Kirchliches Leben - Katholische Kirche 1953 - 2020
Zu den erfassten Daten der Statistik des „kirchlichen Lebens“ gehören u. a. Taufen, Erstkommunionen, Trauungen und Beerdigungen - Ereignisse für die jeweils besondere kirchliche Rituale abgehalten werden - und die Kirchenaustritte. Ihre Zahlen gelten auch als Indikatoren für die Intensität einer Kirchenbindung. 2020 stellt in dieser Hinsicht eine Besonderheit dar, da viele Feiern wegen Corona nicht stattfinden konnten.
In Deutschland gehören rund 22 Millionen Menschen der katholischen Kirche an. Die Anzahl ist regional sehr unterschiedlich: Während in Nord- und Ostdeutschland die Zahlen recht gering sind, ist der Katholikenanteil in Süd- und Westdeutschland deutlich höher. Die katholische Kirche in Deutschland ist in 7 Erzbistümer und 20 Bistümer gegliedert. Die (Erz-)Bistümer bilden die Deutsche Bischofskonferenz und sind im Verband der Diözesen Deutschlands als Rechtsträger organisiert.
Deutlich sind die hohen Taufzahlen Anfang der 1960er Jahre, diese spiegeln sich etwa 10 Jahre später bei den Erstkommunionen wider. Dies entspricht auch den hohen Geburtenzahlen in diesen Jahren. Ebenso ist der Tiefpunkt Anfang der 1970er Jahre, der mit den geburtenschwachen Jahrgängen ab Ende der 1960er Jahre zusammenhängt, 10 Jahre später bei den Erstkommunionen zu sehen. Bei den Trauungen gibt es zwar ebenfalls Anfang der 1960er Jahre einen positiven Schub, der setzt sich aber 20-25 Jahre später nicht fort (etwa das Alter, in dem die Kinder heiraten). Die Zahl der Trauungen sind in dem langen betrachteten Zeitraum 1960 - 2015 permanent gesunken und liegt im Jahr 2020 bei nur noch ca. 5 Prozent gegenüber 1960. Bezogen auf die Mitgliederzahl lassen sich 2020 nur noch 1 von 2.000 Mitgliedern katholisch trauen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass 2020 coronabedingt ein besonderes Jahr ist. Besonders die kirchlichen Aktivitäten, die im Normalfall mit größeren familiären Feierlichkeiten verbunden sind, fielen aus oder wurden verschoben. So fanden ca. ein Drittel weniger Taufen statt, 72 Prozent weniger Trauungen und ca. 20 Prozent weniger Erstkommunionen. Da Taufen und Trauungen nicht unbedingt an einen festen Termin gebunden sind, fallen dort die Ausfallzahlen höher aus, als bei den Kommunionen, die ja doch an ein bestimmtes Alter gebunden sind.
Deutlich sind auch die „Spitzen“ der Austrittszahlen. Anfang der 1970er Jahre hing dies vermutlich mit der Änderung im Steuergesetz zusammen. Der Konjunkturzuschlag zur Einkommenssteuer wurde 1970 eingeführt. Im Jahre 1974 verließen 83.174 Katholiken ihre Kirche - mehr als in irgendeinem Jahr bis 1989. Allerdings ist unklar, warum dann erst 1974/75 die hohen Austrittszahlen erscheinen. Bisher ist in den meisten Studien die Kirchensteuer als Hauptgrund angegeben worden. Im Jahr 1992 ist eine weitere Spitze mit 192.000 Austritten, die jedoch auf die Wiedervereinigung Deutschlands zurückzuführen ist. In der DDR gab es keine Kirchensteuer und so traten viele Katholiken wegen der Kirchensteuerpflicht nach der Wiedervereinigung aus.
Im Jahr 2010 erklärten (auch infolge der bekannt gewordenen Missbrauchsfälle) 181.193 Menschen ihren Austritt, ein Anstieg von 47 Prozent gegenüber dem Jahr 2009.
Die kurze Stagnation der Austritte zwischen 2010 und 2012 ist einem weiteren starken Anstieg bis 2014 gewichen, wonach wieder ein leichtes Sinken zu verzeichnen ist, um 2019 erneut stark anzusteigen. 2020 ist hier ebenfalls eine Besonderheit, da auch viele Ämter coronabedingt geschlossen waren, gab es weniger vollzogene Austritte (wie auch weniger Über- und Eintritte).
Insgesamt ist jedoch der Abwärtstrend bei den Mitgliederzahlen und der Inanspruchnahme der kirchlichen Angebot geblieben.
Ebenso sind die Zahlen der Gottesdienstbesucher drastisch gesunken. Hier gibt es allerdings keinerlei Anhaltspunkte über die Nutzung der digitalen Möglichkeiten zum Gottesdienst. Sicherlich werden eine Vielzahl der Katholiken diese Form in 2020 genutzt haben. Die Zahl der Bestattungen ist in den letzten Jahren größenmäßig etwa gleich geblieben und bewegt sich zwischen 240 und 250 Tsd. 2020 sind es etwa 236.000 katholische Bestattungen.
Eine relative Darstellung der Zahlen von Ereignissen des kirchlichen Lebens in Bezug auf die Anzahl der Kirchenmitglieder neutralisiert den Einfluss der sich verändernden Zahl der katholischen Kirchenmitglieder, die von 1987 bis 1991 gestiegen sind.
Deutlich wird die seit dem Beginn der sechziger Jahre stetige Verringerung der Inanspruchnahme kirchlicher Passageriten. Ausnahme dazu bilden die Erstkommunionen.
Der anscheinend ansteigende Trend der Taufen und Erstkommunionen in den 1980er und 1990er Jahren ist die rein demografische Wiederholung - auf einem allerdings geringerem Niveau - des ansteigenden Trends der 1950er Jahre, der dann 1990 bei der Anzahl der Taufen auch wieder folgerichtig sein Ende findet. Nach gleichem Muster 10 Jahre später das erneute Absinken der Anzahl der Erstkommunionen.
Als Folge der Verringerung der Anzahl der Trauungen - von 1987 bis 2019 um mehr als zwei Drittel hat sich nun auch der weitere Abwärtstrend bei der Zahl der Taufen bestätigt. Zwischen 1987 und 2019 hat sich die Anzahl um ca. 41 Prozentpunkte verringert. 2020 mussten auch hier viele Familienfeierlichkeiten ausbleiben oder verschoben werden. So ist die Zahl der Taufen etwa um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr gesunken.
Bemerkenswert ist, dass 2015 und 2016 in fast allen Bistümern eine Steigerung der Taufzahlen zu sehen ist, die scheinbar keine Ursache in höheren Mitgliederzahlen oder wesentlich mehr kirchlichen Trauungen hat. In einem Beitrag stellte die FAZ bereits 2014 fest, dass vermutlich mehr Religionslose ihre Kinder taufen lassen, um ihnen mehr Freizeitangebote bieten zu können oder auch später bessere Berufsmöglichkeiten. Katholische Geistlich scheinen diesem Ansinnen relativ offen gegenüber zu stehen. Im Jahr 2021 wird sich zeigen, ob das rapide Absinken der Zahlen für die Kasualien nur auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist oder es die Fortführung des allgemeinen Abwärtstrends ist.
Elke Schäfer