Initiationsriten für Jugendliche - 2013-2023

Es gibt wenige Gelegenheiten, dass Weltanschauungen sich gleichsam in einem auszählbaren Wettbewerb befinden: In einigen Bundesländern ist es das Angebot von Initiationsriten für Jugendliche, die von den Kirchen bzw. von säkularen Organisationen angeboten werden: Konfirmation, Firmung, Jugendweihe, Jugendfeier. In einer Zeitreihe zeigt sich dabei auch ‚im Kleinen‘ der langfristige Trend, dass die säkularen Angebote am stabilsten nachgefragt sind.
1. Datenbasis
2. Ergebnisse für die Bundesländer
3. Vergleich der Entwicklungen insgesamt
Vorbemerkung
Der regionale Bezug des nachfolgenden Vergleichs sind ausgewählte Bundesländer, da die säkularen Organisationen sich an den Bundesländern orientieren und die Kirchen, deren kirchliche Organisation weitestgehend nicht mit den Bundesländern übereinstimmt, zumindest die Daten des „Kirchlichen Lebens“ auch für die Bundesländer ausgezählt publizieren.
Bei den ausgewählten Bundesländern handelt es sich um die östlichen Bundesländer sowie Berlin und Hamburg, für die nennenswerte Vergleichszahlen für die Jugendweihe/Jugendfeiern vorliegen. Auf andere Bundesländer wurde verzichtet, da dort die säkularen Teilnehmerzahlen zu gering sind.
1. Datenbasis
Die Daten über die Teilnehmerzahlen 2013-2023 basieren auf den Angaben der beiden großen Kirchen in den „Äußerungen des kirchlichen Lebens“ der Evangelischen Kirche in Deutschland, die bis 2022 vorliegen. Die Daten für 2023 wurden in den Informationen der Landeskirchen recherchiert. Für die Firmungen sind es die „Eckdaten des kirchlichen Lebens nach Bundesländern“
des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz. Für die säkularen Teilnehmerzahlen wurde bei dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg, der Jugendweihe Deutschland und der „Jugendweihe Berlin Brandenburg“ angefragt.
Daten für die Jugendweihe von 1990 -2013 finden sich in dem Artikel „Jugendweihe in Deutschland“. Ebenso eine Auswertung des ALLBUS 2002 zu: „Jugendweiheteilnehmer in den alten und neuen Bundesländern“. Die historische Entwicklung wird in „Die Jugendweihe“ von Horst Groschopp beschrieben. Das neben den angefragten Verbänden noch weitere Organisationen regional aktiv sind, erörtert die Ausarbeitung: „Die Unterschätzung der Jugendweihezahlen“ (September 2018) von Tobias Wolfram.
2. Ergebnisse für die Bundesländer
In Berlin und in Brandenburg stehen vier Organisationen im Wettbewerb. Die Datenlücken in den Jahren 2020 / 2021 beruhen darauf, dass aufgrund der Corona-Beschränkungen keine Feiern veranstaltet wurden. (s. Tabelle 1)
Um eine bessere Übersichtlichkeit zu erhalten, wurden die Daten (s. Tabelle 1) für die vier Anbieter auf die beiden Gruppen „Säkular/Christlich“ zusammengefasst.
Da die dargestellten absoluten Zahlen zwischen den Bundesländern stark variieren, wurden die jeweiligen Anteile berechnet.
Brandenburg, mit 16,0 Prozent Kirchenmitgliedern (statt der 19,7 Prozent in Berlin) hat auch entsprechend weniger Konfirmationen und Firmungen (s. Tabelle 2)
Sachsen, ebenfalls – wie Berlin – mit 19,1 Prozent Kirchenmitgliedern, hat dennoch weniger Anteile bei den Konfirmationen und Firmungen als Brandenburg, da die Anzahl der Jugendweiheteilnehmer hoch ist. (s. Tabelle 3).
In Thüringen, mit 25,1 Prozent Kirchenmitgliedern, verringern sich (nach Corona) die Anteile (s. Tabelle 4)
In Sachsen-Anhalt, dem traditionell konfessionsfreiesten Land in Deutschland, zeigt sich das auch in den hohen Anteilen der Teilnehmerzahlen an der Jugendweihe (s. Tabelle 5).
In Mecklenburg-Vorpommern (s. Tabelle 6) sieht es ähnlich aus.
In Hamburg (s. Tabelle 7) sind die Konfirmationen und Firmungen dominierend, auch wenn sich zeigt, dass die Jugendweihe – auf niedrigstem Niveau – ihre Anteile in den Teilnehmerzahlen nahezu verdoppelt hat.
3. Vergleich der Entwicklungen insgesamt
Generell gilt, dass sich die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Jahre kontinuierlich verringert hat. (s. Tabellen 8.1 – 8.3)
Die Teilnehmerzahlen insgesamt verringern sich im Zeitraum 2013-2023 von 69.632 auf 61.676, was ein Minus von 11,4 Prozent bedeutet (s. Tabellen 9). Wesentlichster Faktor dafür dürfte die Abwanderung Jüngerer aus den ostdeutschen Bundesländern sein. Das betrifft eigentlich alle Anbieter gleichermaßen, die Veränderungen sind jedoch unterschiedlich.
Bei den Jugendfeiern/Jugendweihen verringert sich die Teilnehmerzahl von 44.208 (2013) auf 42.582 (2023), ein Minus von 3,7 Prozent. In einer ähnlichen Größenordnung verringern sich Teilnehmerzahlen an den Firmungen (von 4.300 auf 4.005), ein Minus von 6,9 Prozent. Das ist jedoch gegenüber den Verringerungen bei den evangelischen Konfirmationen (von 21.124 auf 15.089) und einem Minus von 28,6 Prozent, noch - relativ - stabil.
Insgesamt sind die Anteile an der Anzahl der Teilnehmenden bis 2019 gleichbleibend. Für 2022/2023 zeigt sich jedoch eine Veränderung zu Gunsten der säkularen Angebote.
Carsten Frerk
Tabellen
(Im Anhang befindet sich eine Excel-Datei mit den auslesbaren Daten für alle Grafiken und Tabellen.)