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Großbritannien - Vertrauen in Staat und Kirche

Bereits 2014 ist deutlich, dass die Mehrheit in Großbritannien großes Vertrauen in staatliche Institutionen setzt, die das Land repräsentieren, und ein tiefes Misstrauen hegt gegen politische Parteien allgemein und die Regierung in Westminster im Besonderen. Die Kirche von England genießt ebenfalls nur mäßiges Vertrauen in der Bevölkerung.

In der Umfrage von Ipsis MORI für den Joseph Roundtree Reform Trust “State of the nation poll” wurden im Juli 2014 insgesamt 2009 Personen u. a. befragt, welches Vertrauen sie in staatliche und gesellschaftliche Institutionen haben. Die Befragten konnten auf einer 11er-Skala von 0 („Überhaupt kein Vertrauen“) bis 10 („Volles Vertrauen“) für die jeweiligen Institutionen den Grad ihres Vertrauen bzw. ihres Misstrauens bekunden.

Das Phänomen einer Normalverteilung, in der sich die größte Zahl in der Mitte sammelt, die Institutionen also so ‚halb und halb‘ beurteilt, zeigt sich auch hier.

Im Durchschnitt befinden sich von den zehn (dargestellten) Institutionen acht über dem Mittelwert 5 der Skala. Das größte Vertrauen genießen die bewaffneten Streitkräfte (7,74), der Wohlfahrtssektor (6,51) die Polizei (6,49), die Monarchie (6,38), das Rechtssystem (5,86) gleichauf mit der Bank von England (5,85), gefolgt von der BBC (5,75) und schließlich der Church of England (5,35).

Das geringste Vertrauen wird von diesen zehn Institutionen der Regierung in Westminster/London (4,13) und den politischen Parteien im allgemeinen (3,76) entgegengebracht.

Verteilungen, die vergleichbar auch in Deutschland vorhanden sind.

In drei Gruppen zusammengefasst wird deutlich, dass Institutionen, die den Staat und die Nation repräsentieren (Streitkräfte, Wohltätigkeitsbereich, Polizei und Monarchie) das größere Vertrauen genießen und den gesellschaftlich-politischen Institutionen (Kirche, Regierung und Parteien) ein geringeres Vertrauen entgegengebracht wird.

In der Reihenfolge der Mittelwerte gehört die Church of England nicht mehr zu den staatstragenden Institutionen, sondern befindet sich in der Gruppe der diskussionswürdigen gesellschaftlichen Gruppen, mit weniger Vertrauensbonus als die BBC. Wahrnehmungen, die denen in Deutschland nicht unähnlich sind.

Diese Ergebnisse der Verteilungen entsprechen auch den generellen Einschätzungen des gegenwärtigen Regierungssystems in der gleichen Umfrage. 2 Prozent meinen, „Works well – needs no change“, 26 Prozent sagen „Needs some small change“, 38 Prozent meinen „Could be improved quite a lot” und 34 Prozent “Needs great deal of improvement”. Mit anderen Worten: ein gutes Viertel ist ganz oder recht zufrieden mit dem jetzigen Regierungssystem, während 72 Prozent der Bevölkerung eine ziemliche bzw. große Veränderung wollen.

Church of England

Die detaillierteren Ergebnisse hinsichtlich des Vertrauens in die Church of England hinsichtlich Altersgruppen und Parteipräfenzen zeigt - im Vergleich zu Deutschland -, Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

Nach Altersgruppen

Mit Ausnahme der 65 Jahre und Älteren, die ein überdurchschnittlich größeres Vertrauen in die Church of England haben, steigt mit dem Lebensalter eine negativere Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Staatskirche.

In der jüngsten Altersgruppe der 15 bis 24 Jährigen ist der Prozentsatz derjenigen, die keine Antwort geben und die den mittleren Wert 5 angeben, überdurchschnittlich, was für Desinteresse oder Unkenntnis sprechen könnte.

Nach Parteipräferenzen

Die Befragten mit einer konservativen Parteipräferenz haben (mit einem mittleren Wert von 5,98) das relativ größte Vertrauen in die Staatskirche, die Anhänger der Labour Party bewerten die Vertrauenswürdigkeit beinahe parallel zur Gesamtverteilung, während die Anhänger der Partei der Grünen, die sich immer mehr behaupten kann und einen Schwerpunkt in den Lokalräten hat, das geringste Vertrauen in die Staatskirche äußern: 40 Prozent haben gar kein oder nur geringes Vertrauen. Dem stehen allerdings auch 40 Prozent gegenüber, die eine positive Einstellung zur Church of England äußern. Die europaskeptische UKIP (Partei für die Unabhängigkeit des Vereinigten Königreichs) ist ebenfalls ablehnender gegenüber der Staatskirche als Konservative und Labour, aber weniger ausgeprägt als die Grünen.

Insgesamt äußern die Befragten ein großes Vertrauen in die traditionellen Institutionen des britischen Staates, zu denen allerdings die Staatskirche nicht mehr zählt. Weniger als die Hälfte (43 Prozent) der Befragten haben noch eine positive Einstellung zur Vertrauenswürdigkeit der Staatskirche. Diese Veränderungen zeigen sich auch in der Anzahl derjenigen, die sich zur Staatskirche bekennen. Der Anteil der Bevölkerung, der sich selbst als Anglikaner beschreibt, hat sich seit 1983 halbiert und beträgt (2012) noch 20 Prozent.

(CF)