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Geburten und Taufen, 1953 - 2021

Christliches Kirchenmitglied wird man mit der Taufe. Da rund 90 Prozent der Taufen „Kindertaufen“ sind, liegt also die Zukunft der Anzahl der Kirchenmitglieder bei den Kindern, ihrem Nachwuchs. Nach dem Grundsatz: „Wer die Kinder verliert, gefährdet seine Zukunft“ sieht es für die beiden christlichen Großkirchen so aus, dass ihre Zukunftsaussichten sich eintrüben: Nur noch – mit absteigender Tendenz – ein Drittel der Kinder wird christlich getauft und damit Kirchenmitglied.

1. Vorbemerkung
2. Geburten und Taufen
3. Anzahl der Taufen bei Katholiken und Evangelischen
4. Trauungen und Taufen

1. Vorbemerkung

Eine methodische Unschärfe besteht darin, dass bei den Taufen nicht durchgehend eine Begrenzung auf die Taufen im 1. Lebensjahr als Daten vorliegt, so dass die Jahresangaben von Lebendgeborenen und Taufen nicht genau zueinander passen, auch wenn man bei den Taufen die Erwachsenentaufen (nach dem vollendeten 14. Lebensjahr) nicht berücksichtigt. Nach Angaben der EKD für 2019 belaufen sich die Erwachsenentaufen auf 8,8 Prozent aller Taufen. Davon sind – laut der EKD-Statistik für 1997 - rund zwei Drittel (67,1 Prozent) Taufen anlässlich der bevorstehenden Konfirmation.

Von den 91 Prozent „Kindertaufen“ an allen Taufen sind knapp zwei Drittel (62,6 Prozent) Taufen im 1. Lebensjahr, ein Drittel (37,4 Prozent) „Spättaufen“ nach dem vollendeten 1. Lebensjahr bis zum vollendeten 14. Lebensjahr. Für die katholische Kirche wird eine andere Unterteilung publiziert: Taufen insgesamt (2021: 141.922), darunter 7 Jahre und älter (6.349), davon Erwachsenentaufen (1.563) d. h. 95,5 Prozent sind „Kindertaufen“.

Das hat zur Folge, dass Berechnungen der „Anteile“ von Taufen an den Geburten keine belastbare Grundlage haben und insofern nur als zweitrangige Tendenz zu betrachten ist.

Die Daten der Geburten und die Daten der Taufen innerhalb eines Jahres sind jedoch für sich jeweils als demographische Variablen korrekt und belastbar.

2. Geburten und Taufen

Die Anzahl der Geburten (Lebendgeborene) ist seit ihrem Gipfelpunkt (1964: 1.357.304 Geburten) bis zum Jahr 2019 (778.090 Geburten) um 579.214 Geburten (= minus 43 Prozent) zurückgegangen.

Die Anzahl der katholischen Taufen ist seit ihrem Gipfelpunkt (1964: 513.500 Taufen) bis zum Jahr 2019 (159.043 Taufen) um 354.457 Taufen (= minus 69 Prozent) zurückgegangen. Die Anzahl der evangelischen Taufen im Organisationsverbund der EKD hat sich parallel dazu um 337.727 Taufen = minus 70 Prozent verringert.

Betrachtet man die (eingangs problematisierten) Anteile der Taufen an den Geburten des Jahres, so hat sich der Anteil der katholischen Taufen an den Geburten von 34 Prozent (1953) auf 20 Prozent (2019) verringert, der Anteil der evangelischen Taufen von 33 Prozent (1953) auf 19 Prozent (2019).


3. Anzahl der Taufen bei Katholiken und Evangelischen

Als Gesamtsumme hat es von 1953 bis 2021 insgesamt 19.824.101 katholische und 18.504.926 evangelische Kindertaufen gegeben. Das bedeutet, dass es innerhalb der römisch-katholischen Kirche in Deutschland 1,3 Mio. (1.319.175) mehr Taufen gegeben hat, als im Bereich der EKD-Kirchen. Das wiederum bedeutet, dass die römisch-katholische Kirche in Deutschland einen jüngeren Altersaufbau aufweist, als die EKD-Evangelischen. Das wiederum hat zur Folge, dass die katholischen Bistümer (in den Jahren 2018 bis 2021) jeweils mehr über eine Mrd. Euro pro Jahr mehr an Kirchensteuern einnehmen, als die EKD-Kirchen.

In genauerer Betrachtung der Zeiträume wird deutlich, dass die Deutsche Einheit 1989 eine gravierende Veränderung zugunsten der EKD-Kirchen mit sich gebracht hat, da die Katholiken in den östlichen Bundesländern nur marginal vorhanden sind.

Hatten die römischen Katholiken von 1953 bis 1989 insgesamt 1.175.146 Taufen mehr als die EKD-Evangelischen (was einen Durchschnitt von jährlich plus 32.643 Taufen = Mitgliedern bedeutet), so sind es von 1990 bis 2021 nur noch 144.029 mehr römisch-katholische-Taufen (was im Jahresdurchschnitt nur noch ein Plus von 4.646 Katholiken im Vergleich zur EKD beinhaltet).


4. Trauungen und Taufen

Auch wenn zwischen kirchlichen Trauungen und kirchlichen Taufen kein direkter Zusammenhang besteht, fragt sich dennoch, ob beide Kasualien eine ähnliche Tendenz haben. Es ist die Annahme, dass Paare, die bei der Eheschließung nur auf die Zivilehe Wert legen, auch ihre Kinder nicht kirchlich taufen werden lassen.

Von 1992 bis 2021 bewegt sich die Anzahl der Geburten (Lebendgeborene) in einem Korridor von 670 – 800.000 mit einem Jahresdurchschnitt von 740.000 Geburten. Die Eheschließungen haben einen Korridor von 370 – 450.000 mit einem Jahresdurchschnitt von 401.000 Ehen. In den Jahren 2012 bis 2019 sind sowohl die Zahlen der Geburten wie der Eheschließungen wiederum steigend, haben also keine durchgehende Tendenz.

Die kirchlichen Trauungen wie die Taufen haben seit 1992 hingegen eine durchgehende Tendenz, ihre Anzahl sinkt kontinuierlich: Bei den Trauungen von 203.00 auf 76.000 (= minus 64 Prozent), bei den Taufen von 570.000 auf 305.000 (= minus 46 Prozent).

Diese zwar gleiche Tendenz, aber auf einem unterschiedlichen Niveau, zeigt sich entsprechend auch in den Anteilen der Trauungen an den Eheschließungen wie den Taufen an den Geburten.

Der Anstieg der Anteile der Taufen nach 1990 beruht jedoch nicht auf einem Anstieg der Anzahl der Taufen, sondern – bei den Anteilen - auf der Veränderung der Bezugsgröße: der Verringerung der Geburten.

Die Auswirkungen dieser Veränderungen werden sich jedoch nicht schnell zeigen, da die fehlenden nachwachsenden Mitglieder (durch den Rückgang der Taufen) – was beispielsweise die Verringerung der Einnahmen aus den Kirchensteuern betrifft –, erst in 20 bis 30 Jahren wirksam werden, wenn diese ‚fehlenden‘ Kirchenmitglieder ins Alter der Erwerbstätigkeit gekommen wären.

Carsten Frerk