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Schweiz: Erwartungen der Älteren für ihr Lebensende

In der Schweiz ist das Thema der Selbstbestimmung am Lebensende weiter in der Diskussion. EXIT ließ die älteren Schweizer (50+) befragen, welche Gedanken sie zum Lebensende und zur Aufgabe der Ärzte haben. Eine Mehrheit der Schweizer plädiert dabei für Regelungen, die vergleichbar sind mit den Niederlanden, in denen der Hausarzt seine Patienten auch im Sterben begleiten kann.

In einer Umfrage für die Organisation EXIT befragte des LINK Institut für Markt- und Meinungsforschung, Bern, die älteren (über 50-Jährigen) Schweizer zu ihren Einstellungen hinsichtlich ihres letzten Lebensabschnitts. Die Ergebnisse der Studie sind eindeutig.

In genauerer Betrachtung der Antworten „Stimme zu“ zu den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten zeigt sich die Bedeutung der Partner, Kinder und Freunde, wenn es um berührende Themen geht. Mit ihnen reden 79 Prozent der Befragten über das Thema „älter werden“. Ein gutes Drittel (35 Prozent) redet mit dem Arzt über ihre/seine Perspektiven und 7 Prozent sprechen darüber mit ihrem Seelsorger bzw. Pfarrer.

Und ebenso, wie das Thema des Älterwerdens von mehr als drei Viertel der Befragten (79 Prozent) nicht ignoriert wird, sagt eine gleich große Zahl (77 Prozent), dass sie das Thema Sterben und Tod „gelassen nehmen“. Es sind auch etwas mehr die Männer und die Konfessionsfreien, die das so nehmen, wie es ist.

Ebenso sind es drei Viertel (76 Prozent), die bereits über ihr eigenes Lebensende, ihren Tod nachgedacht haben. Und zwei Drittel (63 Prozent) bestätigen, dass sie sich darüber Gedanken gemacht haben, ob sie gegebenenfalls Sterbehilfe in Anspruch nehmen würden. Die Unterschiede zwischen den Konfessionen sind dabei unerheblich.

Nur bei den Patientenverfügungen ist ein Unterschied vorhanden. Während knapp die Hälfte (46 Prozent) der Konfessionsfreien seine Willenserklärungen zu medizinischen Behandlungen schriftlich niedergelegt hat, sind es bei den Katholiken ein gutes Viertel (28 Prozent).


Erwartungen an den Hausarzt

So gut wie alle Befragten (97 bzw. 94 Prozent) erwarten von ihrem Hausarzt, dass er sie in medizinische Entscheidungen mit einbezieht und dass er sich genügend Zeit für sie nimmt. Drei Viertel (72 Prozent) erwarten von ihrem Hausarzt eine frühzeitige Orientierung über das Selbstbestimmungsrecht auch am Lebensende und welche Auswirkungen es für Angehörige haben kann. Ebenso viele wollen über die Möglichkeiten der Palliativmedizin orientiert werden.

Zu dem Selbstbestimmungsrecht gehört dann auch, aus der Sicht der Patienten, über Sterbehilfeorganisationen informiert zu werden (64 Prozent) ebenso wie eine offene Information über alle Aspekte der Sterbehilfe.

Nur eine Minderheit (24 Prozent) erwarten von ihrem Hausarzt, dass er „alles unternimmt, damit ich möglichst lange lebe“.

Der Hausarzt soll neutral und unvoreingenommen beraten und betreuen (94 Prozent), soll für eine gute palliativmedizinische Betreuung sorgen (84 Prozent) und durchsetzen (82 Prozent), dass die Regelungen der Patientenverfügung eingehalten werden.

Mehr als die Hälfte der Befragten (zwischen 55 bis 66 Prozent) erwarten, dass der Hausarzt sie in allen Fragen der Sterbehilfe unterstützt (seien es die notwenigen Dokumente oder das notwendige Rezept) und dass der Hausarzt die Vertrauensperson bis an das Lebensende ist.

Ein Viertel der älteren Schweizer (27 Prozent) erwartet, dass Ihnen der Hausarzt bei den eher praktischen Aspekten des selbst herbeigeführten Sterbens (Medikament anrühren, Infusion anlegen) beisteht. Nur jeder Zehnte (12 Prozent) erwartet, dass der Hausarzt dann auch persönlich weiter anwesend ist.

Wie sehr der Hausarzt dabei die Vertrauensperson ist, äußert sich auch darin, dass die Sterbehilfeorganisationen erst dann bei der Hälfte der Älteren (52 Prozent) ins Blickfeld kommt, wenn der Hausarzt den Befragten nicht in der Sterbebegleitung unterstützt.

Ein Drittel (30 Prozent) würden sogar einen Arztwechsel in Betracht ziehen. Allerdings würden dann ein Viertel (24 Prozent) überhaupt auf eine Sterbebegleitung verzichten - was alles Mögliche bedeuten kann, auch einen einsamen oder gewalttätigen Suizid.

Insofern zeigt sich, dass die Regelungen in den Niederlanden,  bei denen der Hausarzt als Vertrauensperson eine zentrale Aufgabe innehat, auch für die Älteren in der Schweiz die gewünschte Option wäre.

(CF)