Persönlicher Gott: 16-19 Prozent
Fowid-Notiz: Zum Jahresende sind Umfragen zur Gottesvorstellung durchaus beliebt, wird doch – im christlichen Kontext – die Geburt Jesu, des Sohn Gottes, gefeiert. Fragt man nach dem Glauben an Gott (im Allgemeinen) antwortet eine Mehrheit, dass sie das tun würden. Fragt man jedoch nach, was sich dabei vorgestellt wird, persönlicher Gott, höhere Macht etc. ist der Glaube an den christlichen „persönlichen Gott“ und Jesus Christus nur noch bei weniger als einem Fünftel vorhanden.
Es gehört zu den ‚Binsenwahrheiten‘ der Religionssoziologie in Deutschland, dass auf die unspezifische Frage „Glauben Sie an Gott“, rund 60 Prozent der Befragten mit „Ja“ antworten.
2011 erbrachte eine MDR-Umfrage, die auf Statista zitiert wird, das Ergebnis, dass 58 Prozent der Deutschen an Gott glauben (67 Prozent im Westen und 25 Prozent im Osten). Das war 2011 so und ebenfalls 2018.
Das Ergebnis, 58 Prozent der Befragten sagen „Ich glaube an Gott“ entspricht dem Ergebnis der European Values Studies 2017-2021, in der in Deutschland 58 Prozent der Befragten genauso antworten.
2019 gibt es eine Umfrage der BILD mit dem Ergebnis: „Unglaublich, wie viele Deutsche an die Hölle glauben! BILD-Umfrage über Gottesbezug offenbart große regionale Unterschiede“
Die konfessionellen Unterschiede – Katholiken glauben mehr an einen Gott, als die Evangelischen -, zeigt sich auch in der regionalen Beurteilung in Deutschland im Jahr 2019.
Im (ehemals) evangelischen Norden sind die ‚Gottgläubigen‘ in geringerer Anzahl vertreten (um die 35 Prozent) als im überwiegend katholischen Bayern, Baden-Württemberg und Saarland (um die 47 Prozent). In der Fläche der überwiegend konfessionsfreien östlichen Bundesländer ist der Anteil entsprechend am geringsten (um die 20 Prozent).
Andere Studien zeigen Variationen der Quoten, aber die Gottgläubigen haben noch die Mehrheit. 2019 gibt der SPIEGEL eine Umfrage bei KANTAR/EMNID in Auftrag. Ergebnis: „Christen und ihre Religion: Immer weniger Deutsche glauben an Gott“. Tenor: „Gott wird nicht mehr gebraucht in Deutschland, immer mehr Menschen haben jedoch einen ausgeprägten Hang zum Wunderglauben.“ In Zahlen: „Nur 55 Prozent der Deutschen glauben heute noch an „einen Gott“. 2005, als dieselbe Frage gestellt wurde, lag der Anteil noch bei 66 Prozent.“
Bereits 2014 hatte die FAZ eine Verbindung zu der Auffassung hergestellt „Die Bibel ist ein Märchenbuch“, indem sie über eine Studie berichtet: „Wer an Gott glaubt, glaubt auch an Aschenputtel“. Tenor: „Kinder können sehr gut zwischen Fakten und Fiktionen unterschieden, wenn sie eine Geschichte hören. Aber nur, wenn sie nicht religiös erzogen werden, wie eine neue Studie herausfand.“
Ende Dezember 2021 berichtet CNA jedoch über eine IfD-Allensbach/FAZ-Umfrage: „Nur noch 46 Prozent der Deutschen glaubt an Gott“.
„Andererseits meinen laut Umfrage noch 61 Prozent der Deutschen, dass es eine Seele gibt. Mindestens ebenso kurios: Während der Glaube an Wunder (52 Prozent) und an ‚schicksalshafte Fügungen‘ (52 Prozent) ebenfalls weit verbreitet ist, geben nur 46 Prozent der Befragten an, an Gott zu glauben.“
Eine weitere Variation erfragte PEW 2019 (PEW – Statista). Auf die Frage, ob man mit absoluter Gewissheit an Gott glaube, sind es in Deutschland nur noch 10 Prozent der Befragten, die das tun. Die Ergebnisse beziehen sich auf die PEW-Studie „How do European countries differ in religious commitment?“ vom Dezember 2018.
Fragt man jedoch genauer nach, um was für Gottesvorstellungen es sich handele, differenziert sich das Bild noch weiter.
Die Standardfrage dafür lautet: „„Welche der folgenden Aussagen kommt Ihren Glauben an Gott am besten?“ Antwortmöglichkeiten: Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat / Ich glaube, dass es ein höheres Wesen oder eine geistige Macht gibt. / Ich weiß nicht richtig, was ich glauben soll. / Ich glaube nicht, dass es einen Gott, irgendein höheres Wesen oder eine geistige Macht gibt.“
So ließ die österreichische Zeitung „Der Standard“ im November 2023 fragen. An einen „persönlichen Gott und Jesus Christus“ glauben 16 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, Transzendental („Höhere Macht“) beschreibt eine einfache Mehrheit (45 Prozent) seine Gottesvorstellung.
2022 erbrachte die repräsentativen Bevölkerungsumfrage der 6. KMU ebenfalls das Ergebnis, dass 19 Prozent der Befragten an einen persönlichen Gott glauben. Die Frage 50 und die Antwortmöglichkeiten lauteten:
„Welche der folgenden Aussagen kommt Ihren eigenen Überzeugungen am nächsten?
(1) Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gegeben hat.
(2) Ich glaube, dass es ein höheres Wesen oder eine geistige Macht gibt.
(3) Ich weiß nicht richtig, was ich glauben soll.
(4) Ich glaube nicht, dass es einen Gott, irgendein höheres Wesen oder eine geistige Macht gibt.
(9) weiß nicht/keine Angabe
Das Bemerkenswerte daran ist, dass die Aussagen von weniger als einem Drittel der Kirchenmitglieder beider Konfessionen nicht mit der Lehre des „Apostolischen Glaubensbekenntnis“ übereinstimmt, was also, im engeren Sinn, bedeutet, dass sie keine Christen sind.
Die grundsätzliche Ähnlichkeit mit den Ergebnissen der ALLBUS-Umfrage aus dem Jahr 2002 ist deutlich.
Setzt man diese beiden Umfragen in Bezug zueinander, so sind – auch im Bewusstsein der Fehlervarianz von Umfragen – die Ergebnisse einerseits plausibel, andererseits bemerkenswert.
Dass der „Glaube an einen persönlichen Gott“ sich von 25 auf 19 Prozent verringert ist ebenso plausibel wie der Anstieg der Befragten, die nicht an einen Gott glauben, von 26 auf 33 Prozent. Es entspricht den Veränderungen in den Anteilen der Religionszugehörigkeiten in Deutschland.
Bemerkenswert erscheint dagegen der Unterschied zwischen römischen Katholiken und den EKD-Evangelischen. Entsprechend den Kirchenaustritten hat sich der Anteil der Gottesgläubigen bei den Katholiken verringert, bei den Evangelischen jedoch erhöht. Dem entspricht, dass der Anteil der Nicht-Gläubigen unter den Katholiken gestiegen, bei den Evangelischen jedoch gesunken ist.
Das kann man als Hinweis darauf verstehen, dass bei den Evangelischen die Nicht-Gläubigen tatsächlich ausgetreten sind, so dass unter den verbliebenen Kirchenmitgliedern der Anteil der Gottgläubigen entsprechend gestiegen ist. Bei den römischen Katholiken wäre es hingegen so, dass die Nicht-Gläubigen noch zum Teil in der Kirche als Mitglieder verblieben sind. Das entspräche zum einen zwar für den Erfolg der katholischen Maxime der „membership-economy“, die es katholischen Gläubigen schwerer macht aus der Kirche auszutreten, als für die Evangelischen. Aber es würde zum anderen bedeuten, dass die Anzahl der Austrittswilligen bei den römischen Katholiken stärker ansteigt als bei den Evangelischen, was sich für die Jahre 2021 und 2022 bestätigt.
(CF)