Sie sind hier

Gesellschaft und Kirche im Reformationsjahr

Anlässlich des Beginn des „Reformationsjahres“, 500 Jahre Reformation in Deutschland, hat EMNID im Auftrag der BamS mit vier Fragen schlaglichtartig den aktuellen Zustand des Verhältnisses Bevölkerung und Kirchen bzw. Christentum erfragt. Die Ergebnisse zeigen eine große Distanz, vor allem zur katholischen Kirche.

Kurz vor Beginn des Reformationsjahres hat die Bild am Sonntag (BamS)  bei EMNID eine empirische Studie in Auftrag gegeben, um mit vier Fragen ausgewählte Aspekte der Einstellungen gegenüber Christentum und Kirchen zu beleuchten. Die Schlussfolgerung der BamS war als Titelzeile: „Brauchen unsere Kirchen eine neue Reformation?“

Prägekraft Christlicher Werte?

Die erste Frage lautete: „Wie stark ist das heutige Deutschland Ihrer Ansicht nach von christlichen Werten geprägt?“ Die Frage bezieht sich nicht vorrangig auf die Vergangenheit einer grundsätzlichen christlichen Prägung Deutschlands, sondern auf die Meinungen der Befragten, wie es aktuell um die christlichen Werte in Deutschland bestellt sei, welche Prägekraft sie heute haben. Die Antwort ist mehrheitlich (59 Prozent): „eher gering“ bzw. gar nicht“. Während das in den westlichen Bundesländern etwas weniger (von 54 Prozent der Befragten) so gesehen wird, sind die Befragten in den östlichen Bundesländer sehr eindeutig (zu 84 Prozent) der Ansicht, dass christliche Werte „eher geringe“ (78 Prozent) bzw. „gar nicht“ als Prägekraft vorhanden sind.

Anmerkung: Die Basis von 501 Befragten erhöht zwar die statistische Fehlertoleranz, verändert aber nicht die Aussage-Tendenzen.

Diese Auffassung einer Diskrepanz zwischen christlichen Werten und dem aktuellen Zustand der Gesellschaft wird, hinsichtlich der Altersgruppen, vor allem (zu 71 Prozent) von den über 65-Jährigen vertreten.

Hinsichtlich der Parteipräferenz sehen zwei Drittel der SPD-Wähler (66 Prozent) eine stärke Prägung der heutigen Gesellschaft durch christliche Werte, was die CDU-Wähler mehrheitlich (56 Prozent) anders sehen und insbesondere die Wähler der Partei DIE LINKE mit großer Mehrheit (70 Prozent) nicht zu erkennen vermögen, was ebenfalls auf die „Sonstigen“ zutrifft (75 Prozent) und die Nichtwähler (65 Prozent „eher gering“ bzw. „gar nicht“.)


Kirchen noch zeitgemäß?

Da die Sichtweise, ob christliche Werte noch Prägekraft haben, auch mit der eigenen Erwartung an die Kirchen einhergeht, was sie an Werten einzubringen hätten, werden die beiden großen Kirchen gegensätzlich bewertet, wenn die Frage ist, ob sie noch „zeitgemäß“ seien.

Die katholische Kirche wird mehrheitlich (55 Prozent) als nicht mehr zeitgemäß bewertet, insbesondere (zu 72 Prozent) in den östlichen Bundesländern und von der jüngsten Altersgruppe der 14-29-Jährigen (72 Prozent). Hinsichtlich der Parteipräferenzen sind es wiederum die CDU-Wähler (61 Prozent), die Grünen (73 Prozent) und vor allem die Wähler der Linkspartei (85 Prozent).

Allerdings sind überdurchschnittlich viele Befragte (14 Prozent) ohne eine Antwort, vor allem unter den SPD-Wählern (28 Prozent). Dominiert wird die Gruppe, die „Nein“ sagen, aber von der großen Gruppe der Nichtwähler.

Die gleiche Frage, bezogen auf die evangelische Kirche, bekommt beinahe spiegelbildlich positive Einschätzungen als „zeitgemäß“. Durch alle Merkmalsausprägungen, egal ob westliche oder östliche Bundesländer, in allen Altersgruppen und in allen Parteipräferenzen wird sie überwiegend als „zeitgemäß“ gesehen.

Eine überdurchschnittliche Unentschlossenheit, die Frage zu beantworten, zeigt sich bei den mittleren Altersgruppen, sowie bei den Wählern der Grünen und der Partei DIE LINKE.


Kirchensteuer abschaffen?

Die vierte Frage betraf dann das ‚Tafelsilber‘ der Einnahmen der beiden großen Kirchen, die Kirchensteuer: „Der Staat erhebt für die Kirchen in Deutschland die Kirchensteuer unter deren Mitgliedern. Sollte die Kirchensteuer abgeschafft oder beibehalten werden?“

Eine knappe Mehrheit (52 Prozent) spricht sich für die Beibehaltung der durch den Staat erhobenen Kirchensteuern aus. Das sind weniger als es dem Anteil der Kirchenmitglieder entsprechen würde.

Überdurchschnittliche Befürworter für die Beibehaltung der durch den Staat erhobenen Kirchensteuer finden sich in der jüngsten und der ältesten Altersgruppe, in den westlichen Bundesländern und bei den CDU/CSU-Wählern sowie den Wählern der Grünen.

Auch wenn die Wähler der Partei DIE LINKE überwiegend (55 Prozent) für die Abschaffung der Kirchensteuer plädieren, so sind sie es, ebenso wie die SPD-Wähler, die sich überdurchschnittlich (11 Prozent) der Beantwortung der Frage entziehen.

(CF)