Profile von Konfessionsfreien und Kirchenmitgliedern
Nach dem Zensus 2011 wurden aus erhebungstechnischen Gründen (der Unvollständigkeit) keinerlei Daten oder Informationen zu den Konfessionsfreien (ebenso wie zu den Muslimen) in Deutschland veröffentlicht. Damit besteht das Defizit, dass letztmalig in der Volkszählung 1987 – also vor dreißig Jahren – empirisch valide Daten zu den Konfessionsfreien vorhanden sind. Gerade aufgrund der starken Veränderungen in der deutschen Religionslandschaft, besteht also der Bedarf, diese Lücke zu füllen.
Fowid wird sich der Analyse von vorhandenen Daten aus unterschiedlichen Quellen widmen. Der Beginn ist eine Auswertung von Daten aus der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) 2016 und einer EMNID-Umfrage vom März 2018, die von fowid im Auftrag der Giordano-Bruno-Stiftung realisiert wurde.
Ausgangsfrage ist dabei, ob es zwischen Konfessionsfreien und katholischen wie evangelischen Kirchenmitgliedern (noch) benennbare Unterschiede gibt, oder ob die ‚Profile‘ dieser drei Gruppen sehr ähnlich sind.
Da es sich bei dieser Auswertung um Umfragedaten handelt, sind die kleineren Religionsgemeinschaften, zu denen auch die Muslime in Deutschland zählen - bei einer Anzahl der Befragten von rund 3.500 Personen über 18 Jahren (ALLBUS, 2016) und rund 1.000 Personen über 14 Jahren (EMNID, 2018) – mit Anteilen unter 5 Prozent und weniger vertreten. Eine Fallzahl der religiösen „Nicht-Christen“ von 115 Personen (2016) bzw. 52 Befragten (2018) erlaubt allerhöchstens (vage) Tendenzen. Sofern die Anteile dargestellt werden, stehen sie deshalb in grauer Schrift.
Anteile in den Altersgruppen
In beiden Umfragen sind die generellen Anteile parallel mit (Katholisch/Evangelisch/Konfessionsfreie) 31-30-32 sowie 29-30-31 Prozent. Katholiken sind jünger als die ‚überalterten‘ Evangelischen, die den Hauptanteil bei den über 60-Jährigen stellen. Der Anteil der Konfessionsfreien ist in den Altersgruppen der 40-60 Jährigen überdurchschnittlich. Bei den Jüngeren sind die Anteile ausgeglichener. Der etwas höhere Anteil der Konfessionsfreien in der jüngsten Altersgruppe liegt vermutlich zum einen in der (2018) größeren Altersspanne und darin, dass in den Telefonumfragen auch ein Anteil von 20 Prozent Mobilfunknummern eingesetzt wurde.
Frauen und Männer
Hinsichtlich der Anteile von Frauen und Männern zeigt die Verteilung, dass die Kirchenmitglieder einen höheren Anteil unter den Frauen haben, während das bei den Konfessionsfeien ausgeglichen ist.
Wohnortgrößen, Wohnungstyp und Einkommen
Die Unterschiede in den Wohnortgrößen sind nicht erheblich. Von den Tendenz her ist der Katholikenanteil in den Größenklassen von 5-20.000 Einwohner und 100-500.000 Einwohner etwas höher, während die Evangelischen in der mittleren Größenordnung (20-100.000 Einwohner) etwas überdurchschnittlich anzutreffen sind. In der größten Gemeindeklasse (500.00 Einwohner und mehr) sind die Katholiken geringer und die Evangelischen wie Konfessionsfreien gleichauf vertreten. Das dürfte auch daran liegen, dass von den zehn deutschen Städten mit mehr als 500.000 Einwohner (wie Berlin, Hamburg, Stuttgart, Dortmund, Leipzig) mehrere mehr evangelische als katholische Einwohner haben.
Was sich bei den Wohnortgrößen schon andeutete, zeigt sich dann ausgeprägter bei dem Wohnungstyp. Von den Katholiken wohnen zwei Drittel (66,2 Prozent im Eigentum) und von den Evangelischen etwas über 60 Prozent, in beiden Gruppen sind die Eigenheimbesitzer die Mehrheit (58,0 und 54,6 Prozent). Von den Konfessionsfreien wohnen nur 45,2 Prozent in einem Eigenheim und ein deutlich höherer Anteil (45,5 Prozent) als bei den Kirchenmitgliedern (jeweils nur rund ein Drittel) zur Miete.
In den Haushaltsnettoeinkommen spiegelt sich auch die soziale Zusammensetzungen der drei Großgruppen. Die älteren evangelischen Frauen (und Witwen) mit kleinen Renten (unter 1.000 Euro), der jüngere Altersaufbau der Konfessionsfreien (1.000 bis 2000 Euro), die besser gebildeten Katholiken und Konfessionsfreien (3.000 Euro und mehr). Insgesamt betrachtet haben die Konfessionsfreien den höchsten Mittelwert, gefolgt von den Evangelischen und, mit etwas Abstand, den Katholiken.
Kirchganghäufigkeit/Besuch des Gotteshauses/Islamunterricht
Dass nur ein sehr geringer Anteil der Konfessionsfreien (1,5 Prozent) regelmäßig in die Kirche geht, ist nicht überraschend. Bemerkenswert ist dann jedoch, dass von den Evangelischen der EKD-Landeskirchen sechs von 10 Kirchenmitgliedern (61 Prozent) und von den Katholiken rund die Hälfte (47,8 Prozent) sehr selten oder nie den Gottesdienst besuchen. Das gilt ebenso für die Angehörigen der nicht-christlichen Religionsgemeinschaften (davon sind 83 Prozent Muslime), von denen ebenfalls rund die Hälfte (47,4 Prozent) sehr selten oder nie ihr Gotteshaus besuchen.
Hinsichtlich der Frage, ob es an staatlichen Schulen Islamunterricht geben solle, was ein gutes Drittel (36,3 Prozent) befürwortet, sind es unter den Christen vor allem die Katholiken, die das (mit 47,1 Prozent) befürworten. Unter den vorgeschlagenen Antwortalternativen findet „es sollte überhaupt keinen Religionsunterricht an staatlichen Schulen geben“, einen deutlichen Zuspruch (41 Prozent). Zwei Drittel der Konfessionsfreien (64,7 Prozent) wollen keinen Religionsunterricht an staatlichen Schulen, aber auch ein gutes Drittel (35,4 Prozent) der EKD-Protestanten und ein Viertel (25,2 Prozent) der Katholiken. Das sind klare Unterschiede.
Politische Präferenzen
Bei den Wahl-/Parteipräferenzen gibt es bei einer großen Bandbreite der Verteilungen von Präferenzen doch deutliche Unterschiede. Katholiken und EKD-Protestanten wählen überdurchschnittlich die CDU/CSU und die SPD, die Katholiken auch noch die Grünen. Entsprechend sind die Präferenzen für die Partei DIE LINKE und die AfD geringer. Bei den „anderen Christen“ besteht eine Präferenz für die AfD. Bei den Konfessionsfreien zeigt sich der relativ hoher Anteil von Ostdeutschen in der hervorstechenden Präferenz für die Partei DIE LINKE und überdurchschnittlich auch für die AfD. Auch die anderen Oppositionsparteien (Grüne , FDP) werden von den Konfessionsfreien überdurchschnittlich bevorzugt.
In der Selbsteinstufung auf einer Links-Rechts-Skala sieht sich die Mehrheit der Kirchenmitglieder in der „Mitte“. In einem Links-Rechts-Unterschied zeigt sich dann jedoch, dass sich die Evangelischen und die Konfessionsfreien mehrheitlich (55,6 und 59,8 Prozent) eher „links“ zuordnen, während es bei den Katholiken jeweils hälftig ist (50,5 vs. 49,5).
Rollenerwartungen an Mütter
Die Auffassung: „Ein Kleinkind wird sicherlich darunter leiden, wenn seine Mutter berufstätig ist“, findet insgesamt keine Mehrheit. Zwei Fünftel (38 Prozent) stimmen zwar dieser Sichtweise zu, aber drei Fünftel (62 Prozent) lehnen sie ab. Die Unterschiede zwischen den Kirchenmitgliedern und den Konfessionsfreien sind dabei deutlich.
Von den Konfessionsfreien lehnen 72 Prozent eine solche Auffassung ab, von den EKD-Evangelischen sind es 63 Prozent und von den Katholiken ist es die Hälfte.
Innerhalb der vier Antwortmöglichkeiten „Stimme voll zu“, „Stimme eher zu“, „Stimme eher nicht zu“ und „Stimme gar nicht zu“ zeigen sich in den Altersgruppen die Unterschiede prägnant.
Bei denen, die dieser Auffassung (die einem traditionellen Bild der Kleinfamilie und der Frau als Mutter entspringt) voll zustimmen, sind die Jüngeren gleichermaßen gering vertreten, je älter die Altersgruppen, desto stärker die Zustimmung der Kirchenmitglieder vor allem der Katholiken. Bei den Konfessionsfreien ist die geringe Akzeptanz durchgehend.
In der zweiten, abgeschwächten „Stimme eher zu“-Kategorie, zeigt sich, dass in der jüngsten Altersgruppe der 18-29-Jährigen die Katholiken weit überdurchschnittlich diesem Rollenbild zustimmen (40 Prozent) und beinahe gleichauf mit der älteren Katholiken sind (46 Prozent). Die Evangelischen und deutlicher die Konfessionsfreien sind nicht dieser Meinung.
In der dritten, „Stimme eher nicht zu“-Antwortmöglichkeit versammelt sich die größte Gruppe (35 Prozent) der Befragten. Bei den Jüngeren und den Ältesten sind die Konfessionsfreien die größte Gruppe, innerhalb der drei anderen Altersgruppen die EKD-Evangelischen.
Bei der vierten Antwortmöglichkeit „Stimme gar nicht zu“, die insgesamt von einem Viertel (27 Prozent) der Befragten gewählt wurde, sind die Konfessionsfreien in den Altersgruppen die jeweils größte Gruppe (abgesehen von den 18-29-Jährigen, wo sie gleichauf mit den EKD-Evangelischen sind).
Insgesamt wird deutlich, dass bei den katholischen Kirchenmitgliedern das traditionelle Rollenbild der Mutter, die zu Hause bei dem Kleinkind bleibt, Bestand hat. Auch wenn der Unterschied in der Zustimmung zu diesem Rollenbild zwischen den Ältesten (75 Jahre und älter mit 79,6 Prozent) zu der jüngsten Altersgruppe (der 18-29-Jährigen mit 44,8 Prozent ) die historischen Veränderungen zeigen, und die Jüngeren moderater sind, so sind es 45 Prozent der jüngsten Altersgruppe bei den Katholiken, gegenüber 28 Prozent Zustimmung bei den EKD-Evangelischen und 22 Prozent bei den Konfessionsfreien. Der Unterschied zwischen Katholiken und Konfessionsfreien ist in dieser Frage also erheblich. Die Evangelischen sind dabei (in der Altersgruppe der 18-29 Jährigen, die den Großteil der Mütter mit Kleinkindern stellen) den Konfessionsfreien näher als den Katholiken.
(CF)