Nürnberg: Religionszugehörigkeiten 1810 - 2018
Nürnberg gilt als eine der wichtigsten Städte der Reformation. Zuerst exklusiv evangelisch, dann mit steigenden Anteilen der Katholiken, lag der gemeinsame Anteil bis 1970 über 90 Prozent der Bevölkerung. Seitdem verringern sich diese Anteile: In den letzten zwanzig Jahren wurden erst der katholische Anteil von den „Anderen“ übertroffen, dann der evangelische Anteil. Zum 31.12.2018 befinden sich die EKD-Evangelischen zusammen mit den römischen Katholiken (mit 49,4 Prozent) erstmalig in der Minderheit.
Nach den Nürnberger Religionsgesprächen (1525) wurde Nürnberg für exklusiv evangelisch erklärt und bis 1806 – der Eingemeindung der Stadt nach Bayern -, konnte kein Katholik das Bürgerrecht erwerben. Diese Dominanz der Evangelischen zeigt sich auch in den vorhandenen Religions-Statistiken (ab 1810) in denen der Anteil der Evangelischen mit 96 Prozent (im Jahr 1825) seinen höchsten Wert hatte.
Die Stadt Nürnberg hat ein umfangreiches Datenangebot ihrer Jahrbücher aufbereitet, dass mit dem Jahrbuch 1909 beginnt, in dem die Ergebnisse von 14 Zählungen im Zeitraum 1810 bis 1905 zu finden sind.
Die auffällige Reduzierung der Katholikenzahl in Nürnberg nach 1810 wird vermutlich mit der Reduktion des französischen, v. a. aber des (alt-)bayerischen Militärs nach dem Anschluss Nürnberg an das Königreich Bayern im Jahre 1806 zusammenhängen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts steigt der Anteil der Katholiken in der Stadt. Die absoluten Zahlen der Katholiken in der Stadt steigen zügiger als die Gesamtbevölkerung, so dass die Evangelischen, trotz ebenfalls steigender absoluter Mitgliederzahlen, ihre Anteile stetig verringern. Mit der Volkszählung 1970 haben die beiden großen Religionsgemeinschaften (mit 91,2 Prozent) zum letzten Mal einen Anteil von über 90 Prozent. Danach verringern sich die Mitgliederzahlen und die Anteile.
Diese Verringerung findet seitdem kontinuierlich statt, sowohl bei den Mitgliederzahlen wie auch in den Anteilen.
Für diese Entwicklung sind vier Jahreszahlen besonders hervorzuheben. Seit der Volkszählung 1970 verringern sich die Anteile kontinuierlich und gleichsam parallel zueinander. Im Jahr 2000 ist der Anteil der „Anderen“ (Konfessionsfreie, Muslime, kleinere christliche und nicht-christliche Religionsgemeinschaften) höher als der Anteil der Katholiken, im Jahr 2004 gilt das gleiche für die Evangelischen. Schließlich wird zum 31.12.2018 festgestellt, dass die beiden großen ‚Amtskirchen‘ nicht mehr die Mehrheit der Bürger als Mitglied haben und (mit 49,39 Prozent) unter der 50-Prozent-Marke angekommen sind.
Insofern war die Entwicklung in Nürnberg langsamer als in anderen westdeutschen Großstädten, in denen die beiden großen Amtskirchen auch gemeinsam nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung als Mitglieder, das waren vorher Hamburg (1995), Frankfurt/Main (2002), München (2011), Düsseldorf (2014), Stuttgart (2015), Köln (2017), Nürnberg (2018).
Eine Auswertung der Daten des Zensus 2011 für Nürnberg zeigt, dass die beiden großen christlichen Kirchen höhere Zahlen bei den ältesten Jahrgängen haben, wodurch sich ganz natürlich durch deren Tod die Mitgliederzahlen verringern werden. Im gesamten mittleren Altersbereich der (im Jahr 2011) damals 20-60-Jährigen sind die drei „Lager“ (Evangelische, Katholiken sowie die Nicht-öffentlich-rechtlichen, d. h. vorrangig der Konfessionsfreien und Muslime) etwa gleich stark vertreten. in den beiden jüngsten Altersgruppen sind die Evangelischen wie die Katholiken in der Minderzahl.
Eine besondere Bedeutung kommt dabei den kleineren Religionsgemeinschaften zu (wie den Orthodoxen), die mit einem rund sieben Prozent-Anteil in der Bevölkerung vertreten sind.
Ein Balkendiagramm nach Altersgruppen verdeutlich jedoch, dass der Trend der Verringerung der evangelischen und katholischen Mitgliederzahlen weiter voranschreiten wird. Diese Entwicklung wurde nur durch das Ansteigen des christlichen Geburtenzyklus unterbrochen, dessen Gipfelraum am Ende der 1980er Jahre lag.
Konfessionsfreie und kleinere Religionsgemeinschaften
Aufgrund der Wohnungs- und Haushaltserhebung „Leben in Nürnberg“ von 2011 sowie der gleichen Umfrage von 2017 in denen sechs Antwortkategorien vorgegeben waren (Evangelische Kirche, inkl. Freikirchen / Römisch-katholische Kirche / Andere christliche Kirche / Moslemische Religionsgemeinschaft / Andere Religionsgemeinschaft / Keiner Religionsgemeinschaft) lassen sich für die erwachsenen Bevölkerung (ab 18 Jahren) die Zugehörigkeiten etwas genauer darstellen.
Die kleineren christlichen Religionsgemeinschaften haben einen Anteil von rund 4 Prozent, die Muslime ebenfalls von rund 4 Prozent, die anderen Nicht-christlichen Religionsgemeinschaften rund 3 Prozent. Der Anteil der Konfessionsfreien steigt von 2011 bis 2017 von 27 auf 32 Prozent. Bedenkt man, aufgrund der Altersverteilung, die im Zensus 2011 sichtbar wurde, dass die Unter-18-Jährigen weniger christliche Kirchenmitglieder sind, so wird der Anteil der Konfessionsfreien insgesamt noch etwas höher liegen.
Für die Umfrage 2011 wurde auch der Aspekt ausgewertet, welcher Zusammenhang zwischen Staatsangehörigkeit / Migrationshintergrund und Religionszugehörigkeiten besteht.
Die Ergebnisse sind einerseits plausibel und andererseits doch überraschend.
Dass die Deutschen ohne Migrationshintergrund (69,2 Prozent der Nürnberger) die Gesamtverteilung am stärksten beeinflussen, ist ebenso plausibel, wie andere Verteilungen bei den Deutschen mit Migrationshintergrund, d. h. Zuwanderungen nach 1949 und Einbürgerungen (20,7 Prozent), wie bei den Nicht-Deutschen (10,0 Prozent). Dabei wird deutlich, dass in diesen beiden letzgenannten Gruppen die Muslime nur eine Nebenrolle spielen (mit 11 bzw. 16 Prozent) und dass es vor allem Katholiken sind (32 und 23 Prozent), die diese Zuwanderung am stärksten beeinflussen.
Überraschend ist jedoch, dass der Anteil der Konfessionsfreien in allen drei Gruppen nahezu identisch ist (29 – 24 – 29 =Insgesamt 28 Prozent.)
(CF)