Kirchliches Leben Lippische Landeskirche 1960 - 2017
Die Lippische Landeskirche ist eine von 20 Landeskirchen EKD und hat ihren Sitz in Detmold. Sie hat 159.396 Gemeindemitglieder (46 Prozent der Bevölkerung) in 58 reformierten und 10 lutherischen Kirchengemeinden sowie einer nicht bekenntnismäßig spezifizierten evangelischen Kirchengemeinde. Sie ist eine von drei evangelischen Landeskirchen im Land Nordrhein-Westfalen.
Geschichte
Die Grafschaft Lippe unterstand vor der Reformation im Norden dem Bischof von Minden und im Süden Paderborn. In der damals größten Stadt Lemgo wurde bereits 1533 eine evangelische Kirchenordnung eingeführt, die 1538 auf die Grafschaft Lippe ausgedehnt wurde. Sie war weitestgehend vom Lutherischen Bekenntnis geprägt.
Nach den Regelung des Augsburger Religionsfriedens von 1555 hatte der jeweiligen Landesherr das Recht, Konfession, Bekenntnis und Lehre der Kirche in seinem Land zu bestimmen. Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts nahm Graf Simon VI. dieses Recht in Anspruch. Er forderte eine Hinwendung zu den Inhalten der schweizerischen Reformation und der Lehre Zwinglis und Calvins. Hauptauseinandersetzungspunkt war die Feier des Abendmahls.
Die Einführung des reformierten Bekenntnises stieß vor allem in Lemgo auf Widerstand und der Konflikt eskalierte. Erst 1617 kam es zu einer juristischen Einigung, wonach die Stadt Lemgo die kirchlichen Angelegenheiten innerhalb der Stadtmauern selbständig regeln durfe. Auf dieser Grundlage verfestigte sich in den folgenden Jahren und Jahrhunderten die zweikonfessionelle Struktur der Lippischen Kirche: lutherisch in Lemgo, reformiert im übrigen Land.
Zur Zeit der Aufklärung gab es eine heftige Meinungsverschiedenheiten um die Inhalte des Religionsunterrichtes. Im Zentrum des sog. „Katechismusstreites“ stand dabei der „Leitfaden für den Religionsunterricht in den Schulen“ von Ferdinand Weerth, der von 1811 bis 1856 in den reformierten Gebieten den Heidelberger Katechismus ersetzte. Aufgrund des massiven Protestes gegen den „Leitfaden“ aus Kreisen der Erweckungsbewegung wurde 1858 der Gebrauch des Heidelberger Katechismus verbindlich festgeschrieben.
Bereits zuvor hatte es unter Fürstin Pauline zur Lippe einen intensiven Aufbau verschiedener sozial-diakonischer Einrichtungen gegeben, die zum Teil bis heute bestehen und die Entwicklungen der Diakonie in Lippe maßgeblich beeinflusst und geprägt haben.
1854 wurden die reformierte, lutherische und katholische Konfession offiziell gleichgestellt. Dadurch bekamen auch die Katholiken in Lippe das Recht, Gemeinden zu gründen und Kirchen zu bauen.
Mit der „Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa“ wurden 1972 erst die gegenseitigen Lehrverurteilungen zwischen den beiden evangelischen Konfessionen überwunden. Die Lippische Landeskirche war die erste Kirche Europas, die die Konkordie unterzeichnet hat.
Kirchliches Leben
Von den vier dargestellten Äußerungen des kirchlichen Lebens (Taufen, Konfirmationen, Trauungen, Bestattungen) verlaufen für die Lippische Landeskirche in allen drei zukunftsweisenden Aspekten etwa wie in der gesamten EKD. Bei den Taufen liegen sie zwischen 1991 und 2004 oberhalb des EKD-Durchschnittes, sinken aber danach deutlich darunter. Seit dem Jahr 2000 ist die Anzahl der Taufen um die reichliche Hälfte gesunken. Bemerkenswert ist, dass die Anzahl der Konfirmationen zwar absolut gesunken ist, jedoch bei relativer Betrachtungsweise sich diese bei etwa 9–11 pro 1.000 Kirchenmitglieder bis 2013 relativ konstant halten und damit zwischen 1999 und 2014 immer oberhalb der EKD-Durchschnittszahlen gelegen haben. Aber auch hier ist danach ein Abwärtstrend zu verzeichnen. Zwischen 2000 und 2017 gab es 40 Prozent weniger Konfirmationen. Die signifikant hohen Zahlen der Konfirmationen im Jahr 1967 lassen sich leider nicht endgültig klären. Möglicherweise beruht dies auf der Änderung des Schuljahresbeginns. In Nordrhein-Westfalen wurden wegen dieser Umstellung zwei Kurzschuljahre eingeführt, so dass in dem Jahr zwei Schuljahrgänge konfirmiert wurden.
Die Mitgliederzahlen sind seit 2000 um ca. ein Viertel gegenüber 19 Prozent im evangelischen Durchschnitt gesunken.
Bei den Gottesdienstbesuchern hat die Landeskirche nahezu den Durchschnitt der EKD insgesamt erreicht – minus 44 Prozentpunkte in den letzten 17 Jahren. Damit geht nur noch reichlich jedes 3 Kirchenmitglied zum sonntäglichen Gottesdienst.
Das Jahr 2011 wurde von der EKD zum „Jahr der Taufe” ausgerufen, um dem allgemeinen Abwärtstrend der Anzahl der Taufen entgegenzuwirken. Dies könnte ein Grund sein für prozentual mehr Taufen, Konfirmationen und Gottesdienstbesucher, die 2012 bereits nicht mehr zu verzeichnen sind.
Die Zahl der Austritte ist 2014 gegenüber 2012 auf das Doppelte gestiegen. Grund dafür ist unter Umständen auch in der Änderung des Steuergesetzes hinsichtlich der Möglichkeit des Kirchensteuereinzuges durch die Banken zu sehen. Bereits Anfang bis Mitte der 1990er Jahre gab es einen ähnlichen Sprung bei den Austrittszahlen, als der Solidaritätsbeitrag auch auf die Kirchensteuer erhoben wurde. Auch nach 2012 sind die Austrittszahlen signifikant hoch. Insgesamt haben seit der Jahrtausendwende über 17.000 Mitglieder diese Kirche verlassen.
(SFE - aktualisiert 2019)