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Sterbehilfe in den Niederlanden 2008 - 2014

In den Niederlanden ist die ärztliche Sterbehilfe erlaubt und per Gesetz präzise geregelt. Die staatliche Sterbehilfekommission („Euthanasiecommissie“) erfasst alle Sterbefälle, prüft die Einhaltung der „Sorgfaltskriterien“ und legt die Daten in Jahresberichten der Öffentlichkeit vor.

In den Niederlanden wurde nach langen Diskussionen das „Gesetz vom 12. April 2001 über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung und zur Änderung des Strafgesetzbuchs und des Gesetzes über das Leichen- und Bestattungswesen (Gesetz über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung)“ verabschiedet und ab 2002 in Kraft gesetzt.

Diesem Gesetz vorangestellt schreibt Königin Beatrix - als Staatsoberhaupt: „In der Erwägung, dass es wünschenswert ist, im Strafgesetzbuch einen Strafausschließungsgrund für den Arzt aufzunehmen, der unter Berücksichtigung der gesetzlich zu verankernden Sorgfaltskriterien Lebensbeendigung auf Verlangen vornimmt oder Hilfe bei der Selbsttötung leistet, und dazu gesetzliche Vorschriften für ein Melde- und Kontrollverfahren zu erlassen, haben Wir, nach Anhörung des Staatsrats und im Einvernehmen mit den Generalstaaten, beschlossen und verordnen wie folgt: […]

Artikel 2
1. Nach den in Artikel 293 Absatz 2 Strafgesetzbuch genannten Sorgfaltskriterien muss der Arzt

a) zu der Überzeugung gelangt sein, dass der Patient seine Bitte freiwillig und nach reiflicher Überlegung geäußert hat,
b) zu der Überzeugung gelangt sein, dass keine Aussicht auf Besserung bestand und der Patient unerträglich litt,
c) den Patienten über dessen Situation und über die Prognose aufgeklärt haben,
d) mit dem Patienten zu der Überzeugung gelangt sein, dass es für dessen Situation keine andere annehmbare Lösung gab,
e) mindestens einen anderen, unabhängigen Arzt zu Rate gezogen haben, der den Patienten untersucht und schriftlich zur Einhaltung der unter a bis d genannten Sorgfaltskriterien Stellung genommen hat, und
f) die Lebensbeendigung oder Hilfe bei der Selbsttötung fachgerecht durchgeführt haben.“

Kontrollkommissionen

In den fünf Regionen der Niederlande bestehen staatliche „Regionale Kontrollkommissionen für Sterbehilfe“ (Euthanasiecommissie) denen alle assistierten Suizide zu melden sind und von denen geprüft wird, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Sorgfaltskriterien eingehalten worden sind. In den Jahresberichten der Kommissionen (hier: 2012, auf Deutsch) wird sehr sorgfältig über einzelne Freitodbegleitungen berichtet, bei denen die Kommissionen Diskussionsbedarf sieht. Auch die Sorgfaltskriterien müssen, angesichts einer stärkeren Ausdifferenzierung bei den Hilfesuchenden, weiter entwickelt werden.

In den Jahresberichten (2012 bzw. 2014) werden sowohl die Gesamtzahlen berichtet wie auch die Zahlen für die fünf Regionen der Niederlande. Ebenso die „meldenden Ärzte“ sowie die Krankheitsarten.

Die Trendlinien verdeutlichen, dass in allen fünf Regionen die Zahl der Sterbehilfen ansteigt, entsprechend auch die Gesamtzahlen. Sie haben sich in den dargestellten sieben Jahren etwas mehr als verdoppelt.

Die Veränderungen in den Gesamtzahlen lassen jedoch keinen immer größer werdenden Zuwachs erkennen, sondern die Zuwachsraten sind - sowohl in den absoluten Zahlen wie in den Prozentzahlen - in den Jahren unterschiedlich hoch.

Nach Angaben von eurostat belief sich die Anzahl der Sterbefälle in den Niederlanden von 2008 bis 2014 auf insgesamt 962.451 Verstorbene, darunter 26.121 Menschen, die dafür Sterbehilfe in Anspruch nahmen. Das sind im Jahresmittel 2,7 Prozent aller Verstorbenen.

Der Anstieg der Freitodbegleitungen über die Jahre verläuft dabei in einer Parallelität zum Anstieg der Anzahl der Niederländer, die älter als 65 Jahre sind und insbesondere der Gruppe, die 80 Jahre und älter ist. (Quelle)

Ebenso wird es eine Rolle spielen, dass die Diskussionen in den Niederlanden zu einer größeren gesellschaftlichen und damit auch individuellen Akzeptanz der Freitodbegleitungen geführt hat. Sie erfüllt zumindest weitgehend den Wunsch, zu Hause sterben zu können – wie es in Deutschland gewünscht wird.


Eine besondere Rolle spielt dabei die persönliche, professionelle Betreuung durch den Hausarzt. 84,5 Prozent der Freitodbegleitungen erfolgen in seiner Anwesenheit – also auch ggf. im Pflegeheim oder Altersheim - der es dann an die Kontrollkommission berichtet.

Die letalen Krankheitsarten zeigen eine vergleichbare Verteilung wie bei den Freitodbegleitungen in der Schweiz. Rund drei Viertel der Menschen, die in den Niederlanden ihr Leben beenden, sind letal an Krebs erkrankt.