Religions- und Weltanschauungsunterricht, Berlin, 2011/2012
In Berlin werden von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft jeweils zum Schuljahresbeginn die statistischen Zahlen u.a. zum Religions- und Weltanschauungsunterricht in den einzelnen Jahrgangsstufen sowie nach Stadtbezirken und Schultyp veröffentlicht, die sogenannten „Oktoberzahlen“.
Insgesamt hat in diesem Schuljahr die Zahl der am Religions- oder Weltanschauungsunterricht teilnehmenden SchülerInnen leicht abgenommen (2011: 51,26 Prozent; 2010: 51,42 Prozent). Weiterhin besucht etwa jede(r) zweite Schüler(in) den Religionsunterricht oder den Humanistischen Lebenskundeunterricht. Einen Rückgang der Schülerzahlen mussten vor allem die Kirchen verzeichnen.
Drei Weltanschauungen (Evangelisch, Humanistisch, Katholisch) stellen mit 94,3 Prozent aller teilnehmenden SchülerInnen die Grundrichtungen. Die verbleibenden knapp 6 Prozent teilen sich die Angebote von zehn weiteren Unterrichtsanbietern.
An den privaten allgemein bildenden Schulen ist der Anteil, der an einem Religionsunterricht teilnimmt, gegenüber den öffentlichen Schulen deutlich höher – was nicht verwunderlich ist, da sie vorwiegend auf christlich-weltanschaulichen Grundlagen beruhen. Jedoch auch dort nimmt etwa ein Viertel der SchülerInnen an keinem Weltanschauungs- und Religionsunterricht teil. Die SchülerInnen, die am „Sonstigen Religions- und Weltanschauungsunterricht“, darunter fällt auch der Freie Christliche Religionsunterricht, teilnehmen, kommen fast ausschließlich aus Privatschulen (97 Prozent).
Knapp ein Drittel aller den Religions- oder Weltanschauungsunterricht besuchenden Schülerinnen und Schüler (51.871) in Berlins Schulen nehmen am Humanistischen Lebenskundeunterricht teil. Dieser verzeichnet mit 2.058 SchülerInnen mehr im Vergleich zum Vorjahr (2010: 49.813) den höchsten Zuwachs im Bereich des Religions- und Weltanschauungsunterrichts. Zum ersten Mal in der 27 jährigen Geschichte des Schulfachs besuchen damit in diesem Schuljahr mehr als 50.000 SchülerInnen den
Lebenskundeunterricht des Humanistischen Verbandes. Während die Schülerzahlen im Religionsunterricht stagnieren bzw. rückläufig sind, steigen die Zahlen der am Lebenskundeunterricht teilnehmenden SchülerInnen seit Jahren stetig.
Diese Feststellung ist aber nur in dieser Allgemeinheit richtig, da die Teilnehmerzahlen mit Bezug auf die Gesamtschülerzahlen sich in den vier verschiedenen Jahrgangsstufen gravierend voneinander unterscheiden.
In den Jahrgangsstufen 1-4 (Grundschulen) nehmen vier Fünftel aller SchülerInnen (80 Prozent) am Religions- und Weltanschauungsunterricht teil.
In den Jahrgangsklassen 5 und 6 (Grundschulen, Integrierte Sekundarschulen1 und Gymnasien) sind es reichlich zwei Drittel aller SchülerInnen (70 Prozent), während die Teilnehmerquote in der Jahrgangsstufe 7 bis 10 (Integrierte Sekundarschule und Gymnasien) auf fast ein Viertel aller Schüler sinkt (26,5 Prozent). In der Jahrgangsstufe 11 bis 13 (Gymnasien) sind es dann nur noch 14,5 Prozent aller SchülerInnen, die dieses Unterrichtsangebot annehmen.
Diese Verteilungen innerhalb der jeweiligen Jahrgangsstufen sind seit Jahren weitgehend auf gleichem Niveau.
Bemerkenswert ist dabei, dass in den älteren Jahrgangsstufen die geringere Nachfrage nach Religions- und-Weltanschauungsunterricht für alle Angebote gleichermaßen gilt.
Die jährlichen prozentualen Veränderungsraten der (Teilnehmer)zahlen2 zeigen mehrere Aspekte.
- Die Teilnehmerzahlen am Religions- und Weltanschauungsunterricht sind über die Jahre relativ leicht angestiegen.
- Dieser Anstieg liegt im Wesentlichen in den ansteigenden Teilnehmerzahlen der Humanistischen Lebenskunde begründet.
- Die jährlichen Veränderungen in den Jahrgangsstufen verlaufen von der Tendenz parallel zueinander.
- Es ist grundlegend wichtig, sich in der Betrachtung der Veränderungen nicht auf die absoluten Teilnehmerzahlen zu beziehen, da sich die Schülerzahl in Berlin ändert, in diesem Jahr sogar erstmalig wieder angestiegen ist, und sich somit die Bezugsgrößen verändern. Die verlässliche Zahl ist der jeweilige Anteil der Teilnehmer (Quote) am jeweiligen Unterricht bezogen auf die Gesamtschülerzahl insgesamt und in den Jahrgangsstufen.
- Der evangelische Religionsunterricht hat gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang in der Teilnahmequote von insgesamt 0,62 Prozentpunkten. Der katholische Religionsunterricht ist relativ stabil in der Nachfrage (-0,14 Prozentpunkte) und die Humanistische Lebenskunde kann ihren Anteil um 0,57 Prozentpunkte erweitern.
- Im dargestellten Zeitraum (sechzehn Schuljahre 1996/97 bis 2011/12) erhöht sich die Teilnehmerquote am evangelischen Religionsunterricht um 0,8 Prozentpunkte (von 23,7 Prozent auf 24,5 Prozent aller Schüler). Auch wenn sich seit 2005 die Teilnehmerquote jeweils leicht verringert hat, nehmen (mit Bezug auf die Gesamtschülerzahl) aktuell etwas mehr Schüler am evangelischen Religionsunterricht teil als 1996.
- Das gleiche gilt auch für den katholischen Religionsunterricht, der – mit durchweg leicht besser werdenden Quoten – seine TeilnehmerInnenzahl von 1996/97 zu 2011/12 um knapp 2 Prozentpunkte verbessern kann.
- Die Humanistische Lebenskunde kann die Quote der TeilnehmerInnen im gleichen Zeitraum um 12 Prozentpunkte (von 4,2 auf 16,2 Prozent aller SchülerInnen) erweitern, d. h. mehr als verdoppeln.
Um durchzusetzen, dass der Religionsunterricht als gleichberechtigtes Pflichtfach neben Ethik gestellt wird, ist „Pro Reli“ mittels Volksentscheid in die Öffentlichkeit gegangen und gescheitert. Sie waren der Auffassung, dass das Pflichtfach Ethik die Teilnahme am freiwilligen Religionsunterricht zurückdränge und der zunehmende Leistungsstress die Teilnahme am Religionsunterricht erschweren würde. Dies belegten sie mit sinkenden Teilnehmerzahlen in der Jahrgangsstufe 7 bis 10.
Diese Darstellung entsprach in den vergangenen Jahren nicht den tatsächlichen Zahlen, ein Vergleich der Teilnehmerquoten des Jahres 2011 mit dem aktuellen Jahr (vgl. Tabelle 2.5.) zeigt, dass die Teilnehmerzahlen jedoch in dieser Jahrgangsstufe erst in diesem Jahr gesunken sind.
Der evangelische Religionsunterricht verliert in der Teilnahmequote gegenüber dem Vorjahr insgesamt 0,62 Prozentpunkte. In den vier Jahrgangsstufen betrifft dies am stärksten die Klassen 5 und 6 ( 0,8 Prozentpunkte), in den Klassen 7 bis 10, die „Ethik“ als Pflichtfach haben, ist der Rückgang der Teilnehmerquote in diesem Jahr deutlich auf 0,57 Prozentpunkte gestiegen und der geringste Rückgang ist bei den Grundschülern zu verzeichnen ( 0,14 Prozentpunkte). In der Jahrgangsstufe 11 bis 13 ist sogar ein Zuwachs von 0,19 Prozentpunkten zu beobachten.
Die Teilnehmerzahlen für den katholischen Religionsunterricht weisen jeweils einen kleinen Zuwachs in den Jahrgangsgruppen 5/6 und 7 bis 10 auf.