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Persönliche Wichtigkeit von Religion in Westeuropa

In einer aktuellen Studie des PEW Research Centers zu „Religion in Western Europe“ (Feldzeit Frühjahr 2017) wird u. a. nach der persönlichen Wichtigkeit von Religion gefragt. In 11 der erfassten 15 Länder Westeuropas bekundet die Mehrheit, dass Religion für sie „nicht allzu wichtig“ bzw. „ganz und gar nicht wichtig“ ist. Nur in Portugal überwiegt (mit 71 Prozent) der Anteil der Menschen für die Religion „sehr wichtig“ bzw. „irgendwie wichtig“ sei.

In keinem Land Westeuropas wird die Auffassung, Religion sei „sehr wichtig”, häufiger genannt als „irgendwie wichtig”, aber in neun von fünfzehn Ländern ist die Ablehnung von Religion als „gar nicht wichtig“ deutlicher ausgeprägt als „nicht allzu wichtig“. Oder anders gesagt: Generell ist die Bewertung, dass Religion „sehr wichtig“ sei (bis auf Portugal) nicht ausgeprägt, sondern bleibt bei einem vageren „irgendwie wichtig“. Bei denen, für die Religion „nicht wichtig“ ist, haben die Befragten in der Mehrheit der Länder Westeuropas eine deutlich entschiedenere ablehnende Position zur Wichtigkeit von Religion.

In der Reihenfolge der Länder Westeuropas nach der Rangfolge der Wichtigkeit von Religion zeigen sich zwei Aspekte. Zum einen, dass nur in vier (von fünfzehn) Ländern die Wichtigkeit von Religion von der Mehrheit der Befragten genannt wird. Zum anderen sind die konfessionellen Unterschiede sichtbar: Die fünf Länder, in denen die Religion am unwichtigsten ist, sind vier (u. a. ehemals sowie als Ausnahme Belgien) überwiegend protestantische Länder Nordeuropas: Dänemark, Schweden, Finnland und das Vereinigte Königreich. Die fünf Länder, in denen Religion eine vergleichsweise größere Wichtigkeit hat, sind alle überwiegend katholisch, wobei Portugal mit Abstand der ‚Spitzenreiter‘ ist.

Mit diesen Anteilen der geringen Wichtigkeit zeigt sich wiederum - wie bereits in der Ipsos-Mori Studie (2014) weltweit zur persönlichen Wichtigkeit von Religion/Glauben - die Sonderrolle, die die Staaten Westeuropas (außer Portugal) haben. Auch die Angaben für Deutschland bestätigen frühere Umfragen.

Katholiken / Protestanten

Hinsichtlich der Frage, inwiefern sich die Katholiken und die Protestanten von allen Befragten (von denen sie jeweils Teilgruppen sind) unterscheiden, zeigen sich Übereinstimmungen in den vier dargestellten Ländern und nationale Unterschiede.

In allen vier Ländern (Deutschland, Niederlande, Schweiz und Vereinigtes Königreich) wird die Auffassung, dass Religion persönlich unwichtig sei, von einer Mehrheit vertreten. Die Katholiken und Protestanten sehen das (erwartungsgemäß) etwas anders.

In Deutschland, der Schweiz und dem Vereinigtem Königreich sind die Unterschiede jedoch nur gering ausgeprägt. Für rund 10 Prozent aller Befragten und der Katholiken sowie Protestanten ist Religion für sie persönlich „sehr wichtig“, und für 40 bis 50 Prozent der Katholiken sowie Protestanten ist Religion persönlich „irgendwie wichtig“, was für alle Befragten nur für rund ein Drittel zutrifft. Hinsichtlich der Auffassung, dass Religion für die persönlich „nicht allzu wichtig“ sei, sind die Anteile der Katholiken und Protestanten höher als im Allgemeinen, was sich darüber erklärt, dass unter denjenigen, für die Religion persönlich „gar nicht wichtig“ sei, die Katholiken wie Protestanten die geringsten Anteile haben.

Aber: Für rund 40 (bis annähernd 50) Prozent derjenigen, die sich als „Katholik“ und „Protestant“ bezeichnen, ist Religion persönlich „nicht wichtig“. Daraus stellt sich die Frage: Wenn diese Christen sich nicht aus religiösen Gründen als „Katholik“ bzw. „Protestant“ verstehen und bekennen, warum dann?

Im Unterschied dazu äußern die Protestanten in den Niederlanden eine noch ausgeprägtere Größenordnung für die persönliche Wichtigkeit von Religion (84 Prozent) als die Portugiesen (71 Prozent). Die Katholiken der Niederlande sehen das hingegen gelassener, da drei Viertel (76 Prozent) Religion persönlich zwar „irgendwie wichtig“ aber auch nicht als „allzu wichtig“ ansehen.

Ein Relikt aus den Zeiten der (religiös-weltanschaulichen) „Versäulung“ der Niederlande?

(CF)