USA/Deutschland: Vertrauen in den Klerus erschüttert
Sowohl in den USA wie in Deutschland zeigt sich, dass das Vertrauen in den Klerus erschüttert ist – sowohl für den katholischen Klerus aber auch bei den Protestanten. Während die Katholiken in den USA 2017 noch zur Hälfte (49 Prozent) die Ehrlichkeit des Klerus hoch bewerten, sind es 2018 nur noch ein Drittel (31 Prozent). In Deutschland verliert der Papst 20 Prozentpunkte an Vertrauen gegenüber 2018 und die evangelische wie die katholische Kirche verlieren Vertrauen (10 bzw. 9 Prozentpunkte) auf einem ohnehin niedrigen Niveau.
Das Gallup-Institut (Washington D.C./USA) fragt seit vielen Jahren (1948 bzw. 2001 ff.) nach den Einstellungen der US-Amerikaner bzw. der Kirchenmitglieder in den USA nach ihren Glaubenselementen. Für Gallup analysiert Megan Brenan diese Daten für 2018: „U.S. Catholics‘ Faith in Clergy Is Shaken.”
Die Kernbefunde lauten:
- 31 Prozent der Katholiken bewerten die Ehrlichkeit des Klerus hoch, gegenüber 49 Prozent im Jahr 2017.
- 44 Prozent der Katholiken haben Vertrauen in die Kirche, ein Rückgang um 8 Prozentpunkte.
- 52 Prozent der Katholiken sagen, dass Religion ein „sehr wichtiger“ Teil ihres Lebens ist.
„Inmitten von Unruhen in der römisch-katholischen Kirche in den anhaltenden Folgen von Skandalen wegen Sexualmissbrauchs durch Priester, bewerten ein Rekord - niedrige 31 Prozent der US-Katholiken die Ehrlichkeit und die ethischen Standards des Klerus als ‚sehr hoch‘ oder ‚hoch‘. Dies bedeutet einen Rückgang um 18 Prozentpunkte zwischen 2017 und 2018, als weitere Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs gegen Priester und Fragen nach der Antwort des Vatikans auftauchten.
Gallup hat die Ansichten der Öffentlichkeit über die ethischen Standards des Klerus seit 1977 im Rahmen seiner breit angelegten Umfrage „Ehrlichkeit und Ethik der Berufe“ gemessen. Seit 2012 sinken die zunächst hohen Bewertungen des Klerus unter allen Erwachsenen stetig.
Die neuesten Ergebnisse der Gallup-Umfrage (vom 3. bis 12.12.2018) ergaben sich nach einem Pennsylvania GrandJury-Bericht vom August, der detaillierte Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs von mehr als 300 katholischen Priestern in über 70 Jahren dokumentierte. Der Bericht zeigte, dass katholische Bischöfe und andere hochrangige Kirchenführer diese Vorfälle vertuschten.
Zwischen 2004 und 2014 bewertete eine Mehrheit der Katholiken die Ethik des Klerus hoch, doch zwischen 2014 und 2015 gingen die positiven Meinungen stark zurück. Dieser Rückgang um 13 Punkte von 57 Prozent auf 44 Prozent folgte der Veröffentlichung einer Studie der katholischen Kirche, die ergab, dass mehr als 4.000 Priester in den letzten 50 Jahren Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs ausgesetzt waren.
Das Vertrauen der Katholiken in die Kirche bzw. die organisierte Religion, das durch die jährliche Umfrage von Gallup’s Confidence in Institutions im Juni gemessen wurde, war rückläufig, noch bevor die jüngsten Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs in Pennsylvania ans Licht kamen. Das Vertrauen der Katholiken sank von 52 Prozent im Juni 2017 auf 44 Prozent im Juni 2018.
National erreichte die kirchliche/organisierte Religion, die von 1973 bis 1985 die bestbewertete Institution war, 2018 einen historischen Tiefpunkt des Vertrauens von 38 Prozent bei allen Erwachsenen. Das Vertrauen der Protestanten in die Kirche nahm wie das der Katholiken ab und sank von 54 Prozent im Jahr 2017 auf 48 Prozent im Jahr 2018.
Trotz dieser negativen Zeichen für die Zukunft der US-amerikanischen katholischen Kirche ist der Prozentsatz der Amerikaner, die sich selbst als Katholiken identifizieren, recht stabil geblieben. Die derzeitigen 22 Prozent, die sich als katholisch bezeichnen, liegen nahe am 70-jährigen historischen Durchschnitt von Gallup von 25 Prozent.
Ein Schlüsselfaktor für die Stabilität der katholischen Identifikation ist ein Anstieg der Zahl der Hispanos in den USA. 2018 zeigten Gallup-Daten, dass Hispanos 15 Prozent der US-Bevölkerung und 30 Prozent aller US-Katholiken ausmachten. Mehr als vier von 10 Lateinamerikanern sind katholisch.
Eine Mehrheit der Katholiken betrachtet die Religion immer noch als ‚sehr wichtig‘ in ihrem Leben. Die Bindung der Amerikaner an die Religion ist gelegentlich höher gestiegen, so im Dezember 2012 auf 64 Prozent, aber das langfristige Muster war eines der stabilsten.
Fazit
Der Prozentsatz der Amerikaner, die sich selbst als Katholiken identifizieren, ist trotz der Turbulenzen stabil geblieben und eine knappe Mehrheit der Katholiken hält die Religion in ihrem Leben für sehr wichtig. Dass nur ein Drittel der Katholiken, die die Religion für sie sehr wichtig halten, die ethischen Standards des Klerus hoch einschätzen, scheint zu zeigen, dass sie in der Lage sind, die Institution von ihrem eigenen persönlichen Glauben zu trennen.
Deutschland
Die Ergebnisse in den USA weisen durchaus Parallelen zur Situation in Deutschland auf. Eine aktuelle Umfrage (Anfang 2019) zum Vertrauen in Institutionen und der Vergleich zu 2018 zeigt, wie das domradio kommentiert: „Ein betrübter Blick auf den Zustand der Kirche“.
Für 26 Institutionen/Organisationen wurde gefragt, ob man ihr vertraue oder nicht. Gegenüber 2018 hat sich das Vertrauenspotential für 15 Organisationen/Institutionen signifikant verschlechtert: „Zwar hält sich die Polizei noch knapp auf Platz 1 der Ranking-Liste, ist aber gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozentpunkte abgerutscht. Am stärksten zurückgegangen ist das Vertrauen zum Papst (- 20 Punkte), zur katholischen (- 9) und zur evangelischen Kirche (- 10) sowie zur Bundeswehr (- 13), zu den Schulen (- 10) und - bei den Erwerbstätigen - zum eigenen Arbeitgeber (- 9).“
Insbesondere der Rückgang des großen Vertrauens für den Papst, dem nur noch ein Drittel der Bevölkerung (34 Prozent) in Deutschland sehr vertrauen, weist darauf hin, dass zwischen der katholischen Kirche insgesamt (- 9 Prozentpunkte) und dem katholischen Klerus, für den der Papst stellvertretend steht (- 20 Prozentpunkte) unterschieden wird.
(CF)