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Kirchliches Leben Landeskirche Pommern 1990 - 2010

Die Pommersche Evangelische Kirche war von 1945/47 bis 1969 und ab 1991 eine der 20 Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Kirche hatte 2010 etwa 94.000 Gemeindeglieder in 240 Kirchengemeinden. Sie ist zu Pfingsten 2012 in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland („Nordkirche“) aufgegangen. In dieser besteht der Pommersche Evangelische Kirchenkreis. Haupt- bzw. Bischofskirche der Pommerschen Evangelischen Kirche war der Dom St. Nikolai in Greifswald.

Das Gebiet der Pommerschen Evangelischen Kirche umfasste in den exakten historischen Grenzen den bei Deutschland verbliebenenen Teil Vorpommerns der ehemals preußischen Provinz Pommern, der heute den östlichen Teil des Landes Mecklenburg-Vorpommern bildet. Hinzu kamen mehrere Gemeinden des ehemaligen Kirchenkreises Pasewalk im Land Brandenburg, die historisch gesehen ebenfalls zu Pommern gehörten. Das bisherige Gebiet der Landeskirche bildet seit Mai 2012 den neuen Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis.

Geschichte

Die Herzöge von Pommern-Stettin und Pommern-Wolgast Barnim IX. und Philipp I. veranlassten den Treptower Landtag, die lutherische Lehre einzuführen, obwohl es Widerstand von einigen Adligen und Prälaten gab. 1535 wurde eine erste lutherische Kirchenordnung für das Land veröffentlicht. Damit war der Grundstein für die drei Pommerschen Landeskirchen, Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast und das pommersch-landständische Camminer Stiftsgebiet, gelegt.

Außer im katholischen Teil des Camminer Stiftsgebietes setzten die Landesherren, die Herzöge von Pommern-Stettin, Pommern-Wolgast und die Kurfürsten von Brandenburg ab 1539 die Reformation durch. 1544 entstand unter dem neuen lutherischen Bischof von Cammin auch im Stiftsgebiet eine lutherische Staatskirche.

Zwischen 1648 und 1815 erwarb Kurbrandenburg das Stiftsgebiet und nach und nach auch die Landesteile des vormals herzoglichen Pommerns. 1657/58 kamen Lauenburg und Bütow hinzu.   Nachdem die Pommerschen Kirchen ab 1750 dem neuen Lutherischen Oberkonsistorium für ganz Brandenburg-Preußen unterstanden hatte, wurde es 1808 aufgelöst und alle Kirchensachen an die neu gebildete Kultusabteilung des Preußischen Innenministeriums übergeben. Nach dem Wiener Kongress 1815 bildete der Staat Preußen seine Provinzen und so entstand die Provinz Pommern mit eigener Kirchenverwaltungsbehörde in Stettin.

König Friedrich Wilhelm III., als Oberhaupt der Kirche, rief 1817 zu einer Union der lutherischen und reformierten Kirchen auf. Es entstand innerhalb des Staates Preußen eine einheitliche Kirche, die Evangelische Kirche in den Königlich-Preußischen Landen, die in den folgenden Jahrzehnten mehrmals ihren Namen änderte. Innerhalb dieser Landeskirche war Pommern neben Mark Brandenburg (mit Berlin), Ostpreußen, Posen, Rheinprovinz (ab 1899 mit Hohenzollern), Sachsen, Schlesien, Westfalen und Westpreußen, eine der neun Kirchenprovinzen.

1866 annektierte Preußen mehrere Staaten. Die hinzugewonnenen Gebiete behielten jedoch ihre eigenen Kirchenverwaltungen und wurden nicht dem 1850 gegründeten Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin unterstellt. In Abgrenzung von den evangelischen Landeskirchen in den 1866 annektierten Provinzen nannte sich die altpreußische Landeskirche ab 1875 „Evangelische Landeskirche der älteren Provinzen Preußens“.

Nach dem Ersten Weltkrieg fiel das landesherrliche Kirchenregiment weg. Daher gab sich die altpreußische Landeskirche 1922 eine neue Kirchenordnung und den Namen Evangelische Kirche der altpreußischen Union. Die Kirchgemeinden der abgetretenen Gebieten schieden aus der Landeskirche aus. Die Kirchgemeinden der Völkerbundmandate Freie Stadt Danzig, Memel- und Saargebiet blieben Glieder der Landeskirche.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Oder-Neiße-Linie die Ostgrenze Deutschlands. Anders als 1918/20 zog die neue Grenzziehung aber die umfassende Vertreibung der einheimischen Bevölkerung nach sich. In den Kirchengemeinden im bei Deutschland verbliebenen Vorpommern nahm durch Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen von 1945 bis 1948 die Mitgliederzahl um 500.000 Menschen zu. Die meisten evangelischen Kirchgemeinden in Ostpreußen sowie in Ostbrandenburg, Hinterpommern und Schlesien, gingen wegen fehlender Gemeindemitglieder unter. Der Anteil der evangelischen Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung ging in Pommern östlich der Oder binnen weniger Jahre von mehr als 90 Prozent auf unter 5 Prozent zurück.

Das Provinzialkonsistorium wurde von Stettin nach Greifswald verlegt. Nach dem Krieg wurde 1946 eine neue Kirchenordnung entwickelt, die die altpreußische Kirchenprovinz Pommern als selbständige Landeskirche wieder etablieren sollte. 1950 rekonstituierte sie sich als Pommersche Evangelische Kirche.

1951 verlangte der damalige Innenminister der DDR, den Namensbestandteil „preußisch“ aus der Bezeichnung des Kirchenverbandes zu streichen. Man wies dies zurück, da der seit 1922 im Namen geführte Begriff „altpreußische Union“ die seit 1817 bestehende Gemeinschaft von Angehörigen der lutherischen und reformierten Bekenntnisse im damaligen Preußen bezeichne, nicht aber eine Zugehörigkeit zu dem durch die Alliierten aufgelöst erklärten Staat benennt. Der Name des Kirchenverbands blieb bis Ende 1953. Dann gaben die Synodalen dem Druck nach und benannten sich ab 1954 in „Evangelische Kirche der Union“ (EKU) um. Zunächst bildeten aber weiterhin nur die Pommersche Evangelische Kirche und die anderen fünf aus altpreußischen Kirchenprovinzen hervorgegangenen Landeskirchen die Glieder der EKU. 1960 trat die Landeskirche Anhalts als siebte Gliedkirche der EKU bei.

1968 musste die Pommersche Evangelische Kirche ihren Namen in Evangelische Landeskirche Greifswald ändern, weil die Regierung der DDR in der Bezeichnung „Pommersche“ einen zu sehr an die Vergangenheit erinnernden Begriff sah. Anfang 1990 beschloss die Landessynode einstimmig, wieder ihren alten Namen für die Landeskirche anzunehmen.

Nachdem die Zahl der Kirchenmitglieder deutlich abgenommen hatte, wurde nach 2003 eine Fusion oder enge Föderation mit einer Nachbarkirche angestrebt und so die Leitungs- und Verwaltungskosten zu reduzieren. Die Pommersche Evangelische Kirche entschied sich schließlich für eine Fusion mit Mecklenburg und Nordelbien.

Am 5. Februar 2009 wurde der Fusionsvertrag unterzeichnet, der die Bildung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zum 27. Mai 2012 vorsah.

Die Landeskirche unterhielt zusammen mit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs eine Evangelische Akademie in Rostock.

Grafik

Kirchliches Leben

Die Mitgliederentwicklung, d. h. die Zahl der Kirchenaustritte nach der deutschen Wiedervereinigung, hat sich für die Pommersche Evangelische Kirche erst 1994 stabilisiert. Allerdings sind 2010 nur noch 30 Prozent der Kirchenmitgliederzahl von 1990 zu verzeichnen, d. h. mehr als zwei Drittel haben in dieser Region die evangelische Kirche verlassen. Insgesamt haben in den betrachteten 20 Jahren fast 25.000 Mensche diese Kirche verlassen, das sind 25 Prozent der Mitglieder von 2010.

In den vier dargestellten Ereignissen des kirchlichen Lebens (Taufen, Konfirmationen, Trauungen sowie Bestattungen) zeigt sich in der hohen überdurchschnittlichen Zahl der Bestattungen die vergleichsweise Überalterung der Kirchenmitglieder bis 2005.

Bei den Trauungen wie bei den Taufen steigen die Zahlen der Ereignisse bis 2004 pro 1.000 Kirchenmitglieder insgesamt an, sinken dann aber wieder ab. Bei den Trauungen ist in den Jahren 2005-2008 ein Anstieg zu verzeichnen, sogar über das EKD-Niveau hinaus, der jedoch in den letzten beiden Jahren wieder relativiert wird. Und auch zeitversetzt spiegelt sich dies in der Anzahl der Taufen ab 2006 und ab 2009 wider. Bemerkenswert ist, dass die Taufen ab 1994 (bis auf zwei Ausnahmen 2005 und 2008) auf etwa gleichem Niveau bleiben.

Es scheint jedoch so, dass die verbliebenen Mitglieder treue Kirchgänger sind, denn der durchschnittliche Gottesdienstbesuch hat sich in den 20 Jahren kaum geändert. Es gehen ca. 4 Prozent der Mitglieder zum sonntäglichen Gottesdienst

Da die Kirche seit 2007 auf dem Wege zu einer Fusion war, die 2012 vollzogen wurde, unterliegen die Zahlen vermutlich großen Schwankungen.

absolute Zahlen
relative Zahlen

(aktualisiert 2019 - SFE)