Globaler Index zu Religiosität und Atheismus
Die WIN-Gallup Studie zu „Religiosität und Atheismus“ erfasst (2012) in 57 Ländern weltweit rund 73 Prozent der Weltbevölkerung. Aufgrund einer Selbsteinstufung bezeichnen sich 59 Prozent als „religiös“, 23 Prozent als „nicht-religiös“. Nur eine Minderheit (13 Prozent) – mit Schwerpunkt in Ost-Asien und West-Europa – bezeichnet sich als Atheist. Allerdings hat sich der Anteil der Religiösen von 2005 bis 2012 um 9 Prozentpunkte auf 59 Prozent verringert.
Da die Beschreibungen der Religionszugehörigkeiten weltweit sehr unterschiedlich gehandhabt werden - von den formalen Mitgliedschaften durch Taufe im Christentum (mit der Möglichkeit des Kirchenaustritts), bis zur automatischen Religionszugehörigkeit, wenn der Vater ein Muslim ist (ohne dass ein Verlassen dieser Religion vorgesehen ist) – ist eine einfache und unmissverständliche Möglichkeit, um diese Zugehörigkeiten zu erfassen, die Menschen selber zu befragen.
In der weltweiten WIN-Gallup Umfrage (bei der WIN für „Worldwide Independent Network Of Market Research“ steht, in Deutschland arbeitet TNS EMNID für das Netzwerk) in 57 Staaten lautete 2012 die Frage: „Irrespective of whether you attend a place of worship or not, would you say you are a religious person, not a religious persons or a convinced atheist?” („Unabhängig davon, ob Sie einen Ort des Gottesdienstes besuchen, würden Sie sagen, dass Sie eine religiöse Person sind, keine religiöse Person sind oder ein überzeugter Atheist?“).
Diese Fragestellung berücksichtigt das Wissen, dass Gruppenzugehörigkeiten und individuelles Selbstverständnis nicht deckungsgleich sind. „Konfessionslose“ in Deutschland ist nicht deckungsgleich mit „ohne Religion“, ebenso wie „Kirchenmitglied“ nicht bedeutet, dass diese Personen sich als religiös verstehen.
Die „Top 10“ der Länder mit den höchsten Anteilen von „überzeugten Atheisten“ sind einerseits die Asien-Staaten China, Japan und Südkorea sowie die Europäischen EU-Staaten Tschechien, Frankreich, Deutschland und die Niederlande.
Die „Top 10“ der Länder mit den höchsten Anteilen von Personen, die sich als religiös verstehen, sind in Afrika (Ghana, Nigeria und Kenia), in Osteuropa (Mazedonien und Rumänien), Lateinamerika (Peru und Brasilien), sowie die Fidschi-Inseln und der Irak.
Religiosität der Mitglieder von Glaubensgemeinschaften
Die Variationen unter den Mitgliedern der Religionsgemeinschaften hinsichtlich der Frage, ob sie sich als „religiös“, nicht religiös“ oder als „Atheist“ verstehen, sind unter Muslimen ausgeprägter als unter Christen oder Hindus. Und so, wie es bei den Mitgliedern von Religionen kaum Atheisten gibt, so gibt es unter den „Konfessionslosen“ kaum Religiöse.
Die Mitglieder von Religionsgemeinschaften, die sich als „Nicht-religiös“ bzw. „überzeugte Atheisten“ verstehen, sind bei Juden (56 Prozent) und Muslimen (23 Prozent) am häufigsten, gefolgt von den Christen verschiedenster Denominationen (15 - 17 Prozent).
Für diese Personen - die sich zwar Religionsgemeinschaften zuordnen, sich aber als „nicht religiös“ verstehen - erscheint der Begriff des „kulturellen Juden“, „kulturellen Muslim“ bzw. des „kulturellen Christ“ sinnvoll. In der Kultur, den Gebräuchen und Gewohnheiten einer Familie mit entsprechender Religion aufgewachsen, hat man die wichtigsten Werte, Alltags- und Essensgewohnheiten so sehr verinnerlicht, dass man sie beibehält, auch wenn man sie nicht (mehr) religiös begründet.
Auf Deutschland übertragen hieße das, dass die Anteile der „Nicht-Religiösen“ innerhalb der Mitglieder von Religionsgemeinschaften, die von WIN-Gallup in 57 Staaten erhoben wurden, in Deutschland noch ausgeprägter vorhanden sind. Der Prozentsatz von 23 Prozent „kulturellen Muslimen“ in 57 Staaten dürfte in Deutschland insofern nur den Mindestwert darstellen, der zutreffende Wert ist als deutlich höher anzunehmen.
Die Religiosität ist unter den Ärmeren (66 Prozent) ausgeprägter als bei den Personen mit höherem und hohem Einkommen (49 Prozent).
Ebenso gilt das für die formale Schulbildung, die ja auch partiell das spätere Einkommen definiert. Die formal schlechter Ausgebildeten haben eine höhere Religiosität (68 Prozent) als die Personen mit formal guter Ausbildung (52 Prozent).
Hinsichtlich der Frage, ob es einen Trend gibt, wie sich die Religiosität verändert, gibt es eine Vergleichsmöglichkeit zwischen einer Befragung in 2005 und der in 2012: Die Religiosität verringert sich weltweit durchschnittlich um 9 Prozentpunkte, während der Atheismus um 3 Prozentpunkte ansteigt.
Abgesehen von Vietnam, sind die Länder mit den höheren Veränderungswerten alles christlich dominierte Länder: Schweiz, Frankreich, Süd-Afrika, etc.
Deutschland zählt ebenfalls zu den “Top 10”-Ländern, in denen sich die selbst eingeschätzte Religiosität verringert.
Eine Übersicht mit allen beteiligten Ländern verweist jedoch auch darauf, dass dieser Trend nicht eindimensional ist – es gibt Länder, in denen der Anteil der „Religiösen“ angestiegen ist – und ebenso darauf, dass – abgesehen von den „Top 10“, die Anteile stabil sind.
Das gleiche Muster – sowohl größere Anteile, wie geringer werdende Anteile - zeigt sich auch bei den „überzeugten Atheisten“. (Die Differenz bei den dargestellten 37 Ländern – mit 7 Prozent Atheisten – zu den 13 Prozent aller 52 beteiligter Länder in 2012, erklärt sich vorrangig dadurch, dass China nicht enthalten ist, weil dort 2005 keine entsprechende Umfrage stattfand.)
In einer Gruppierung nach Weltregionen wird dieses Fehlen von China deutlich:
Abschließend die Übersicht aller (2012) beteiligten Länder und die Anteile der „Religiösen“, „Nicht-Religiösen“ sowie Atheisten“ nach Selbsteinschätzung.
(CF)