Sie sind hier

Weltanschauung und religiöse Lehre

„Meine Weltanschauung folgt keiner religiösen Lehre“ sagen in Deutschland 90 von 100 Konfessionsfreien, aber auch 47 von 100 EKD-Evangelischen und 35 von 100 römischen Katholiken. Insgesamt ist es mittlerweile, mit 57 Prozent, eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung, die keiner religiösen Lehre mehr folgen, um sich die Welt zu erklären. Das ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Religionszugehörigkeiten für Deutschland nicht nach formalen Mitgliedschaften beschrieben werden sollten.

Wenn 90 Prozent der Konfessionsfreien, was heißt der Nicht-Kirchenmitglieder, sagen, es „trifft voll zu“ bzw. „trifft eher zu“, dass ihre Weltanschauung keiner religiösen Lehre folge, ist dass nicht weiter überraschend. Das wäre umgekehrt auch von den Kirchenmitgliedern zu erwarten, dass sie sich in ähnlicher Größenordnung zu einer religiösen bzw. von religiösen Lehren bestimmten Weltanschauung bekennen. Das ist jedoch nicht so. Nur die Hälfte der EKD-Evangelischen (53 Prozent) und zwei Drittel der römischen Katholiken (65 Prozent) bekennen sich als Menschen, die einer religiösen Lehre folgen. Das verweist u. a. darauf, dass die Kirchenmitgliedschaft nicht automatisch bedeutet, dass diese Menschen weitestgehend religiös sind.

In der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage (ALLBUS) wurde diese Frage sowohl 2002 wie auch 2012 gestellt. Auch wenn sich aus zwei Messwerten noch kein Trend ergibt – das wird sich erst zeigen, sofern im ALLBUS 2022 diese Frage wieder gestellt werden sollte -, so ist es dennoch eine Entwicklung, im Abstand von zehn Jahren, die sich eindeutig darstellt.

Nicht nur insgesamt hat sich der Prozentsatz der Menschen ohne religiöse Weltanschauung von rund 50 Prozent auf 57 Prozent erhöht, auch in den Merkmalgruppen verläuft dieser Unterschied – bis auf drei Ausnahmen – in derselben Richtung einer Verringerung des Anteils der Religiösen. Unter den Frau sinkt der Anteil der Religiösen von 57 Prozent (2002) auf 48 Prozent (2012), bei den Männern von 43 auf 38 Prozent. Ebenso ist es bei den römischen Katholiken (72 auf 65 Prozent) und den Konfessionsfreien (13 auf 10 Prozent). Innerhalb der Parteipräferenzen verringern sich sowohl bei den CDU/CSU-Anhängern, wie bei den SPD-Anhängern und den Anhängern der FDP die Anteile der Religiösen. Ebenso verringert sich die Anteile der Menschen mit religiösen Weltanschauungen in allen Altersgruppen – vor allem bei den 60-74-Jährigen (von 61 auf 47 Prozent).

Die drei Ausnahmen – bei denen der Anteil der Religiösen gleich bleibt oder ansteigt -, sind zum einen die EKD-Evangelischen (gleichbleibend) und zum anderen die Menschen mit einer Parteipräferenz für die Bündnis/Grünen sowie für die PDS/LINKE (ansteigend).

Der Vergleich der Unterschiede zwischen 2002 und 2012 in den Merkmalsgruppen nach Alter zeigt, dass es vor allem die Frauen sowie die römischen Katholiken und die jüngeren Altersgruppen sind, die eine geringere religiöse Orientierung ihrer Weltanschauung benennen. Bei den Männern sowie den EKD-Evangelischen sowie den Konfessionsfreien zeigen sich die Veränderungen nur in geringerem Maße.

Für zukünftige Entwicklungen könnte von Bedeutung sein, dass unter den EKD-evangelischen sowie den römisch-katholischen Kirchenmitgliedern der Anteil der Mitglieder, die keiner religiösen Lehre folgen, bei den 18-29-Jährigen weit überdurchschnittlich ist. Von den römischen Katholiken sind es 28,1 Prozent („trifft voll zu“) und 23,1 Prozent („trifft eher zu“), zusammen 51,2 Prozent ohne ein religiös geprägtes Weltbild. Bei den EKD-evangelischen 18-29 Jährigen sind es zusammen 60 Prozent, deren Weltanschauung keiner religiösen Lehre folgt (33 Prozent „trifft voll zu“ sowie 27 Prozent „trifft eher zu“).

Diese Ergebnisse entsprechen anderen Untersuchungen wie „Werteorientierung junger Europäer 2017“ bzw. „Generation What? – Glücklich ohne Gott“.

(CF)