplätze, aber dazu zählen auch die Bistümer Essen, Speyer, Hildesheim, Aachen und Trier.


Erstkommunionen

Die Zahlen der Erstkommunionen haben durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit den Taufen. Die bayerischen Diözesen (außer Würzburg) befinden sich im oberen Drittel.


Firmungen

Die Firmungen, mit ihrer besonderen Thematik als Sakrament zur kirchenmündigen Begründung der Kirchenmitgliedschaft durch die Jugendlichen, sind ebenso rückläufig wie die Taufen und Erstkommunionen, allerdings mit einer größeren Spannweite. In den Bistümern Osnabrück, Rottenburg-Stuttgart, Mainz und Dresden-Meißen sind die Rückgänge 2021 gegenüber 1990 geringer als 20 Prozent.


Trauungen

Der Rückgang der Zahl der Trauungen von 116.332 (in 1990) auf 20.140 (in 2021) ist mit 83 Prozent gravierend. Dabei mag das Verbot einer zweiten kirchlichen Heirat eine Rolle spielen (Eheauflösungen sind selten und kostspielig), und ebenso, dass die Heirat mit einem oder einer katholischen Geschiedenen nicht möglich ist, da sie noch als verheiratet gelten, bzw. der Trend besteht, generell nicht mehr zu heiraten, auch nicht standesamtlich. Auffallend ist dabei die geringe Spannweite zwischen den Bistümern.


Bestattungen


Austritte

Für das Erzbistum Köln selber mag es 2021 einen gewissen „Woelki-Effekt“ gegeben haben, für alle Bistümer spielt das keine Rolle. Die Bistümer, die im Vergleich 2021 gegenüber 1990 die höchsten Veränderungen (mit mehr als 400 Prozent) sind Passau, Regensburg, Trier, Würzburg und Eichstätt.

Die Besonderheit, dass die ostdeutschen Bistümer im Vergleich der Austrittszahlen 2021 gegenüber 1990 ‚positive Veränderungen‘ haben, verweist auf die besondere Austrittsthematik nach der ‚Wende‘.

Gottesdienstteilnehmer

Die Anzahl der Gottesdienstteilnehmer ist von 6,2 Mio. (1990) auf 0,9 Mio. (2021) zurückgegangen. Das ist eine Verringerung um 17,6 Prozentpunkte, d. h. von 21,9 (in 1990) auf 4,3 (in 2021). Damit setzt sich der langfristige Trend fort und kommt in die Nähe der geringen Anzahl evangelischer Gottesdienstbesucher.


Carsten Frerk.