Kirchenpresse 1997 - 2016
Ganz allgemein kann man sehen, dass die Leserschaft der Printmedien sich in den letzten Jahren drastisch verringert hat, besonders bei den Tageszeitungen. Diese verloren seit 2003 insgesamt 36 Prozent ihrer Käufer. Die Wochenzeitungen konnten sich bis 2010 relativ stabil halten, verloren im Folgejahr ca. 10 Prozent der Käufer und halten sich seitdem wiederum fast konstant.
Die Verluste sind auf die veränderte Nutzung von Informationsquellen zurückzuführen. Es werden immer mehr Internet, TV, Smartphon und sonstige digitale Medien genutzt. Auch e-Paper werden seit ca. 4 Jahren zunehmend genutzt. Dieser Teil der Leserschaft macht mittlerweile die gleiche Größenordnung wie die Wochenzeitungen aus.
Im Speziellen werden die wöchentlich erscheinenden konfessionellen Zeitungen betrachtet. Diese machen etwa 700.000 Exemplare mit 39 Titeln aus.
Während für Anzahl und Gesamtauflage der kirchlichen Gemeindeblätter keine Angaben zu finden sind, liegen für die anderen Publikationen durch die IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern) Zahlen zu den verkauften Auflagen vor.
Als überregionale Wochenzeitungen gibt/gab es neben dem Rheinischen Merkur (katholisch, konservativ, bis 2010), die „Katholische Sonntagszeitung für Deutschland“, die einen Teil ihrer Auflage (ca. 9.000 Exemplare) überregional vertreibt, sowie die „Jüdische Allgemeine Wochenzeitung für Politik, Kultur, Religion und Jüdisches Leben“ und der sich als ökumenisch bezeichnende „Christ in der Gegenwart“.
Im Zeitraum von Anfang 1998 bis Anfang 2008 hatte der Rheinische Merkur rund 40.000 Käufer weniger aufzuweisen (minus 36 Prozent von 111.647 Exemplare in 1998), mit einer auffallenden Verringerung seit 2005, als sich erstmals weniger als 100.000 Käufer fanden. Von 2008 bis 2010 haben sich die Verkaufszahlen nochmals verringert. Im 2. Quartal 2010 meldete die im Wesentlichen von acht Bistümern (Erzbistum Köln, Deutsche Bischofskonferenz und Bistümer Nordrhein-Westfalens) getragene Zeitung nur noch 64.356 verkaufte Exemplare. Seit Dezember 2010 gibt es diese Zeitung nicht mehr, sondern erscheint als wöchentliche Beilage „Christ und Welt“ in der „Zeit“.
Diese Möglichkeit nutzt auch das evangelische Magazin „Chrismon“, das im Jahr 2000 nach 52 Jahren als „Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt“ aufgegeben hatte und jetzt monatlich als Beileger der „Zeit“ sowie bei den Tageszeitungen „Süddeutsche Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Die Welt“, „Mitteldeutsche Zeitung“ und „Schweriner Volkszeitung“ erscheint.
Diese Verluste entsprechen auch der Gesamtentwicklung der regionalen Kirchenzeitungen. Die Zeitungen der „Konpress“ - nationaler Vermarkter von 37 konfessionellen Wochenzeitungen - haben insgesamt zwischen 1997 und 2008 ca. 663.000 Käufer verloren, ein Minus von 36 Prozent und verkauften 2008 nur noch 1,16 Mio. Exemplare pro Woche, bis zum 3. Quartal 2016 hat sich diese Zahl auf 645.021 verringert. Dies sind noch einmal ca. 45 Prozent weniger. Bei rund 45 Mio. Kirchenmitgliedern heißt das, nur ca. 1,4 Prozent der Kirchenmitglieder sind auch Käufer einer Kirchenzeitung.
Der mögliche Einwand, es läge im Trend, dass die gedruckten Zeitungsauflagen sich generell verringern, stimmte nur bedingt. Inzwischen ist zwar dieser Trend bei nahezu allen Printmedien angelangt, denn auch bei den Tageszeitungen gibt es einen Rückgang, der bis 2008 nur 19 Prozent und bis 2016 insgesamt 36 Prozent beträgt (von 29,4 Mio.(1998) auf 23,9 Mio.(2008) und 2016 auf 17,1 Mio Exemplaren). Die großen Wochenmagazine „Focus“, „Stern“ und „Der Spiegel“ haben sich bis 2008 recht stabil halten können und sich in einem Auflagenkorridor um 1,9 Mio Exemplare bewegt. Jedoch sind auch hier in den letzten Jahren deutlichere Rückgänge zu verzeichnen. Anfang 2013 betrug die Zahl der verkauften Exemplare insgesamt nur noch 1,73 Mio. Aktuell ist der Schwund an Lesern auch hier deutlicher und die verkauften Exemplare sanken im 3. Quartal 2016 bei „Focus“ auf 474.453, beim „Stern“ auf 673.184 und beim „Spiegel“ auf 789.062 Exemplare. Ein wesentlicher Grund ist, dass die Werbebudgets der Firmen umverteilt wurden und mehr in die neuen, digitalen Medien fließen. Damit schwinden dann auch die Leser der Printmedien zunehmend. Einige Zeitungen versuchen den Trend mit dem Angebot von e-Paper aufzuhalten. Dieses Medium hat sich zwar inzwischen gut etabliert, fängt aber den Leserschwund nicht auf.
Von den 15 regionalen evangelischen Kirchenzeitungen (mit einer Gesamtauflage von ca. 350.000 Exemplaren 2/2015) sind noch 13 in einer Art Arbeitsgemeinschaft „Kirchenpresse“ zusammengeschlossen, während die 22 katholischen Bistumszeitungen (und eine sorbische katholische Kirchenzeitung) nur partiell kooperieren. Inzwischen kooperieren wieder acht Bistumszeitungen (bis 2008 sieben) in der „Verlagsgruppe der katholischen Bistumspresse“, deren Verbreitungsgebiet mit derzeit 116.161 verkauften Exemplaren (2008: 170.000) die Bistümer Hamburg, Osnabrück, Hildesheim, Magdeburg, Görlitz, Dresden-Meißen, Erfurt, Mainz, Limburg, Fulda und Aachen umfasst.
An 18 ausgewählten Kirchenzeitungen aus der IVW-Gruppe „Publikumszeitschriften mit regionaler Verbreitung/Konfessionelle Zeitschriften“ und 3 überregionalen der gleichen Gruppe, die wöchentlich erscheinen, sind die Entwicklungen der Verkaufszahlen zur Illustration die Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede in drei Gruppen nach Auflagenhöhe dargestellt.
In der Größenordnung von 20.000 bis 40.000 verkaufte Exemplare (Grafik 1) sind zwei katholische („Glaube und Leben“ und „Bayerisches Sonntagsblatt“), vier evangelische („Evangelische Zeitung für Niedersachsen“, „Evangelischer Kirchenbote“, „Evang. Sonntagsblatt Rothenburg“, „Kasseler Sonntagsblatt“), die überregional vertriebene ökumenische Zeitung „Christ in der Gegenwart“ und ein evangelisches Magazin (idea Spektrum) dargestellt.
Bei den Titeln mit zurückgehenden Verkaufszahlen gibt es keine eindeutige konfessionelle Zuordnung. Die Zeitungen haben einen enormen Rückgang (zwischen minus 20 und 80 Prozent) in den letzten 19 Jahren zu verzeichnen. Dabei schneidet der „Evangelische Kirchenbote Speyer“ noch relativ günstig ab. Bis 2009 hatte er relativ stabile Verkaufszahlen, die sich jedoch bis 2016 um ein Drittel verringert haben. Die „Evangelische Zeitung für Niedersachsen“ hat nach kurzem Aufwärtstrend Ende 2004 besonders ab 2008 viele Leser eingebüßt. Deshalb hatte die Synode der Landeskirche Hannover bereits Ende 2007 beschlossen, die Zeitung spätestens 2009 einzustellen und durch ein 2-monatlich erscheinendes Magazin zu ersetzen. Bis jetzt existiert sie immer noch, jedoch hat sich die Anzahl der Leserschaft seitdem noch einmal halbiert.
Bei der Gruppe der „kleinen“ Zeitungen (Grafik 2) sind zwei evangelische („Evangelische Sonntagszeitung“, „Glaube und Heimat“ (bis 2008 nur Ausgabe Thüringen, danach mit Sachsen Anhalt)), drei katholische („Bonifatiusbote“, „Neue Kirchenzeitung Hamburg“, „Der Sonntag - Limburg“) und die „Jüdische Allgemeine Wochenzeitung“ ausgewählt und betrachtet. Dabei fällt auf, dass sie etwas geringere Leserverluste zu verzeichnen haben (zwischen 20 und 54 Prozent). Zwischenzeitlich sind sogar einige Zuwächse zu verzeichnen, wie bei der überregional verkauften „Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung“, der Weimarer „Glaube und Heimat“ und der hessischen „Sonntagszeitung“. Bei dieser führten Umstrukturierungen und Modernisierung, sowie ein neuer Name zeitweilig zu mehr Umsatz, bis 2004 hieß sie „Evangelische Kirchenzeitung“. Seitdem erscheint sie ebenfalls mit farbigem Druck. Natürlich folgen einige dem Trend und bieten zusätzlich farbige Magazine und Themenhefte an.
In der Gruppe der „großen“ Zeitungen (Grafik 3) sind sechs katholische („Der Dom“, „Heinrichsblatt Bamberg“, „Konradsblatt Freiburg“, „Liboriusblatt Hamm“, „Kirche und Leben“ Münster, die „Katholische Sonntagszeitung“ [überregional]) und eine evangelische („Evangelisches Gemeindeblatt Württemberg“) ausgewählt.
„Der Dom“ hat in den vergangenen 19 Jahren fast 73 Prozent seiner Käufer eingebüßt, „Kirche und Leben“ 65 Prozent, „Liboriusblatt“ 77 Prozent. Das „Württembergische Gemeindeblatt“ wurde im Jahr 2004 kostenlos in einzelnen Orten an jeden Haushalt verteilt (in den ersten beiden Quartalen 2004 wurden jeweils knapp 10.000 Freiexemplare gedruckt). Danach wurden Zeitungswerber in diese Haushalte geschickt. Der erhoffte Erfolg stellte sich jedoch nicht ein. Ende 2006 wurde noch mal umstrukturiert, jedoch der Abwärtstrend blieb, so dass aktuell ca. 57 Prozent Exemplare weniger verkauft werden als 1997.
Nur ein einziger Titel (idea Spektrum) zeigte bis Mitte 2011 eine Steigerungsrate (plus 53 Prozent) im Zeitraum 1997 - 2011 und schien dem allgemeinen Trend entgegen zu stehen. Jedoch sind auch hier in den letzten Jahren die Verkaufszahlen rückläufig (minus 13 Prozent, besonders ab 2013). Bemerkenswert und eindeutig ist jedoch - wenn auch auf niedrigem Niveau - die kontinuierliche Steigerung des wöchentlichen Magazins des „Informationsdienst der Evangelischen Allianz“ (idea) von 20.440 auf (trotz Rückgang) 27.434 verkaufte Exemplare.
Bei dem ebenfalls überregional vertriebenen „Christ in der Gegenwart“ (unabhängige, reformorientierte, ökumenische Wochenzeitschrift), ist erstaunlicherweise kein Auf und Ab der Verkaufszahlen zu erkennen. Über die betrachteten 19 Jahre liegen die Zahlen relativ konstant bei 30.000 verkauften Exemplaren. Erst seit 2013 sind die Verkaufszahlen um knapp 9 Prozent gesunken. Der Erfolg liegt offensichtlich an der geringen Abhängigkeit von Anzeigenkunden (nur einmal monatlich gibt es Anzeigenschaltungen) und sie wendet sich an „überdurchschnittlich gebildete und engagierte Christen … Außerdem charakterisieren sich die Leser durch Kaufkraft, soziale[r] Einstellung und Lesefreude“.